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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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Sesamsoße bei Sung Chu Mei bestellen. Dann spaziere ich über die Brooklyn Bridge nach Manhattan und gehe ins Village und kaufe mir dort was Hübsches. Und dann werde ich mir Andrew vorknöpfen und ihn fragen: »Was soll der Scheiß? Was ist nur mit uns los? Hey, wir sind doch Freunde und haben schon so viel zusammen erlebt.« Genau so werde ich es machen. Und ich kann es kaum erwarten, seine Antwort zu hören.
    Die Weihnachtszeit wurde förmlich für Leute wie Trish erfunden. Sie gehört zu den Menschen, die das ganze Jahr über funkelnde weiße Lichter in ihrem Ficus hängen haben, und sobald Thanksgiving vorbei ist, hängt sie einen Kranz voller Glaskugeln an ihre Tür und dekoriert ihren Nachttisch mit einer Sammlung antiker Elfen. Auf so was steht sie total . Welch Überraschung!
    Die Zwölftklässler haben die Aufgabe, Tannenzweige zu sammeln und für jedes Stockwerk Kränze zu basteln. Sie trinken dabei literweise Kakao und gehen mit Sägen in den Wald, um die schönsten Zweige zu holen.
    Die elfte Klasse macht die roten Samtschleifen für die Kränze, eine ziemlich leichte Aufgabe, denn so wie die Schleifen aussehen, heben sie sie einfach von Jahr zu Jahr auf und geben sie immer wieder neu ab. Im Grunde besteht ihr Beitrag am alljährlichen Weihnachtsdekospaß im Auspacken von Schachteln.
    Die Zehntklässlerinnen schmücken den Baum in der Eingangshalle, der gigantomanisch groß ist, und flechten altmodische Lichterketten in rot, grün und blau zwischen die Zweige. Auf dem Fensterbrett steht eine reich verzierte Messing-Menorah, und um sicher zu gehen, dass auch wirklich für alle Glaubensrichtungen gesorgt ist, werden im Speisesaal noch Kwanzaa-Kerzen angezündet.
    Die Neuntklässlerinnen sind hauptsächlich die Hilfsarbeiter der zehnten Klasse. Außerdem müssen wir in kleinen Gruppen als Sternsinger nach South Bend gehen und für die Einheimischen singen.
    Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hängt der Schulgärtner interkonfessionelle Tannengestecke an den Eingangstürender Schulgebäude auf. In sämtlichen Foyers stehen Millionen Töpfe mit Weihnachtssternen herum, und überall hängen funkelnde weiße Lichter an den Decken, was nachts sehr hübsch aussieht. Ho. Ho. Ho.
    Ich prüfe etwa siebzig Mal am Tag im Internet den Status meines Heimflugs am 20. Dezember mit Rückflug am 3. Januar. Ich werde von Chicago aus fliegen und sorge mich um Schneestürme, defekte Motoren und das Kleingedruckte auf dem Ticket, wo steht, dass die Fluggesellschaft den Sitzplatz einfach einem anderen geben kann, ohne dass mich jemand benachrichtigen müsste. Wenn mir das passiert, brülle ich den ganzen Flughafen zusammen. Nichts wird mich daran hindern, nach Hause zu kommen! Und wenn ich einen Hundeschlitten nehmen muss, an Weihnachten bin ich in Brooklyn!
    Trish wird mich zum Flughafen fahren, und selbst die Aussicht auf zwei Stunden Folter, nur sie und ich, eingesperrt in einem Auto, kann meine Freude darüber, nach Hause zu kommen, in mein Viertel, mein Zimmer, meine Welt, nicht eine Sekunde lang trüben.
    »Alle sind total neidisch auf dich und Jared«, sagt Marisol, während wir im Foyer unseres Wohnheims eine Girlande an die Decke hängen.
    »Marisol, einen Freund zu haben ist nicht unbedingt eine Leistung, auf die man stolz sein kann.« Ich klettere auf die Leiter, den Anfang der Girlande in der Hand.
    »Du hast gut reden. Du hast ja einen«, meint Marisol und schaut zu mir hoch.
    »Ja, das stimmt natürlich.« Ich mache eine Schlaufe und befestige die Girlande an einem Haken.
    »Dabei warst du diejenige in unserem Zimmer, von der manes am wenigsten erwartet hätte, ein solches Glück zu finden.«
    Ich steige von der Leiter. »Warum sagst du das?«
    »Du warst ja nicht gerade begeistert von der Schule und dem Leben hier.«
    »Um das mal klarzustellen: Ich bin allgemein nicht von vielem begeistert. Außer Film.«
    »Ich weiß.«
    Wir schweigen ein paar Minuten und wickeln die Girlande weiter auf. Marisol ist ungewöhnlich still. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich weiß, ich rede viel über Jared. Es macht zwar nicht den Eindruck, als störe das Marisol, aber trotzdem.
    »Was ist los mit dir? Du bist so anders als sonst.« Ich schaue ihr ins Gesicht. Sie zuckt nur mit den Schultern und sieht noch trauriger aus.
    »Ich habe vorhin erfahren, dass ich an Weihnachten nicht nach Hause kann.«
    »Was?« Jetzt habe ich vollends ein schlechtes Gewissen, weil ich ununterbrochen darüber rede, in den Ferien endlich mal hier

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