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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Schäufelchen sah genauso aus wie das erste, aber dieses Mal lag das geraspelte cuprum in einem flachen Glas. Das Gefäß wurde von einem einfachen Schraubdeckel verschlossen.
    Die teils tierischen, teils pflanzlichen Kundschafter des Riesengestrolchs kamen, nun sehr viel zutraulicher, nah heran und betasteten das Schraubglas. Das sieht aus, dachte der Nuntius, als ob jemand das Ding ablecken würde, wieder und immer wieder. Hätte ich dergleichen nicht längst hinter mir gelassen, würde ich es obszön finden.
    Schließlich ließen die Tentakel ab von dem unerreichbaren Schatz und wichen langsam zurück.
    »So weit, so gut«, sagte Fra Bartholomäus. »Sie haben begriffen, dass sie da nicht so einfach rankommen.«
    Sie?, dachte der Nuntius. Vielleicht ist es eher ein Es?
    Den ersten Teil des Experiments vollendeten sie, als auch beim zweiten Kugler – mehrere Tagesreisen entfernt – sich das Schäufelchen mit dem Schraubglas ins Gestrolch begab.
    Die verschiedenen Organismen der dortigen Sämlingslinse blieben völlig unbeeindruckt und ignorierten das weggeschlossene Kupfer.
    »Sie wissen bereits, dass sie es nicht fressen können«, sagte Fra Nathanaels verzerrte Stimme.
    Bartholomäus sah triumphierend zum Nuntius hinüber.
    Der zeigte keinerlei Regung. Dass die beiden durch viele hundert Kilometer getrennten Sämlingslinsen voneinander wussten, war die eine Sache. Die andere war ein Test, der die Art ihrer Verbindung erweisen sollte.
    »Wir machen das jetzt auf«, sagte er und beugte sich vor, um besser verfolgen zu können, was nun geschah.
    »Wie Sie wünschen, Hochwürdigste Exzellenz«, sagte Bartholomäus und ließ einen zweiten Arm aus dem Kugler herauswachsen, der sich über dem appetitlichen Kupfervorrat herabsenkte. Mit Hilfe eines einfachen Mechanismus setzten drei Gummifinger an den Deckel an und öffneten das Schraubglas mit einer einzigen Umdrehung.
    Sofort stürzten sich die Hervorbringungen der Sämlingslinse auf den Inhalt des Glases und naschten es in wenigen Sekunden ratzeputz leer.
    Viel interessanter war jedoch, was achthunderteinunddreißig Kilometer entfernt passierte, unter den Kameras von Fra Nathanael, die trotz der Störungen ein halbwegs brauchbares Bild lieferten. Dort strömten nun Keimlinge und Triebe und wurmartige Kreaturen um das Glas herum. Sie erreichten den Deckel und umkreisten ihn tastend. Schließlich fassten sie ihn irgendwie an drei Stellen an. Dann schraubten sie das Gefäß in Windeseile auf. Als die Kupferspäne verschwunden waren, befand sich der Deckel ordentlich abgelegt neben dem Behälter, den er vor wenigen Sekunden noch verschlossen hatte.
    »Interessant«, sagte der Nuntius und lehnte sich wieder zurück.
    Das Wolkengebirge rings um sie herum geriet nun in eine langsame, kraftvolle Bewegung. Wände begannen sich in fließende Bündel dahingleitender Seile zu verwandeln, was eben noch ein Ast zu sein vorgegeben hatte, spannte Muskeln an, der Untergrund bäumte sich auf und entsandte blaugrüne Tentakel.
    »Was ist denn das?«, fragte Fra Bartholomäus verblüfft.
    »Weg hier«, zischte der Nuntius und packte die Armlehnen seines Sitzes mit den gutgepflegten Händen, deren Fingerkuppen vor Anstrengung weiß wurden. Draußen krochen armdicke schuppige Trossen am Geländekugler entlang und versuchten ihn zu umgreifen. Wollte sich jemand oder etwas die Quelle der Leckereien sichern? Oder hatte eine ungreifbare Instanz beschlossen, den ganzen Kugler kurzerhand in den Metabolismus des Wolkengebirges zu integrieren? Ihn zu verdauen?
    »Das will uns ... keine Ahnung«, sagte Bartholomäus und begann, hektisch an seinen Konsolen und Schaltern zu arbeiten.
    Zum allerersten Mal, dachte der Nuntius, bedauere ich es, dass es uns nicht gestattet ist, Flüstermaschinen in die Handflächen zu implantieren. Vielleicht hätte ich auf diese Weise reden können mit dem dort, was auch immer es sein mag. So ähnlich, wie es dieser Zentralier getan haben soll – allerdings ist der auch gründlich missverstanden worden ...
    Als der Mönch die Klappen der alten, aber immer noch funktionsfähigen Befreiungsvorrichtung öffnete, regnete es rings um das Fahrzeug scharfen Stahl und breite Klingen. Alle Äste, Fühler und Schlingpflanzen, die den Kugler berührten oder in seiner unmittelbaren Nähe waren, wurden durchtrennt, abgehackt oder zerquetscht.
    So schnell es nur ging, setzte sich der solcherart befreite Geländekugler in Bewegung. Er stapfte durch die noch zuckenden,

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