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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Gesicht zu zaubern, das Will nie gesehen hatte: Er lächelte. »Was könnte ich denn, Ihrer Meinung nach, sagen? Was könnte für Sie das ergeben, was Sie einen Sinn nennen?«
    Aufgepasst, dachte Will, das klang ja fast ein bisschen verärgert. Für die Verhältnisse von Pak wahrscheinlich ein zünftiger Gefühlsausbruch. Laut sagte er: »Es wäre schön, wenn ich etwas mehr von Ihnen erfahren würde als Ihren Titel. Wenn ich was anderes von Ihnen hören könnte als offizielle Reden, die man Ihnen von Sanctuarium schickt. Irgendwo unter dieser Schutzhülle muss doch ein Mensch stecken. Jemand Privates, meine ich.«
    Pak-46-erg schaute den Vilmer einige Sekunden lang unbewegt an und erwiderte gar nichts. Dann sagte er mit unsicherer Stimme, dass er das Ansinnen des Administrators nicht verstehen könne und um weitere Erläuterung bitten müsse. Will sah dem Goldenen ins Gesicht, das ehrliche – oder sehr gut gespielte – Verblüffung zeigte, und wies auf die Sessel in der Besprechungsecke seines Büros. Will-J verdeutlichte die Geste auf ihre Weise, trottete unter dem Schreibtisch hervor und rollte sich auf dem kleinen Teppich zusammen wie eine zu groß geratene Hauskatze. Will holte eine isolierte Flasche und dickwandige Gläser aus dem Schrank und ließ sich in einen der beiden Sessel fallen. Vorsichtig goss er kleine Portionen des Vilmwhiskys in die Gläser. Das Zeug hatte mit irdischem Whisky nichts weiter gemein, als dass bei seiner Herstellung ein Destillierapparat eine Rolle gespielt hatte. Pak-46-erg war verunsichert, ob er seine Stellung ändern dürfe, in der er sich vor Wills Schreibtisch aufgebaut hatte. Sich hinzusetzen war eine Änderung des Ablaufs. Will fiel ein, dass Pak sich niemals hingesetzt hatte. Er kannte den Abgesandten nur in aufrechter Position.
    »Bitte«, sagte er. Als Pak auf den freien Platz zuging, sich an dem Administrator vorbeischob und setzte, rückte Will unwillkürlich zurück, um den nackten Körper nicht zu berühren. Es war für Will etwas merkwürdig, direkt vor seinen Augen das blankrasierte Geschlechtsteil eines anderen Mannes zu sehen. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm auf, dass kein Mensch wusste, ob es bei den Goldenen Familien gab, und ob die Brüder der Bruderschaft homo oder hetero waren. Auch die Frage, warum sogar die Frauen unter ihnen den Titel Bruder trugen, könnte man erörtern; Themen genug für Gespräche jenseits der vilmschen Politik, dachte Will. Pak-46-erg setzte sich steif wie ein Stock. Er hörte aufmerksam zu, als Will den langwierigen Prozess erläuterte, der aus gelbem Strolchsaft, Rotschoten und Blattröhrensaft ein Getränk machte, das schnell getrunken einen ebenso brutalen wie durstigen Kater verursachte. In der richtigen Art genossen – so kalt, dass es fast gefroren war –, war Vilmwhisky jedoch ein Hochgenuss, der von innen heraus so gut wärmen konnte, dass man das Gefühl hatte, der kälteste Regen würde auf der Haut verdampfen.
    »Trinken wir, ehe das Zeug warm wird«, sagte Will und prostete dem Abgesandten zu. Dann trank er einen kleinen Schluck der öligen Flüssigkeit. Pak beobachtete den Administrator aufmerksam und tat es ihm nach. Während er sein Glas auf den Tisch zurückstellte, machte Pak große Augen und würgte; dann wollte er mehrere Minuten lang sterben. Will beugte sich vor und klopfte dem Abgesandten der Goldenen Bruderschaft mit der bekannten ebenso freundschaftlichen wie nutzlosen Geste auf den Rücken. Leider interpretierte das hauchzarte Gewebe diese Absicht völlig falsch und wurde hart wie Granit. Beide Männer japsten. Der eine hielt sich die geprellte Hand, während das Eingesicht eine schmerzerfüllte Runde um den Tisch drehte. Der andere presste beide Fäuste in seinen Bauch, weil er sich einbildete, dessen Inneres wolle sich auflösen. Großartig, dachte Will. Wenn sich die Missverständnisse in diesem Tempo fortsetzen, bricht ungefähr in zwanzig Minuten der Krieg aus.
    Einige hundert Meter tiefer verlangsamte der Geländekugler seine abwärts gerichtete Bewegung, allerdings Sekundenbruchteile zu spät. »Jetzt treffen wir auf die Wasserader«, sagte Sdevan-A mit dumpfer Stimme, und Sdevan-J klammerte sich mit allen sechs Pfoten an der Konsole fest. Der Geländekugler verlor den Halt und plumpste in etwas hinein, das mit Sicherheit kein einfacher Hohlraum war. Die Scheinwerfer erhellten einen feuchtglänzenden Tunnel, in den der Geländekugler gerade so hineinpasste. Armstarke Wurzeln wanden sich an der Decke

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