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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Gebrüll hangelten sich die Schreilen aus dem Gestrolch, als wäre irgendetwas sehr Hungriges hinter ihnen her. Das Rehschwein ergriff natürlich sofort die Flucht, und auch allerlei weiteres Getier setzte sich in Bewegung. Es wirkte wie ein lautloser Exodus, denn alle anderen Geräusche wurden vom Lärm der Schreilen übertönt. Auch Wolkentaucher flatterten auf und sahen zu, dass sie fortkamen. Grinsend beobachtete Harenbergh, wie selbst die Astwürger hastig aus den Pflanzen krabbelten und sich davonmachten. Sie wurden dabei von Wurbls überholt, die in großer Zahl aus dem Wurzelwerk krochen und ebenfalls bestrebt waren, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und die stumm vor sich hin leuchtenden Felder der Absperrung zu bringen. Zwischen all dem dahinhastenden Gewürm und Gehopse waren auch einige Lebewesen, die Adrian gar nicht kannte, obwohl er nun schon Jahrzehnte auf dem Regenplaneten zugebracht hatte. Diese handlangen, röhrenförmigen Riesenraupen etwa, die sich seltsam hüpfend fortbewegten, hatte er noch nie gesehen.
    Kurz dachte er darüber nach, eine der Kreaturen einzufangen, um sie den Forschern zu übergeben, aber er entschied sich dagegen. Seine Erfindung war nur dazu da, Tiere fernzuhalten. Wenn jemand Tiere einfangen wollte, sollte er gefälligst selbst etwas erfinden.
    Nach wenigen Minuten konnte er seine Finger wieder aus den Ohren ziehen. Der Lärm der Schreilen war verstummt. Und auch die Gestrolche waren verstummt. Es war unglaublich still. Adrian hörte, wie die Regentropfen auf die Erde fielen, in Pfützen platschten oder durch das Geäst einer Pflanze rannen. Es war ihm gar nicht klar gewesen, dass es auch die stetigen Geräusche der Tiere gewesen waren, an die er sich gewöhnt hatte.
    Er schritt die Linie seines Zaunes ab. Kein Tier, nirgends. Und auch die nun nackt und schutzlos dastehenden Gestrolche wirkten verändert. Täuschte er sich, oder waren die Pflanzen von dem Zaun zurückgewichen? Standen sie jetzt tatsächlich weiter weg als vorher? Hatten sie wirklich ihre Zweige zusammengerafft, wie um weniger Platz einzunehmen?
    Das ist ja besser, als sich dachte!, jubelte er innerlich und bekam einen furchtbaren Schreck, als er mit jemandem zusammenstieß und plötzlich in die Mündung einer auf ihn gerichteten Waffe blickte.
    Als Folge einer unwillkürlichen Regung, die Flucht zu ergreifen, verlor er das Gleichgewicht und landete auf dem Hosenboden. Schlamm spritzte auf.
    »Scheiße!«, sagte er laut; er sollte sich in seinem Alter vor Erkältungen besser in Acht nehmen.
    »Was treibst du hier, um der Päpste willen?«, zischte Eliza.
    Sie starrte ihn fassungslos an und hatte einen durchaus gefährlichen Montage-Laser in der Hand, dessen Strahl einen Mann in einer zehntel Sekunde komplett durchbohren konnte. Glücklicherweise hatte sie das Ding wie ein alter Profi sofort gen Himmel gerichtet, als sie mitbekam, wen sie da bedrohte.
    Adrian Harenbergh tat einen tiefen Atemzug.
    »Ich sitze mit meinem nassen Arsch im Schlamm und hole mir den Tod«, beantwortete er die Frage völlig wahrheitsgemäß.
    »Du weißt ganz genau, dass ich danach nicht gefragt habe!«, fauchte sie und steckte die Waffe in eine der vielen Taschen ihrer Jacke, nicht ohne sie vorher zu sichern.
    Doch, hast du, hätte Harenbergh beinahe entgegnet, aber er hielt lieber den Mund. Er streckte Eliza die Hand entgegen, und sie zog ihn mit der einen Hand, die sie noch hatte, aus seiner unbequemen Lage hoch. Sie hatte eine Menge Kraft in diesem Arm.
    »Ich wollte gerade etwas ausprobieren, als plötzlich die ganze Vilmwelt verrückt spielt«, sagte Eliza, und erst dann fiel ihr Blick auf Harenberghs Installation, die inmitten des leise plätschernden Regens irgendwie fehl am Platz wirkte.
    »Und was probierst du hier aus?«, fragte sie.
    »Das sollte eigentlich eine Überraschung werden«, erwiderte er und nestelte an seiner Hose herum; es war irgendwie ein seltsames Gefühl, mit völlig durchnässtem Hintern dazustehen. Als trüge er eine vollgeschissene, eiskalte Windel.
    »Eine Überraschung«, sagte Eliza.
    Adrian seufzte. Er kannte diesen Tonfall. Ohne Erklärung würde sie ihn nicht gehen lassen, das stand fest.
    »Es ist für deine Pflanzung bestimmt«, sagte er. »Deine Pflaumenplantage. Du hast mir doch ganz begeistert davon erzählt, dass die Pflaumenkerne, die dir die Päpstin geschickt hat, endlich gekeimt sind. Und ich weiß, dass all deine anderen Versuche, auf Vilm diesen Baum zu kultivieren,

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