VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)
lange darauf zu warten. Sehr lange. Was kann das nur sein?
Pak-46-erg sah von Will auf das alkoholische Getränk und zurück. Er vermutete, der ungewohnte Vilmwhisky hätte ihn zu unbedachten Äußerungen verführt – oder er versuchte, den Administrator mit seinen Vorstellungen von beschwipsten Eingeborenen in Übereinstimmung zu bringen. Beides ergab keinen Sinn. »Darf ich nachfragen, wie Sie zu der Meinung gelangt sind, in den Beziehungen zwischen Vilm und der Goldenen Bruderschaft bestünde ein Zerwürfnis, das solche dramatischen Schritte rechtfertigte?« Der Abgesandte der Goldenen Bruderschaft saß stocksteif in seinem Sessel; die Hände hatte er ineinandergelegt, und zwar so, dass die rechte Handfläche die silbrigen Kontakte in der linken Innenhand verbarg. Wahrscheinlich ein Schutzreflex.
Das Eingesicht sprang auf und setzte sich auf die Hinterpfoten, eine eher ungewöhnliche Haltung. Will spürte, dass er über sein Ziel hinausgeschossen war; so weit hatte er nicht gehen wollen. Nun war es passiert, und da konnte er ebenso gut fortfahren. Satt hatte er die heimlichen Umtriebe der Bruderschaft längst. Mal sehen, was passiert, wenn ich dir eine hübsche kleine Bombe unter den nackten Hintern lege, dachte Will. »Es ist uns nicht entgangen«, erklärte er in beiläufigem Tonfall, »dass aus dem Palast der Goldenen Bruderschaft in Vilm Village nicht nur gute Nachrichten und segensreiche Hilfestellungen kommen ...«
»Einen Palast wollen wir es nicht nennen ...«, wollte Pak den offiziellen Sprachgebrauch wiederherstellen, doch Will fuhr ihm über den Mund.
»Wir nennen es einen Palast«, sagte er mit harter Stimme, »weil es ein Palast ist, ein Prunkbau, ein goldener Käfig für goldene Insassen. Und von diesem Palast aus werden nicht genehmigte Erkundungen durchgeführt. Kleine, mit hochgezüchteter Elektronik vollgestopfte Flugkörper steigen auf und nehmen alles unter die Lupe, was sie interessiert. Das allein würde uns nicht stören. Irgendwann hätten wir Sie gebeten, uns Kopien Ihrer Dateien zur Verfügung zu stellen. Möglicherweise haben die kleinen Fledermäuse etwas über unsere Heimat herausgefunden, das wir selbst nicht wissen. Nein – was uns wirklich stört, ist die simple Tatsache, dass Ihre sinnreichen Metallvögel sich keine Pikosekunde um die reichlich vorhandenen Geheimnisse dieser Welt kümmern. Stattdessen sind es wir, die belauscht und bespitzelt werden. Die Spione dringen in unsere Labors ein, machen Aufzeichnungen in privaten Räumen, vermessen jedes Gebäude, das wir errichten. Nicht viele wissen davon. Es wäre leicht, die Bevölkerung davon zu unterrichten, was die Bruderschaft in Vilm Village für Geschäfte hat. Der Tag, an dem es alle erfahren, wird der letzte Tag sein, an dem ein Bruder vierundzwanzig Stunden auf Vilm verbringt. Und der vorletzte, ehe sämtliche Brüder den Planeten verlassen, um niemals wiederzukommen.«
Pak-46-erg rang um Fassung. Fast tat er Will leid. Der Goldene sackte in dem bequemen Sessel zusammen. So sah er noch dicklicher aus. Will füllte die Gläser mit einer reichlicheren Portion Vilmwhisky auf – für Pak reichlicher als für ihn – und prostete dem Abgesandten stumm zu. Pak ergriff das Glas und stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter, als wäre es ein Zaubertrunk, der ihn aus dieser peinlichen Situation erlösen und heim nach Sanctuarium schaffen würde. Seine Augen weiteten sich, doch der Krampf blieb diesmal aus.
»Lassen Sie sich Zeit mit der Antwort«, sagte Will, »es handelt sich um die Art Antwort, die gut überlegt sein will.« Er stand auf, öffnete die Protokolle des Rechners und schickte die eingegangenen Datenpakete in die Routine, die sie entpackte und in einem gesicherten Speicherbereich ablegte. Er machte sich keine Gedanken wegen des Goldenen. Der hatte andere Sorgen. Außerdem waren die Nachrichten verschlüsselt. Die Absenderkoordinaten allerdings nicht, und Will nickte anerkennend, als er feststellte, wie weit Tonja und Sdevan nach Süden vorgedrungen waren.
Das mysteriöse Licht in der Tiefe war nach wie vor rätselhaft; Sdevan vermutete, dass es sich um eine Art von Fluoreszenz oder Lumineszenz handelte, er hatte sich den Unterschied nie merken können. Die luftgefüllten Höhlen waren ausgekleidet mit zweifelsfrei organischem Material, das ein sanftes blaugrünes Leuchten aussandte. Das Zeug lebte, und unregelmäßige Flecken davon sandten pulsierendes Licht aus. Jeder Fleck hatte eigene Rhythmen und eigene
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