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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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stockschwul, das glaubst du gar nicht, und … Alter Falter, du siehst furchtbar aus, Jule.«
    »Kann nicht sein, Fräulein. Ich hab geduscht.«
    »Riecht man«, sagte Ewa, schnupperte kurz und zog die Nase kraus. »Du muffst nach Maiglöckchen.«
    »Gefällt dir nicht?«
    »Nein.«
    »Tja. Mir ehrlich gesagt auch nicht, aber ich musste nehmen, was da war. Ein anderes Duschgel hab ich nicht gefunden und …«
    »Wie geht es deinen Augen?«
    Grandiose Überleitung, Bogacz. »Scheiße. Aber mal gucken.«
    »Ohne Witz, Jule. Die sind feuerrot. Sollen wir zum Arzt?«
    »Pfff. Papperlapups.« Jule mimte das tapfere Schweitzerlein und fühlte sich bereit für sieben auf einen Streich. Sieben Proseccoladungen. »Wo ist mein Glas?«
    Diesen Fehler im Bild behob Kai-Uwe sofort und somit – Stößchen. Gierig tankte Jule süffigen Blubber, der das Kratzen in ihrem Hals milderte. Parallel brachte Ewa Licht ins Geschehen.
    »Kai-Uwe ist Musiker. Alleinunterhalter«, erzählte sie mit leicht lallendem Unterton in der Stimme. »Alicja hat ihn für die Hochzeit engagiert und wir sollen hier offenbar eine Liste und eine CD abholen, mit all den Liedern, die er auf der Hochzeit spielen möchte. Korrekt?« Sie sah zu Kai-Uwe und der nickte.
    »Aha.« Jule rückte an ihrer Brille, leerte ihr Glas auf Ex und goss nach. Wie ein ernstzunehmender Künstler wirkte diese rosa Knalltüte nicht gerade. Eher wie ein Schlagerbarde am Ballermann, der tuckig über die Bühne schwänzelte und jeden Ton schmalzig verjaulte. Das wollte sich Alicja wirklich antun? »Hau in die Tasten, Junge. Zeig was du kannst. Gemeinsame Probe. Du spielst und singst, wir machen mit.«
    »Äh, und was?« Kai-Uwe fuhr sich nervös durch die Tolle, nahm jedoch folgsam auf dem Hocker Platz.
    Tja. Unschlüssig blickten Jule und Ewa sich an.
    »Den ersten Song auf der Liste für Alicja«, entschied Ewa.
    Perfekt. Auf einer Hochzeit reihte sich ein musikalischer Schmachtfetzen an den nächsten. Jule kuschelte sich von hinten an ihre Freundin und schmatzte ihr ein Küsschen in den Nacken. Hach, gleich würden sie ein phänomenales Duett hinlegen, so ergreifend und wunderschön wie Violas Song vorhin. Ihre Stimmen vereint zu einem göttlichen Ganzen. Jule guckte auf die Liste und … »Vergiss es! So ein Dreck kommt mir nicht über die Stimmbänder. Genügt, dass du diese Grausamkeit als Klingelton hast, Bogacz.«
    »Nur bei Alicja. Es ist ihr Lied, verstehst du? Damals beim Karaoke-Abend hat Piotr es für sie gesungen. Danach ist er auf die Knie gesunken und hat um ihre Hand angehalten.«
    »Und sie hat Ja gesagt? Nach diesem Müll?« Jule konnte es kaum glauben. Saftige Ohrfeige, Auswandern, Pass verbrennen und eine neue Identität annehmen – das wär’s gewesen.
    »Schluss. Wir singen das jetzt. Für die beiden. Punkt«, sagte Ewa schroff und gab Kai-Uwe das Startzeichen. Der klimperte los, überraschend gut sogar. Jule kippte noch ein Glas Prosecco auf ex, schloss die Augen, träumte sich in eine schrammelige Karaoke-Bar, in der sich solche musikalischen Entgleisungen halbwegs ertragen ließen, dann …
    »Ein Stern, der deinen Namen trägt.« Der soll am Firmament für immer verlöschen, DJ Ötzi, und Ewa, das verzeihe ich dir nie!

KAPITEL 17

    Erste Etappe geschafft. Und sie hatten überlebt. Zwei Prosecco-Flaschen später verließen sie endlich die Bude des Barden, der ihnen mit wachsender Begeisterung einen Ballermannsong nach dem anderen aufgenötigt hatte. Welch Banause, Brett vorm Kopf, der Holzfeld. Für die Hochzeit kauf ich mir Ohrenstöpsel. Egal. Momentan war die Grundstimmung gut. Vergnügt hüpfte Jule Stufe um Stufe hinab durchs schummrige Treppenhaus. Ewa hangelte sich am Geländer in gemäßigterem Tempo hinterher.
    »Bist du okay?« Jule stoppte am Ausgang. »Sag bloß, du merkst den Alkohol.«
    »Ich hasse Prosecco.«
    Schon klar. Alles unter vierzig Prozent ist widerliche Limo. Jule griff in ihre Handtasche. »Pfefferminzbonbon, Süße?«
    »Ja, bäh.«
    »Obacht, Fräulein. Diese Dinger sind fantastisch. Ätzen den Rachen frei, machen den Atem aprilfrisch und pusten die Birne durch. Ideal im Suff, glaub mir.«
    Ewa schielte unschlüssig zum grünverpackten Leckerli in Jules Hand und massierte sich die Stirn. »Spürst du nichts? Null? Ey, du hast mindestens das Doppelte gebechert.«
    »Blubber vertrag ich hervorragend. Los, nimm. Ist mein letzter«, sagte Jule. Ewa griff zu, beinahe schüchtern und wirkte geschmeichelt, als hätte Jule ihr soeben

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