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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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dem Bus ausstiegen ließen. Die Innenwände bestehen aus großen grauen Steinquadern, und an der weiß getünchten Decke ziehen sich kreuz und quer dicke braune Balken entlang. Es sieht aus wie ein Theaterfoyer, in dem ein Mittelaltermarkt stattfindet.
    An den Wänden hängen Porträts von Männern, die wie Modelle von Ralph Waldo Emerson und George Washington aussehen: Ölbilder in verzierten Goldrahmen, die Männer tragen Halskrausen und schwarze Jacketts mit Stehkrägen. Die Schnarchnasen-Academy hat ihren Spitznamen wirklich verdient. Die Leute, die diese Schule gegründet haben, sehen steif und streng und langweilig aus.
    »Hoffentlich gibt es was Leckeres zu essen«, sagt Marisol, während wir der Menge folgen.
    »Bestimmt«, sagt Trish hinter uns.
    »Und was?«, frage ich sie. Trish sieht hübsch aus in ihrem Jeansminirock und der Rüschchenbluse, die ein bisschen an die Gründerväter der GSA erinnert. Sie trägt die Haare offen und auftoupiert. Ihre Zahnspange fällt kaum auf.
    »Marisol und ich wollen lieber essen als tanzen.«
    »Meistens gibt es leckere Sachen wie Minihamburger und Pommes.«
    Marisol lächelt. »Hey, das wird eine Party nach meinem Geschmack!«
    Wir folgen Mrs. Zidar den großen Korridor entlang durch eine breite Flügeltür, die in den Festsaal führt. Das Erste, was mir auffällt, ist, wie kühl es hier ist. Die breiten Glastüren an der gegenüberliegenden Seite des Raumes stehen weit offen und führen auf einen großen Garten hinaus, in dem ein DJ-Pult aufgebaut ist. Der Raum hat hohe Fenster, mit langen dunkelblauen Samtvorhängen, die mit roten Kordeln zusammengebunden sind. Eine Reihe schwach leuchtender schmiedeeiserner Kronleuchter hängt über uns.
    Das Buffet ist voll mit leckeren Sachen, wie Trish versprochen hat: Ich sehe Nachos und Quesadillas und Minihamburger und eine riesige Schüssel mit Karamelpopcorn. Neben dem Topf mit der Bowle steht ein Turm aus kleinen Zuckerkuchen. Marisol bekommt große Augen.
    Mrs. Zidar schüttelt einem Mann die Hand, offenbar die Aufsichtsperson der GSA für die Party. Sie lachen, als hätten sie das schon eine Million Mal mitgemacht, worauf ich mich seltsamerweise gleich besser fühle, was den Abend betrifft. Vermutlich findet seit 1890 jedes Jahr eine solche Party für die Neuntklässler statt, was dem Ganzen einiges an Druck nimmt.
    Trish wird von einigen gut aussehenden älteren Schülern begrüßt, die sie von irgendwoher kennt, vielleicht aus dem Mentorenlehrgang. Sie flirten mit ihr, wodurch Trish sofort deutlich in meiner Achtung steigt. Offenbar stört die Jungs die Zahnspange nicht, und wenn ich Trish so aus der Fernebetrachte, sieht sie sehr hübsch aus. Ich verstehe, warum die Jungen sie mögen: Sie ist unkompliziert und lustig.
    Draußen auf der Veranda stehen Gruppen von Schülern herum. Sie tragen graue Hosen und dunkelblaue Blazer mit rotgrau gestreiften Krawatten. Ich muss unbedingt Mrs. Zidar filmen, wenn sie neben ihnen steht – sie sehen aus wie die Piloten einer schottischen Fluglinie, und Mrs. Zidar mit ihrem karierten Stewardess-Rock passt genau dazu. Andrew wird sich totlachen. Uniformen findet er total daneben.
    »Hallo«, sagt jemand hinter mir. Ich drehe mich um. Vor mir steht ein großer Junge mit einem netten Gesicht. Er trägt eine Brille und hat die schwarzen Haare kurz geschnitten, nur sein Pony ist lang und ins Gesicht gekämmt. Bestimmt gibt es hier auch Regeln, was die Frisur betrifft. Ich schaue mich um. Fast alle Jungen haben kurze Haare, keiner hat langes Haar wie Andrew oder Tag Nachmanoff.
    »Hallo«, antworte ich, auf einmal etwas schüchtern.
    »Was für eine Kamera ist das?«, fragt er.
    »Eine Canon XH A1«, entgegne ich.
    »Die hab ich auch.« Er zeigt mir die Kamera, die um seinen Hals hängt. »Ich heiße Jared Spencer.«
    »Ich bin Viola Chesterton.« Ich lächle.
    Hinter Jared strecken Suzanne, Romy und Marisol die Daumen in die Höhe und wandern dann Richtung Buffet davon. Ich muss mich also allein mit diesem fremden Jungen unterhalten.
    Das Erste, was mir an Jared auffällt, ist, dass er enorm gut aussieht. Er hat eine hübsche, aber markante, gerade Nase, schöne Lippen und einen langen Hals. Hälse fallen einem normalerweise nur auf, wenn sie fehlen, aber seiner ist hübsch. Daszweite, was mir auffällt, ist, dass er kein bisschen verlegen ist. Er lässt sich von dieser seltsam förmlichen Party überhaupt nicht aus der Ruhe bringen und wirkt ganz ungezwungen. Es scheint ihm leichtzufallen,

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