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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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zuckte empor und presste sich auf die glasähnliche Wand neben der Gedenktafel. Was für Unfug, dachte Sergios. Hier gibt’s keine roten Linien. Es liefert mir niemand was Warmes zum Anziehen, wenn ich ein Mir-ist-kalt-Signal absende. Er betrachtete die Scheibe, auf der seine knochige Hand lag. Noch kälter als die Luft hier drin. Und nichts, mit dem man reden konnte. Das würde anders werden. Dann rieb er die Hände, um sie zu erwärmen, und sah sich um.
    Er bemerkte zwei sanfte braune Augen, die ihn aus einem pelzigen Hundegesicht ansahen. Das Tier lag entspannt ein paar Schritte weiter. Dies musste ein Vilmer sein ... oder wenigstens sein einheimischer Anteil.
    »Können Sie mir helfen?«, fragte Thanassatrides. Seine Stimme klang leise. Er hätte niemals vermutet, dass die Abwesenheit seiner gewohnten Umgebung ihn derart verunsichern könnte.
    »Kommt drauf an, was Sie wollen«, brummte eine Stimme von irgendwo.
    Sergios konnte nicht herausfinden, woher die Worte kamen.
    »Warum sind Sie nicht in den Wagen nach Vilm Village gestiegen wie all die anderen Touristen?«
    Das letzte Wort klang ein wenig abfällig; Sergios dachte an die unangenehmen Menschen, mit denen er gekommen war, vor allem diesen schmierigen Cummino und seinen Diener – oder Sklaven – Vincent. Die Ankunft solcher Leute fühlte sich für Sergios an, als würde der Regenplanet von ihnen beschmutzt.
    »Ich möchte zum Äquator«, sagte er, »zum Wolkengebirge.«
    Indem er es aussprach, wurde es von einem bloßen Traum zu etwas Wirklichem, und Thanassatrides spürte einen kurzen Schwindel des Glücks.
    »Aha«, ließ sich die körperlose Stimme vernehmen, »es soll zum Supergestrolch gehen. Mal gucken, wie? Oder anfassen? Sich reinwagen sogar? Einen der letzten unerforschten Orte des Universums betreten, den unbekannten Gefahren der totalen Wildnis trotzen?«
    Du liebe Güte, dachte Sergios, ein verhinderter Poet.
    »So was in der Art«, sagte er dann. »Tatsächlich will ich eine Hypothese überprüfen, die ich aufgestellt habe.«
    Eine menschliche Gestalt erhob sich am anderen Ende der Halle. Im Schattenlicht des Regens hatte Sergios nicht bemerkt, dass jemand auf einer der Wartebänke gelegen und in den grau brodelnden Himmel geschaut hatte. Der Mann, von kleiner, kräftiger Statur, war ebenfalls leicht bekleidet, jedoch mit ledernen Sachen, die mit zahlreichen Riemen und Schnallen an seinem Leib befestigt waren. Als er auf Sergios zuging, erhob sich sein fellbedeckter Teil und umkreiste den Zentralier neugierig. Was in den Büchern stand, stimmte. Es sah in Wirklichkeit sogar viel unheimlicher aus als in den Aufnahmen, die Sergios gesehen hatte. Keine noch so detaillierte 3D-Wiedergabe konnte den Eindruck widerspiegeln, dass zwei Körper zu derselben Person gehörten, sich miteinander im Einklang bewegten, zusammen eine Geste machten, die auf zwei Leiber verteilt ausgeführt wurde.
    Sergios spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinablief.
    »Mein Name ist Jona«, sagte der Vilmer und hielt ihm eine breite Hand hin. Sergios schüttelte sie, stellte sich vor und schielte dabei auf das Eingesicht herunter, das dies leicht amüsiert zur Kenntnis nahm.
    »Wenn du es bezahlen kannst«, sagte Jona, unbekümmert zum Du wechselnd, »dann nehme ich dich mit. Der Geländekugler nach Gerdastadt wird mich gleich aufsammeln, und du kannst so bis an den Fuß des Wolkengebirges gelangen. Dann sehen wir weiter. Gepäck?«
    Sergios wies auf seine Schwebeschachteln. »Geld habe ich genug«, sagte er.
    »Das sehe ich«, entgegnete Jona fröhlich, und beinahe schien es dem Zentralier, das Eingesicht blicke geringschätzig drein, als es die Gepäckstücke mit der Schnauze anstupste und zusah, wie sie träge ein paar Meter zur Seite wegschwebten.
    Als ein Preis ausgehandelt und entrichtet und das Gepäck im Geländekugler verstaut war, tat Sergios seine ersten Schritte auf der ungeschützten Oberfläche des Regenplaneten, um in das hausgroße Fahrzeug einzusteigen. Er wurde auf den wenigen Metern völlig durchnässt, denn das, was er für einen plötzlichen Wolkenbruch gehalten hatte, pladderte nach wie vor mit unverminderter Wucht vom Himmel herab. Unwillkürlich versuchte seine Hand wieder, per roter Linie trockene-Tücher-und-mehr-Wärme zu verlangen, und die Insassen des Kuglers starrten für ein paar peinliche Sekunden auf die Implantate, die sich in seiner Handfläche und in seinem Arm abzeichneten. Zentralier waren nicht besonders angesehen auf Vilm, das

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