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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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umgerührten Planeten. Für sogar mir unverständliche Stellen im Meteoritenstrom, die sich plötzlich als ersehnte Lücke erweisen. Für das intuitive Erfassen jener Stelle im Orbit einer Maschinenfestung, in der es einen ausreichenden toten Winkel gab. Ich muss bezahlen für Zufälle und glückliche Umstände – verschollene Schiffe zu finden, verdriftete Planeten aufzuspüren, Dutzende Male dem Tod von der Schippe zu springen, die Passage zwischen den Grauen Sonnen zu überleben. Man muss für alles bezahlen. Manchmal sofort, manchmal später. Manchmal reicht Geld, manchmal eine andere Währung.«
    Tullama wich zurück und sah den Lotsen an. War der wahnsinnig geworden?
    »Das war alles Verschwendung«, sagte der Lotse leise, und er knöpfte langsam sein weißes Hemd auf. »Es sieht aus wie eine Absicht.« Der Lotse sprach noch leiser, als schäme er sich seiner Worte. »Womöglich habe ich zu viel bekommen, und etwas oder jemand rächt sich. Ich rede mir lieber ein, es ist ein weiterer Zufall ...« Er ließ das Hemd fallen und stand mit bloßem Oberkörper da. Eine Figur wie eine Marmorstatue, sorgfältig modellierte Muskulatur bedeckte Brust und Schultern. Doch die Rippen an der linken Seite hoben sich in bläulichem Farbton ab, und die Haut in diesem Bereich war ein wenig rissig und sah staubig aus. Schwache Ausläufer der Verfärbung tasteten nach den Bauchmuskeln und um die Hüften herum, ein missfarbener Streifen verschwand im Hosenbund. Christoff musste furchtbare Schmerzen haben, wahrscheinlich nahm er irgendwelche Mittel. Dieser merkwürdige blaue Farbtonwechsel war die Folge jener seltenen Strahlenkrankheit, die irdische Lebensformen, also auch menschliche Körper, in grauenvoller Umwandlung zu blaugeädertem Stein werden ließ, wie den Flamingo in der »Laterne«.
    Der Lotse sah den Kapitän ruhig an.
    »Mein Gott!«, brachte der mühsam hervor. »Man kann das doch behandeln!«
    »Nein«, sagte der Lotse, und seine Ruhe war unheimlich und beängstigend, »bei mir nicht. Die Ärzte sind ratlos. Ich habe es erst vor einigen Wochen bemerkt, und die Krankheit schreitet rascher fort als sonst. Und es ist nicht so, dass es reichlich Erfahrungen damit gibt. Ich muss sie bereits lange in mir tragen. Es ist nie etwas registriert worden, und nun ist es zu spät. Zwei Rippen sind bereits komplett versteinert.«
    Tullama schnappte nach Luft und hielt sich irgendwo fest. Das Blut unter der schwarzen Haut seines Gesichts wich zurück und ließ ihn grau aussehen. Christoff Masurat würde sich langsam und qualvoll zu Stein verwandeln, Zelle um Zelle, Nerv um Nerv, ein Knochen nach dem anderen. Muskeln würden sich verhärten, unbeweglich werden und für die Ewigkeit erstarren. Eine Körperfunktion nach der anderen würde im Prozess der Petrifikation untergehen; und es war gleichgültig, in welchem Stadium Christoff sich befand. Es konnte ihm kein Arzt der Welt helfen. Es würde noch Wochen dauern, wenige Wochen nur, in denen der Lotse die Überlebenden der Oosterbrijk finden wollte, die von irgendwo einen kaum hörbaren Ruf geschickt hatten. Danach würde sich das lebende warme Fleisch dieses Mannes in kalten Stein verwandelt haben.
    »Und Sascha?«, flüsterte Tullama.
    »Einem Schuft wird sie nicht lange nachtrauern, hoffe ich.« Der Lotse bückte sich nach seinem Hemd. Er konnte sich nur seitlich herabbeugen, wegen der Schmerzen in seinem sich verändernden Körper. »Du weißt jetzt Bescheid, Kapitän.« Christoff sah Tullama an. »Ist dir jetzt besser? Ich glaube nicht.« Damit wandte er sich um und ging auf die Tür zu, die gehorsam vor ihm aufglitt.
    Tullama, der Kapitän, sah ihm nach und konnte nicht verhindern, dass es ihn schüttelte vor Grauen und einer Angst vor etwas Unbestimmtem, sehr Mächtigem.

2. Schwarzer Berg, der die Wolken zeugt
    Das Zelt stand unter einer großen, straff gespannten Plane. Es war dunkel auf diesem seltsam trockenen Vorplatz, fand Will, und er konnte nicht verstehen, wie sich jemand an einem derart finsteren Ort wohlfühlen konnte. Einige Sekunden stand er still auf der überschatteten Fläche und überlegte, wie er sich bemerkbar machen sollte. Es war albern, an einem Zelt anzuklopfen. »Hallo, Bruderherz«, sagte Will. »Darf ich reinkommen?«
    Carl junior grunzte. »Falls es euch beiden nicht aufgefallen sein sollte: Ihr seid bereits drin.« Für einen kurzen Augenblick füllte eine bleierne Stille das Zelt.
    Dann huschte ein hundegroßes Tier auf leisen Pfoten hinein. Ihm

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