Violett ist erst der Anfang
Mit Kondomen anscheinend nicht. Meine Fresse, sind das viele.« Jule rückte an ihrer Brille. Ihr Blick glitt über das Regal mit beschrifteten Fächern, in denen sich bunte Schachteln stapelten. »Verrückt. Alles extra. Extra lang, extra dünn, extra groß, extra feucht, extra … Tz. Aktverlängernd beschichtet. Also, das finde ich gewagt.«
»Wieso?« Ewa stellte sich neben sie. »Klingt nach mehr Spaß.«
»Von wegen. Beim Einpacken weißte doch nicht, ob der Herr einen guten Tag hat. Ja ne. Nicht jeder Akt ist es wert, verlängert zu werden und … ui. Gummis mit Geschmack. Farbig, aromatisiert, sechs Stück. Gar nicht mal so teuer und, äh, alles okay bei dir, Süße?«
»Einmal Erdbeer und nie wieder.«
»So schlimm?«
»Schlimmer. Das künstliche Pseudoaroma auf der Zunge, das …«
»Oh. Verstehe.« Taktvoll legte Jule die Packung zurück. »Dachte, das macht es netter. Im Kopf ein geiler Obstsalat, während man da so … äh, egal. Wäre ohnehin eher Ananasfan.«
»Wirklich?« In Ewas Augen leuchtete es auf. »Du, ich hab da ein echt scharfes Rezept. Hähnchen-Curry mit Ananas-Chutney. Magst du das? Dazu frischer Thymian. Mega! Soll ich uns das mal kochen?«
»Ich besorge den Wein?« Jule strahlte. »Gerne.«
»Krass. Weißt du, was ich jetzt erst checke?«
»Was, mein Schatz?«
»Überleg mal, wie viel Geld wir in Zukunft sparen, Jule.«
»Äh … weil wir zusammen essen?«
»Quatsch. Dieser Verhütungskram. Rein finanziell gesehen ist Frau mit Frau ideal. Keine Kondome mehr, keine …«
»Haha«, fiel Jule ihr ins Wort. »Freu dich nicht zu früh. Ich wette, das Spielzeug haut richtig rein.«
Ewa wirkte verwirrt. »Welches Spielzeug?«
»Ja was weiß denn ich? Aber Frauen brauchen doch … Ey, halt mich für doof, aber … So ohne Ding, was zum Geier machen zwei Frauen denn bitte die ganze Zeit miteinander?«
Ewa zuckte die Schultern. »Na, das Übliche. Denk ich.«
»Sag bitte nicht kuscheln, quatschen und fernsehen, Bogacz. Ich rede von Sex, nicht von Beziehung.«
»Hm. Tja. Keine Ahnung. Soll ich mal Bodo fragen?«
»Vergiss es!« Jule stieß sich von der Theke ab. »Wir sind erwachsen. Wir finden das selbst raus. Komm.«
Aufbruch zu neuen Ufern. Besser gesagt zu einem aufmerksamen Rechercherundgang durch die Regale. Gemächlich Schritt für Schritt, anders ließ sich das erotische Angebot nicht mitschneiden. Jule wusste nicht, wohin sie zuerst gucken sollte.
»Warte mal«, kam da von Ewa hinter ihr. »Wieso liegen hier abgetrennte Arme? Wir haben April. Halloween ist im Herbst.«
Hitze loderte Jule in die Wangen. »Ewa, die-diese Fausthand aus Gummi, also, soweit ich weiß, die-die muss kann soll dann, äh, wohin. Golfprinzip. Verstehst du?«
»Was?« Ewa riss die Augen auf. »Dieser Oschi? Aber-aber … au.« Zack, warf sie das Ding zurück ins Regal und wischte sich die Finger an ihrer Jeans längs. Gottchen, wie süß. Ein Lächeln umspielte Jules Mundwinkel und so zogen sie weiter. DVD-Abteilung.
»Sind das alles Pornos?«, raunte Ewa.
»Ne.« Jule zwinkerte. »Lehrfilme, Süße.«
»Hey, cool! Hier gibt’s auch was für Lesben. Äh … halt. Oh. Wenn die Postfrau zweimal züngelt. Alter, wie schlecht ist das denn bitteschön?«
Nicht schlechter als der Rest. Hurgx. »Halt mich für spießig, Ewa, aber mir wird übel. Die-Diese Bilder auf den Hüllen, also wer wem da wie was wohin …«
»Verstehe.« Ewa nahm ihre Hand. »Wollen wir weder wissen noch sehen. Komm.« Tja. Und wie weiter? Zögerlich trauten sie sich in die Spielzeugreihen. Mit dem nötigen Sicherheitsabstand inspizierten sie Verpackung um Verpackung.
»Verrückt.« Ewa gluckste. »Fast hätte ich das blaue Vibrator-Ding für Flipper gehalten.«
»Süße, es ist ein Delphin. So von der Form. Und der da, der …« Jule beugte sich tiefer. »Hat der Grübchen?«
»Deine sind schöner, Jule.«
»Danke. Aber pfiffig irgendwie. Findest du nicht? ›Hautfreundlich, abwaschbar, leistungsstark, ergonomisch geformt, acht Vibrationsstufen, für Anfängerinnen geeignet‹«, las Jule von der Verpackung vor. »Ach, guck. Und er heißt Paul.«
Ewa zog die Nase kraus.
»Was ist, Süße? Keine Lust auf Paul?«
»Nein.«
»Aha. Und warum?«
Ewa verdrehte die Augen. »Jule, das ist ein apfelgrüner Wurm, der vibriert. Juhu. Soll ich jetzt ekstatisch lossabbern oder was?«
»Verstehe.« Jule stellte die Packung zurück. »Überfordert dich alles, richtig?«
»Mensch ja! Ich will mir kein Plastik irgendwohin
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