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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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von Gerdastadt ins Bild kamen.
    An vielen Stellen standen solche einsamen Rampen am Rande des Dschungels. Jede von ihnen wurde in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen von einer der Weitergereichten Wohnstätten besucht, erklärte Jona dem Zentralier, während der staunte. Ein Haus senkte sich dann langsam aus dem Dickicht herab, parkte sanft an der Rampe, und für Stunden oder Tage war die Gegend von Aktivität erfüllt. Wenn die Ranken und biegsamen Stränge des vertikalen Waldes das Haus wieder mit sich fortgetragen hatten, kehrte die Ruhe eines verlassenen Platzes an den Stellplatz der Rampe zurück wie ein Gespenst, das die Gegenwart lebendiger Wesen vermeiden wollte.
    »Und wie wird das Ganze gesteuert?«, fragte Thanassatrides, und er wies dabei seine Handfläche vor, in der seine Implantate schimmerten. Dinge zu steuern war wichtig für Leute wie ihn. Ehe Jona antworten konnte, kam die Frau hinter ihnen in den Raum und beschwerte sich, nicht vorgestellt worden zu sein.
    »Das ist meine Cousine, Rijo«, sagte Jona. »Sie begleitet uns bis zu den Knoten des Terzetts, wo wir meine Familie treffen werden. Rijo steigt dabei in deren Haus über, meine Leute kehren in dieses hier zurück, und das große Familientreffen ist für dieses Jahr gelaufen.«
    »Familientreffen«, sagte Sergios, der kein Wort verstand.
    »Die Wege des Gestrolchs sind unerforschlich«, meinte Jona wichtigtuerisch. »Einmal im Jahr kreuzen sich die Wege unseres und ihres Hauses, denn der Geist des Wolkengebirges ...«
    »Glaub ihm nichts, wenn er so daherredet«, fiel Rijo ihrem Vetter ins Wort. »Er schwafelt gerne, musst du wissen.«
    Sie grinste Sergios frech an.
    »Aus welchem Hungerleiderweltreich kommt denn so was wie du? Soll ich dir was zu essen besorgen?«
    Sergios dachte an den Astwürgersalat und seinen modrigen Geruch; doch ehe er behaupten konnte, keinen Hunger zu haben, war Rijo davongewirbelt und rief aus irgendeiner Ecke des verwinkelten, schwankenden Hauses, dass es gleich was gebe, er solle warten, nur ein bisschen ...
    »Das macht sie immer«, meinte Jona. »Die Speisung der Bedürftigen, Anliegen jeder rechtdenkenden Frau, Fütterung der Abgemagerten.«
    Er unterbrach die Litanei und registrierte Sergios‘ verwirrten Blick, als der Zentralier bemerkte, dass die Aussicht auf die Rampen am Rande des Dschungels nun von Ästen, Lianen und feuchten Blättern versperrt worden war. Sie glitten in gemächlichem, unregelmäßigem Tempo am Fenster vorüber. Offenbar stieg das Gebäude nach wie vor.
    »Ein Haus, das von einer Pflanze befördert wird«, flüsterte Thanassatrides, und ehe Jona ihn berichtigen konnte, winkte er ab. »Ja, ich weiß, so ein Gestrolch ist teilweise ein Tier. Wie bringt ihr es dazu, so ein riesiges Gebilde anzuheben und zu transportieren?«
    Das Eingesicht fing an, kleine Fläschchen aus einem Regal zu holen und auf dem Tisch in entsprechenden Vertiefungen aufzustellen; auf diese Art konnte keines der Fläschchen umfallen oder vom Tisch rollen. Der Vilmer ging dabei geschickt mit seinen Mittelpfoten um, und Jonas Stimme erklärte passend zu den Bewegungen der sechs Pfoten. Fast hätte man den Eindruck gewinnen können, das fellbedeckte Wesen sei es, das da sprach.
    »Es ist so was wie ein Abkommen zwischen uns und diesem wundervollen Ökosystem da draußen. Eine niemals besprochene Verabredung. Wir stellen ihm bestimmte Substanzen zur Verfügung, und im Gegenzug tut es Dinge für uns.«
    Ein Fläschchen mit einem hellgelben, kristallinen Pulver wurde hochgehoben.
    »Eine bestimmte Blattwurmart kann man zu dem hier verarbeiten. Einige Bestandteile des Gestrolchs sind verrückt danach.«
    In einer anderen Phiole schwappte träge eine rötliche Flüssigkeit, als Pfoten geschickt damit jonglierten.
    »Mit dem hier kann man Wucherungen zum Verdorren bringen, die das Wolkengebirge aus unbekannten Gründen nicht gebrauchen kann.«
    Die Pfoten ergriffen einen verschraubten Behälter, der warnend mit grellgrünen Ausrufezeichen übersät worden war.
    Ein zweites Eingesicht schoss herein und fing an, den Tisch abzuräumen, flinker, als er vollgestellt worden war.
    »Ehe du unseren Gast mit Tinkturen und Essenzen zu Tode langweilst«, rief Rijos Stimme von nebenan, kannst du gleich alles fürs Essen vorbereiten. Der Ärmste ist ganz verhungert! Guck doch mal hin, der hat seit Jahren nichts Anständiges zu essen bekommen.«
    Wie zwei umherwuselnde fellige Kellner verwandelten die beiden Eingesichter den Tisch

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