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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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sprengen.«
    Jetzt hingen alle an seinen Lippen. »Mit etwas Glück und ein wenig Verhandlungsgeschick könnten wir freies Geleit zur Grenze erhalten und so diesem Verräternest entkommen. Aber während Argumente und Drohungen hin und her gehen, hat Gehellen reichlich Zeit, seine Schiffe bestmöglich zu stationieren. Und wir müssen jede Hoffnung aufgeben, Leaf’s Choir zu erreichen.«
    »Dann haben sie gesiegt!«, klagte ein Stabsoffizier.
    »Aber wir haben unsere Männer wieder.«
    Alle machten betretene Gesichter. »Wenn wir andererseits«, fuhr Chaison fort, »die Nachzügler zurücklassen, können wir direkt Kurs auf den Choir nehmen. Die Gehellesen werden uns nachsetzen, und es könnte unterwegs zum Kampf kommen, aber wenn wir mit Höchstgeschwindigkeit fliegen, ist das Sargassum nur eine oder zwei Stunden entfernt. Wenn wir erst eingedrungen sind, können wir uns verstecken - und uns auf die Suche nach unserem Zielobjekt machen.«
    Die Tür ging auf, und Aubri Mahallan trat ein. Der Wind hatte sich beim Sturz in ihren Haremshosen verfangen und sie aufgerissen, ihr Haar war wild zerzaust, und ihre Augen waren gerötet - aber sie wirkte ruhig und gelassen. Sie überreichte Chaison eine Ledermappe. »Nach Auswertung der Karten, die wir in der Bibliothek gefunden haben, müsste der Schatz etwa in diesem Bereich liegen«, sagte sie.
    Chaison schlug die Mappe auf. Alle Blicke ruhten auf ihm. Er bemerkte es und lächelte. »Es scheint«,
sagte er, »als wüssten wir alle, was wir zu tun haben. Vielleicht können wir unsere Männer später nach Hause holen, wenn wir den Gehellesen einen Teil der Schätze anbieten. Möchte jemand von den Anwesenden darauf sein Ehrenwort verpfänden?«
    Alle riefen: »Ja!« - alle bis auf Richard Reiss. Der ließ nur den Kopf hängen.
    »Gut!«, sagte Chaison befriedigt. »Machen Sie der übrigen Besatzung das gleiche Angebot, und dann setzen Sie diese Schiffe in Marsch! Wir fliegen mit Höchstgeschwindigkeit, alle Hindernisse werden mit Raketen aus dem Weg geräumt - und es sind Vorbereitungen zu treffen, um für den Eintritt ins Sargassum alles dicht zu machen!«
    Ohrenbetäubender Jubel erfüllte den kleinen Raum.
     
    Hayden hielt sich an den Griffen neben einem Bullauge fest und starrte in die Dunkelheit hinaus. Candesces Schein war fast erloschen, als die Krähe und ihre Schwestern an den letzten Hängetürmen der Stadt vorbei nach oben stiegen. Der Himmel in seiner lilarosafarbenen Pracht schien unendlich, nur die glitzernden Lichter unzähliger Häuser und Habitate störten die perfekte Symmetrie. Im Luftraum wimmelte es von Seilstraßen, Navigationsfeuern und riesigen, weit gespannten Farmnetzen. Dazwischen tummelten sich Schwärme von Fischen und Vögeln. Die Schiffe nahmen auf diese Hindernisse keine Rücksicht, sie flogen mit wachsender Beschleunigung in den Abend hinein und nahmen selbst verhängnisvolle Kollisionen mit Steinen, Wasser oder Bäumen ungerührt in Kauf. Der gesamte Heimatschutz der gehellesischen Flotte jagte
mit kreischenden Triebwerken und kaum vorsichtiger hinter ihnen her.
    Weit in der Ferne bedeckte, etwas abgemildert durch die abendlichen Farben, ein riesiger schwarzer Schmutzfleck volle dreißig Grad des Himmels. Das Sargassum von Leaf’s Choir schluckte alles Licht, das darauf fiel, und warf seinen indigoblauen Schatten über Hunderte von Kilometern Luftraum. Um die wichtige Winterzone, die dieser Schatten entstehen ließ, waren kleinere Kriege entbrannt; eine Minderheit von Candesce Prinzipalitäten sprach sich dafür aus, Leaf’s Choir in die Sonne zu schleppen und dort vollends verglühen zu lassen. Die Mehrheit war entsetzt von der Vorstellung, die Erste Sonne in so viel Asche zu ersticken, und prophezeite eine lange Nacht mit schrecklichen Folgen, wenn die gereinigten Reste ausgeschleudert würden. Der Streit, was mit dem Choir geschehen sollte, ging seit Jahrhunderten hin und her.
    Niemand hatte jemals ernsthaft den Vorschlag gemacht, Leaf’s Choir in die andere Richtung, also in die äußeren Bereiche des Winters zu schicken. Das Sargassum bei den Barbaren zu entsorgen, hätte das Andenken an eine der größten Nationen Candesces zu sehr beschmutzt.
    Chaison Fannings Vorstellungen zum Trotz war es ausgeschlossen, dass der Expeditionstrupp den Choir in nur zwei Stunden erreichte. Die Dunkelheit und der dichte Verkehr zwangen die Schiffe, ihre Geschwindigkeit zu drosseln und Umwege oder unvorhergesehene Manöver zu fliegen. Bald tauchten

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