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Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Titel: Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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»Für mich ergibt das keinerlei Sinn.«
     
    Zoe fragte Wendy: »Warum sollte dein Vater sie umgebracht haben? Um dich bei sich zu behalten?«
    Wendy nickte. »Die einzigen Menschen, die mein Dad je geliebt hat, sind meine Mutter und ich. Und vielleicht noch der Deuce. Das hat er mir hundert Mal gesagt. Er ist fast durchgedreht, als sie ihn verlassen hat. Er meint, ich sei wie sie.«
    »Ihr Vater hat Sie nie …?« Virgil sprach den Rest des Satzes – »sexuell belästigt« – nicht aus.
    »Nein, nie«, antwortete Wendy.
    »Wirklich nie?«
    »Nein. Mit zwölf oder dreizehn hatte ich mal ein schlechtes Gefühl, als ob er mich beobachtet oder so, und ich hab aufgepasst, aber es ist nie was passiert.«
    »Und der Deuce?«
    Sie lächelte wehmütig. »Der hat mir gern nachspioniert. Wenn ich aus dem Bad gekommen bin, hat er durchs Fenster geschaut. Das hat mir nichts ausgemacht, weil er mir nie zu nahe gekommen ist. Er ist sehr schüchtern.«
    »Wie ist das Verhältnis Ihres Vaters zum Deuce? Er scheint uns auf seine Spur lenken zu wollen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Er hat uns beide versohlt, weil er an Disziplin glaubt. Mom ist dazwischengegangen … Als sie weg war, hat er den Deuce etliche Male ziemlich übel verprügelt. Vor ein paar Jahren hat der Deuce dann angefangen, sich zu wehren, und irgendwann wurde er zu stark für Dad.«
     
    »Hat Ihr Vater Sie jemals gebeten, nicht zu gehen?«, fragte
    Virgil.
    Sie nickte. »Ja. Er kommt aus einer richtig armen Familie. Sein Bruder ist jung gestorben, wohl an Herzproblemen, aber Dads Meinung nach hing es damit zusammen, dass er als Kind nicht genug zu essen bekommen hat. Es gab damals so ein staatliches Hilfsprogramm; die Leute erhielten von der Regierung Erdnussbutter, Schmalz und so was. Den Überschuss von Farmern. Dad sagt, es hätte Monate gegeben, in denen sie morgens, mittags und abends Erdnussbutter gegessen hätten. Heute erträgt er nicht mal mehr den Geruch.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte Virgil.
    Sie nickte. »Nach der Highschool hat er in einem Sickergrubenunternehmen gearbeitet, und anschließend ist er zum Militär, wo er den Umgang mit schwerem Gerät gelernt hat. In den sechs Jahren hat er jeden Cent gespart. Hinterher hat er eine Anzahlung für einen Bobcat geleistet und … gearbeitet und gearbeitet, bis er Mom begegnet ist und sie geheiratet haben. Mom hat dann auch geschuftet, bis das Geschäft endlich lief. Er hält den Deuce nicht für fähig, es zu führen; das soll ich machen. Er meint, wenn ich nach Nashville oder sonst wohin abdampfe, ist das Unternehmen …« Sie zuckte die Achseln.
    »… im Arsch«, führte Zoe den Satz für sie zu Ende.
    »Das ist nicht witzig«, herrschte Wendy sie an und sagte zu Virgil: »Aber ich hab keinen Bock drauf. Ich will nicht mein Leben lang mit einem Scheiß-Bobcat rumfahren oder die Büroarbeit für irgendwelche Hinterwäldler erledigen.«
     
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte Virgil.
    »Weil man Dad aufhalten sollte, wenn er’s wirklich war«, antwortete Wendy. »Der Deuce kann einfach nicht anders; er ist, wie er ist. Dad hat ihn dazu gemacht. Als Mom mit Hector durchgebrannt ist, hab ich mich um den Deuce kümmern müssen wie eine Mutter. Ich hab mich zwischen ihn und Dad gestellt, so gut es ging.«
    »Der Deuce ist was? Vier oder fünf Jahre jünger als Sie?«
    »Sieben. Das Gefängnis wäre sein Tod. Er würde es nicht aushalten, wie in einem Käfig eingesperrt zu sein. Leute machen sich gern lustig über ihn. Im Gefängnis würde er eingehen oder umgebracht werden. Das ist einfach nicht gerecht, wenn er’s nicht war.«
    »Stimmt«, pflichtete Virgil ihr bei, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wenn Slibe der Mörder war und der Deuce unschuldig, hatten sie ein Riesenproblem. Sobald jemand wegen eines Verbrechens verhaftet wurde, war es nahezu unmöglich, einen anderen ohne hieb- und stichfeste Beweise dafür zu verurteilen. Der Verteidiger würde immer wieder auf die erste Festnahme zurückkommen: »Warum haben Sie vor zwei Tagen Y verhaftet, wenn Sie jetzt so sicher sind, dass X schuldig ist?«
    Möglicherweise konnten sie das Problem umschiffen, weil die beiden Verdächtigen eng verwandt waren und dieselben Beweise auf beide hindeuteten, aber es würde schwierig werden.
    Virgil öffnete die Augen und fragte Wendy: »Was wäre, wenn Sie Ihrem Vater erklären, Sie hätten ihn in seinem Truck gesehen, er jedoch behauptet, er sei nicht dort gewesen,

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