Violett ist nicht das Ende
gehandelt, Wahnsinn. Banane? Oder mal abbeißen?«
»Nein. Hau rein.«
Und das tat Jule. So ein bisschen Affenfutter für den Alkohol-gepeinigten Magen, jup, das ging. Hervorragend sogar. Also genoss sie ihr Frühstück, faltete fein säuberlich die Schale, fahndete nach einem roten Mülleimer, unfassbar, keiner da, also kickte sie das Ding so beiläufig wie möglich unter Günthers Gemüsebüdchen und lächelte Grübchen, frisch gedopt mit Glückshormonen.
»Ist nett hier, richtig nett. Wohin jetzt, Süße?«
»Wie schwer ist denn der Korb? Kriegst du den überhaupt alleine getragen? Weil … dein Rücken …«
»Ich schaff das schon. Aber könntest du den Kleinen nehmen?«
»Klar. Gib mir die Leine.« Ewa streckte die Hand aus. »Stój!«
Was auch immer es hieß, es half … nichts. Kaum war die Leine von Jules Handgelenk, sprintete der Wuffi los und Ewa wie eine Irre hinterher. Jule folgte, angesichts der üppigen Obstfuhre eher schnaufend-gemächlich. Weit war es ja zum Glück nicht. Vor einem Metzgerstand kauerte der Kleine am Boden und legte die Ohren an. Kein Wunder, so wie Ewa auf ihn einschimpfte. Frauchen war sauer. Das begriff bei dieser Lautstärke auch jeder im Umkreis von zehn Metern, mindestens.
»Süße, beruhige dich«, wisperte Jule. »Alle gucken schon.«
»Mir scheißegal!«, brüllte Ewa. »Einfach losrennen, ich glaube, es klemmt. Früher hätte er das nicht gemacht. Niemals! Daran ist nur unser verdammtes Tratschweib Schuld. Die hat den voll verzogen, Alicja, diese …«
»Alicja?« Eine spindeldürre Tante mit Topfschnitt hinter der Theke hob den Kopf und ihre Miene hellte sich auf. »Uiuiui, sieh an. Hallihallöchen, mein Kleiner.«
»Äh … mein Kleiner?«, wiederholte Ewa.
»Bist du süßer Knuddelknuffelwuschel heute gar nicht mit deinem Frauchen unterwegs, was?«
»Das Frauchen bin ich und das ist mein Kleiner.«
»Tatsächlich? Momentchen, ich hol ihm sein Leckerli, feinifein«, sagte die singsangsäuselnde Topfschnitttante und schwupp, schon flog ein Würstchen durch die Luft. Wuffi fing es, vollkommen routiniert, kaute gierig, bemerkte dann wohl Ewas Blick, autsch, und so presste er sich wieder demütig als Häuflein Hund aufs Pflaster.
Ewa schnaubte. »Erst abhauen und dann eine Belohnung kriegen. Ich fass es nicht.«
»Ich check’s auch nicht so ganz.« Jule wandte sich an die spendable Marktfrau. »Sie kennen unseren Hund, weil … der öfters herkommt?«
»Genau, Herzchen. Alicja kauft in der Regel immer was. Ihr seid Freunde? Sekündchen, ich pack euch was Hübsches zusammen.«
Und ehe sie sich versahen, waren sie einen Zehner ärmer und ein Wurstpaket reicher. Tja. Mehr als weitermarschieren und Kopfschütteln war irgendwie nicht drin.
»Süße, kapierst du das?«
»Ne, Jule, wirklich nicht.«
»Wer zum Henker ist Alicja?« Wäre wichtig fürs Denkmal. Meißeln wir als Inschrift Polin oder Patin rein?
Ewa zuckte die Schultern. »Durch ihr Eventzeug hat sie viele Kontakte, schon klar. Aber diese Nummer hier ist krass. Überall Freundschaftspreise und kaum fällt der Namen Alicja, dann …«
»Alicja?«
Nein, wie schön. Auch an diesem Stand kannte man die Gutemine und ratzfatz gab’s vom Käse-Kurt eine geballte Ladung Feinkost. Für Freunde und für einen Zehner, versteht sich. Am Wagen mit den holländischen Süßwaren identifizierte man den Kleinen als den Kleinen. Dafür bekam Ewa eine randvoll bepackte Tüte mit Schoki, Keksen und mehr. Den Zehner war das allemal wert, so unter Freunden. Bei jedem Fischstand zog Jule vorsichtshalber desinteressiert die Rübe ein. Half nur leider nichts.
»Ran, ihr Hübschen, ran«, röhrte ein Verkäufer aus seiner Bude über den Platz. »Bei mir gibt’s was Geiles umsonst.«
Jule schluckte angeekelt. Diese geräucherten, fetten Meerschlangen da auf fast nüchternen Magen und vor dem ersten Kaffee, hurgx, das war schon allein fürs Auge schwer zu verdauen. Eine Gratisprobe? Wurde nicht gewünscht, ihnen aber trotzdem überschwänglich in die Hand gedrückt. Auch Ewa zögerte, drehte das Stückchen Aalfleisch in ihren Fingern und schien mit ihrem Würgereflex zu kämpfen. Genauso wie Jule.
»Fangfrisch. Nicht so schüchtern, beißt rein.«
»Ich mag keinen Aal jetzt, be-besten … äh, Dank«, stotterte Jule und nett, obendrein mit Grübchen. Und by the way: Ich kotz hier zeitnah in die nächste Hafenrinne.
»Nun komm schon, Schätzchen, zier dich nicht so.« Der aufgedunsene Fisch-Fritze blieb hartnäckig und
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