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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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direkt auf der Reeperbahn. Eine Boutique, geräumig und lichtdurchflutet, ausgestattet mit erotischen Raffinessen.
    »Scheiße, Süße.« Jule blickte Frau B. hilfesuchend an. »Wir hätten es checken müssen bei dieser Adresse.«
    Wie festgefroren standen sie nebeneinander auf dem Gehweg vor dem Eingang. Ewa hatte die Hände tief in ihren Hosentaschen vergraben, Jule klammerte sich steif an den Griff ihrer Handtasche. Schon allein die Aufschrift auf der Schaufensterscheibe setzte ihr nervlich latent zu. Lack, Leder, Latex. Schweitzer, lauf lieber los.
    »Wer ahnt denn, dass Alicja uns in den Sexshop schickt?« Ewa ging zur Daumenkauerei über. »Warst du schon mal in einem?«
    »Ich?« Jule wusste nicht, ob sie entsetzt oder empört sein sollte.
    Ewa nickte. »Ich auch nicht.«
    »Echt? Bist du nicht öfters in Hamburg?«
    »Aber doch nicht in solchen Läden.«
    »Süße, müssen wir wirklich da rein?« Immer wieder ging Jules Blick zu den riesigen bunten Dildos aus schimmerndem Glas, die der ledertragenden Schaufensterpuppe zu Füßen lagen. Grundgütiger, lass es Deko sein. Die kriegt doch kein Schwein eingelocht.
    »Wenigstens einen Punkt auf der Rückseite sollten wir erledigen, Jule, sonst fällt unser Listenbeschiss auf.« Ewa stülpte sich ihre Kapuze über als plante sie Robin-Hood-mäßig den Raub des Jahrhunderts, yay, genoppte Gummis für alle, und marschierte los. Ganz devot huschte Jule hinterher und drin waren sie.
    Wie aufgeräumt das hier wirkte, wie überraschend unschmuddelig. Die durchgängig schwarze Decke hielt die große Verkaufsfläche optisch zusammen, auf der sich angestrahlte Regale mit gläsernen Vitrinen mischten. Gleich zur Rechten thronte der etwas erhöhte Kassenbereich, den Ewa ansteuerte. Sie räusperte sich, und der blonde Beachboy mit Augenbrauenpiercing und verwuschelten Fransen blickte lächelnd hinterm Tresen auf.
    »Kann ich helfen?«, fragte er und stoppte das Knistern mit durchsichtiger Folie, die er soeben um einen Präsentkorb wickelte.
    Alles Gute zum 40. Hochzeitstag, Omi und Opa. Hollywoodschaukeln sind out, viel Spaß mit der Liebesschaukel. Waaah …
    »Äh, ja …«, flüsterte Ewa. »Wir wollen … wir sollen …« Okay. Diese verklemmte Raunerei war too much. Das sah anscheinend auch die Bogacz ein. Weg mit der Kapuze und erneutes Räuspern. »Wir sollen vermutlich was abholen. Wir sind Freunde von … Alicja?«
    Sofort hellte sich Beachboys Miene auf. »Ja nice! Bodo. Hab ihr Päckchen schon fertig. Ist hinten. Kann nur leider gerade nicht weg. Habt ihr noch einen Moment?«
    »Logisch.« Ewa strahlte, sichtlich eingelullt vom jugendlichen Charme der Surfertype, die sich lässig zu ihr herüberbeugte. Sehr nah, verdammt nah.
    Zu nah! Ey, soll Ewa dein Preisschild lesen, du Bagger-Bodo?
    »Wenn ihr was findet, das euch gefällt«, nun raunte er. »Sagt Bescheid. Ich buche das auf mich. Gibt Mitarbeiterrabatt. Hat euch Alicja sicher erzählt, oder? Aber pssst.« Verschwörerisch zwinkerte er ihnen zu. »Und falls ihr Fragen habt zu irgendwelchen Toys, ich kenn mich aus.«
    »Alles klar.« Ewa zwinkerte zurück, und errötete. »Hast du gehört, Jule? Wir kriegen bei Bodo Rabatt.«
    »Super.« Knurr. Ich schlag auch gleich zu beim Toyboy.
    »Ein Päckchen für Alicja. Krass. Was da wohl drin ist?«
    »Fräulein, erspar mir jegliche Spekulation.« Lieber Gott, entferne bitte die Bilder vom stöhnenden Hansel auf strapsiger Dirn aus meinem Hirn. Amen.
    Schweigend verkrümelten sie sich an die andere Seite der L-förmigen Theke, warten und taten vollkommen entspannt. Jule kaute ihre Unterlippe kribbelig. Ewa wippte von einem Bein aufs andere und trommelte auf der Auslage aus Glas herum. Der Inhalt der Vitrine gab ihr anscheinend Rätsel auf.
    »Willst du drüber reden, Süße?«, fragte Jule schließlich.
    »Ich checks nicht. Warum verkaufen die in einem Sexshop Brillen fürs Solarium?«
    »Fräulein, das sind Liebeskugeln.«
    »Oh. Äh … Interessant.« Ewas Wangen glühten. »Und was können die so? Ich meine … äh, unwichtig.«
    Jule seufzte. »Okay, pass auf. Die beiden Boller da werden versenkt wie ein Tampon und dann schuckeln die in dir rum, bis du glücklich und rollig wirst. Kapiert?«
    »Und woher weißt du das?«
    »Gelesen. Frag mich nicht wo.« Abwehrend hob Jule die Arme. »Ey, jetzt guck nicht so. Ich hab keine.« Als dreißigjähriger Single biste dauerrollig ohne Hilfe, glaub mir.
    »Und womit kennst du dich sonst noch zufällig aus, Jule?«
    »Pfff.

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