Violas bewegtes Leben
wie ein Wunder. Ich hätte nie gedacht, dass mir das (ein echter Freund) jemals passieren würde. Ich dachte, die meisten Jungs wären Idioten (lange Liste) oder unrealistische Schwärmereien (Tag Nachmanoff) oder gute Kumpels (Andrew Bozelli), aber Jared Spencer passt in keine dieser Kategorien. Er ist süß, er ist klug und er interessiert sich für die gleichen Dinge wie ich.
Der derzeitige Status von Jared und mir (uns) gibt mir ein warmes Gefühl – als würde ich irgendwo dazugehören – obwohl ich nur einen Abend mit Gesprächen, einen Vollmond und drei Küsse habe, um weiterzumachen. Den Rest fülle ich mit Chatten, Bildern und Mails aus. Ich lerne ihn erst kennen, aber was meine Mitbewohnerinnen angeht, ist es bereits beschlossene Sache: Ich habe einen Freund, ganz offiziell.
NEUN
Wenn es zu Hause in Brooklyn schneit, fällt der Schnee lautlos zu Boden, schmilzt zu Pfützen aus grauem Schneematsch zusammen und wird dann allmählich schwarz von Ruß und Abgasen. Ganz anders in Indiana. Hier sammelt er sich ein, zwei Meter hoch an, unberührt und weiß, bis ihn der Wind herumwirbelt und zu Schneewehen aufhäuft, die wie riesige Baiserhauben aussehen.
Während der Schnee über die Ebene geblasen wird, legt der Wind Pfade frei, die von einer Eisschicht überzogen sind, als hätte dort schon jemand geschaufelt. Aber so verteilt sich der Schnee in South Bend einfach.
Wie alles andere in Indiana ist auch das eine neue Erfahrung für mich.
Es ist erst Anfang Dezember, aber ich kann jetzt schon vorhersagen, dass der Winter im Mittleren Westen ganz schön heftig werden wird. Die Temperatur ist bereits unter Null gesunken, deshalb werden Schichten von Winterklamotten – und zwar so viele, wie ich übereinanderziehen kann – den Winter 2009 prägen. Dem Himmel sei Dank für meine Mutter und ihrefürsorglichen Plastiktüten voller Handschuhe, Schals und langer Unterhosen. Offenbar hat sich meine Mom an die South-Bend-Winter der Achtziger erinnert und dementsprechend geplant.
Etwa sieben Mädchen der PA entscheiden sich dafür, mit dem Kleinbus zum Kulturwinter im Saint Mary’s College zu fahren. Meine Mitbewohnerinnen haben beschlossen, auf die Veranstaltung zu verzichten und mich mein erstes echtes Date mit Jared alleine ausfechten zu lassen. Trish ist unsere Begleitperson. Ihre angeborene Munterkeit steigert sich immer ins Unerträgliche, wenn sie das Schulgelände verlässt und die Verantwortung für eine Exkursion trägt. Und so sprüht sie auf der Fahrt geradezu vor guter Laune.
Aber ich auch.
Ich habe ein Date.
Ein echtes Date.
Mein erstes echtes Date.
Mit Eintrittskarten.
Vorausplanung.
Perfekt.
Bis jetzt.
Jared und ein paar ältere Schüler von der GSA warten in der Lobby des Theaters. Einige betrachten die dort ausgestellten Bilder, andere stehen um einen Tisch herum, wo Kaffee, Tee, Brownies oder selbst gebackene Kekse verkauft werden. Jared winkt, als wir durch den Haupteingang kommen. Draußen hat es mindestens minus vierzig Grad, aber das macht mir nichts aus. Ich fühle mich ganz warm und willkommen, als ich ihn sehe. Er sieht noch süßer aus als auf der Party. Und er wirkt größer, wie er so auf mich zukommt – wobei mir das eigentlich egal ist.
Ich klopfe den Schnee von meinen Stiefeln und ziehe die rote Wollmütze mit dem riesigen orangefarbenen Bommel vom Kopf.
»Meine Elfenmütze.« Ich halte sie hoch, als Jared zu mir kommt.
»Einen Keks?«, fragt er und gibt mir einen riesigen Schokoladenkeks in einer Wachspapiertüte.
»Danke.«
Ich beiße in den Keks, dem ersten offiziellen Essen an unserem ersten offiziellen Date. Dass er schon im Vorfeld geplant hat, diese Leckerei für mich zu besorgen, lässt mich den Keks noch mehr genießen. Er hat überlegt, was er mir kaufen könnte, bevor ich hier eintreffe, und das an sich ist schon unglaublich toll. Wenn ich mir einen perfekten Abend ausmalen sollte, würde er genau so aussehen: Wo der Junge (oder Freund!!!) etwas Nettes für mich tut, ohne dass ich vorher darauf angespielt habe oder ihn darum bitten muss. Jared Spencer, du eroberst mein Brooklyn-Herz im Sturm!
Das O’Laughlin-Auditorium des Saint Mary’s College ist ein Theater mit 1300 Plätzen und gehört zu einem größeren Gebäudekomplex, dem Moreau-Zentrum der Künste. Der Saal ist riesig und erinnert mich an die großen Broadway-Häuser, in die mich meine Eltern mitnahmen, um Grand spielen zu sehen.
Wir dürfen sitzen, wo wir wollen, und so folge ich Jared durch
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