Virga 01 - Planet der Sonnen
Hand. Sie zog ihn mit sich aus dem Fenster, und die Bibliothek, der Palast und Gehellens Regierungs-Habitat entfernten sich mit rasender Geschwindigkeit nach oben.
17
Fauchende Bikes zogen Nebelfahnen durch die Stadt hinter sich her. Chaison Fanning erwartete jeden Moment, von einer Kugel getroffen zu werden; er konzentrierte sich darauf, die Ecken der roten Gardine festzuhalten, die ihm aus den Händen gerissen zu werden drohten. So dicht an einem Habitatrad gab es aus Sicherheitsgründen gewöhnlich eine gebäudefreie Zone; wenn er das Tuch nicht verlor, konnte er vielleicht auf eine annehmbare Geschwindigkeit abbremsen, bevor er gegen ein Fenster im schwerelosen Teil der Stadt geschleudert wurde.
Der nietenbesetzte eiserne Unterleib des Palast-Habitats entfernte sich beängstigend schnell, aber er sah keine Rauchwölkchen, die angezeigt hätten, dass seine Leute beschossen wurden. Mehr noch, er hörte auch keine Schüsse mehr, nur die Bikes und das Knattern des Windes.
Ein Bike glitt durch die Luft auf ihn zu. Das ist das Ende, dachte er. Doch als der kanisterförmige Jet die letzten Meter überwand, und sich seinem Sturz anpasste, sah er an der Seite das Wappen von Slipstream. Der Flieger beugte sich vor und streckte ihm die flache Hand entgegen.
Chaison ließ das widerspenstige Tuch los und griff zu. Es dauerte eine Weile, bis er die Hand zu fassen bekam, doch dann saß er, ehe er sich versah, rittlings auf dem heißen Metallzylinder und klammerte sich krampfhaft daran fest, bis es ihm gelang, die Füße in die Bügel zu stecken.
Wo er auch hinschaute, wurden Offiziere von Bikes aufgelesen. Er erkannte sogar Venera an der Farbe ihrer Kleidung, sie hatte die Arme um die Taille ihres Retters geschlungen. Etwas weiter entfernt - zwischen den Bikes und der bizarren Silhouette der Stadt - kreisten sechs angeschlagene Kreuzer.
Er schlug dem Flieger auf die Schulter. »Zur Krähe , wenn es sich machen lässt!«
»Zu Befehl, Sir.« Der Mann beugte sich vor, und das Bike schoss davon. »Das ist eine wirklich schöne Ausgehuniform, wenn ich das sagen darf.«
»Einer der Vorzüge, wenn man es bis zum Admiral schafft«, schrie Chaison über den Wind hinweg.
»Tatsächlich? Was kriegt man sonst noch?«
»Kopfschmerzen!«
Chaison hatte ein paar Sekunden Zeit, um sich ein Bild von der taktischen Lage zu machen. Gleich hinter den Slipstream-Schiffen spielte eine ganze Flotte von Bikes, Kuttern und Jagdbooten Nähmaschine. Und in der Werft lösten sich mindestens ein Dutzend Kampfschiffe von ihren Liegeplätzen. Aber bisher war noch kein Schuss gefallen.
»Sie haben Angst, wir könnten ihre Stadt in die Luft jagen«, sagte er. Tatsächlich waren alle Raketenschächte der Slipstreamer geöffnet und die Raketenwerfer ausgerichtet. Einige zielten auf den Palast.
Ein Lächeln erschien auf Chaisons Gesicht.
Das Bike setzte ihn am heimischen Hangar ab; als ihm die Lukenmannschaft beim Absteigen half, starrten ihn die Leute an, als wäre er von den Toten auferstanden. »Alle Stabsoffiziere sofort nach Ankunft auf die Brücke!«, befahl er. »Fertig machen zum Ablegen!«
Es war unmöglich, dass alle es geschafft hatten, an Bord zu kommen. Wenn die Kämpfe an den Dockanlagen so gelaufen waren, wie es den Anschein gehabt hatte, könnte beim Start eine größere Gruppe von Slipstreamern zurückgeblieben sein. In diesem Fall hätte Chaison eine schwere Entscheidung zu treffen, und darüber dachte er bedrückt nach, während er sich Hand über Hand zur Brücke zog.
»Admiral auf der Brücke!« Ohne die Jubelrufe der Besatzung zu beachten, ließ er sich auf dem Kommandosessel nieder und schnallte sich an. Dort saß er und starrte finster vor sich hin, während nacheinander verwundete Offiziere eintrudelten, aufgeregt lachend und rufend und einander umarmend. Erstaunt sah er, dass auch Travis darunter war, er war bleich und hielt sich den verletzten Arm, schien aber sonst wohlauf.
Botschafter Reiss kam als Letzter. Er stand sichtlich unter Schock.
»Alles herhören!« Chaison schlug mit der Hand auf die Armlehne seines Sessels, um sich Gehör zu verschaffen. »Wir müssen eine wichtige Entscheidung treffen und haben dafür etwa eine Minute Zeit. Soviel ich weiß, sind einige von unseren Männern noch an den Docks, oder sie sind irgendwo in der Stadt gelandet, wenn die Bikes sie nicht rechtzeitig erreichen konnten. Wir können sie aufnehmen, wenn wir hier
Stellung beziehen und drohen, den Palast von Gehellen in die Luft zu
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