Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
sondern bei irgendeinem Freund?«
»Dann würde ich ihm das wahrscheinlich abkaufen. Besonders wenn dieser Freund seine Aussage bestätigt. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, dass es Dads Truck war.«
»Oh, Mann«, sagte Virgil und beugte sich vor. »Was halten Sie von der Idee, sich verkabeln zu lassen und ihm so ausgestattet auf den Kopf zuzusagen, dass er Erica umgebracht hat? Zu schauen, wie er reagiert, wenn Sie ihm mitteilen, Sie hätten seinen Truck gesehen? Wir könnten vor der Tür warten, für den Fall, dass er ausrastet.«
»Gott …« Sie strich sich mit den Fingern durch die Haare. »Das wäre Verrat an ihm; das würde er mir nie verzeihen, auch nicht, wenn er unschuldig wäre. Moms Verrat hat er nie verkraftet. Er hat nur noch geschuftet, den Garten gemacht, geputzt, für uns Kinder gekocht. Er ist schlafen gegangen, aufgestanden … und am nächsten Tag wieder alles auf Anfang.«
»Was anderes als Verkabeln fällt mir im Moment nicht ein«, gestand Virgil. »Insbesondere dann, wenn sich das Blut als das von Jud Windrow entpuppt. Das würde auf den Deuce hindeuten. Eins noch: Eine Karriere im Musikgeschäft rückt in ziemlich weite Ferne, wenn sich rausstellt, dass Ihr alter Herr alle umbringt, die Ihnen dazu verhelfen wollen.«
»Ich muss nachdenken«, sagte Wendy.
»Tun Sie das, aber lassen Sie sich nicht zu viel Zeit.«
»Wir sollten darüber reden«, sagte Zoe zu Wendy. »Virgil vor die Tür setzen und allein darüber diskutieren.«
Virgil, der erwartete, dass es eine Weile dauern würde, rief den Sheriff an und bat ihn um zwei Deputies. »Ich möchte mit Slibe sprechen und wäre dabei nicht gern allein.«
»Das kann ich verstehen, nachdem sein Sohn so übel zugerichtet wurde«, sagte Sanders. »Ich bin wieder in Bigfork. Schauen Sie bei mir im Büro vorbei; die Leute werden dort auf Sie warten.«
Virgil fuhr mit den zwei Deputies zu Slibe hinaus. Die Hunde waren gefüttert, aber im Haus, im Loft und im Wohnwagen hielt sich niemand auf, und auch Slibes Truck war nicht da.
Als Virgil Zoe anrief, um von ihr zu erfahren, zu welchem Entschluss sie hinsichtlich der Verkabelung gekommen waren, antwortete Zoe: »Schlechte Nachrichten. Slibe hat sich gemeldet; sie trifft sich mit ihm.«
»Sie trifft sich mit ihm? Zoe, wenn er der Täter ist, und sie sind allein …«
»Sie haben sich in Dick Raabs Büro verabredet«, teilte Zoe ihm mit.
»Wer ist das?«
»Ein Anwalt. Vermutlich der beste der Stadt. Slibe hat ihr gesagt, es wird Zeit, den Mund zu halten, der Familie wegen.«
»Das hat mir gerade noch gefehlt«, stöhnte Virgil.
»Wissen Sie was?«, fragte Zoe. »Ich glaube, Wendy mag mich wieder.«
»Tatsächlich …«
Virgil rief Sanders an, um ihm zu sagen, dass sie sich mit Phillips, dem Bezirksstaatsanwalt, zusammensetzen müssten.
»Gibt’s Probleme?«, erkundigte sich Sanders.
»Möglicherweise.«
Sie trafen sich in Sanders’ Büro. Phillips wirkte alles andere als glücklich; ein älterer Mann saß mit bemüht neutraler Miene in einer Ecke.
»Bob sagt, es könnte Schwierigkeiten geben«, stellte Phillips fest, als Virgil eintrat.
Sanders nickte Virgil zu und deutete auf den älteren Mann. »Das ist mein Dad, Ken Sanders. Er war vor mir hier Sheriff. Die Hälfte der hiesigen Bevölkerung glaubt, er wär’s immer noch.«
Virgil und Ken Sanders begrüßten einander per Handschlag, dann setzte sich Virgil und erklärte: »Ich habe mit Wendy Ashbach gesprochen. Sie hält den Deuce nicht für den Schuldigen, sondern eher ihren alten Herrn.«
Er erzählte ihnen von der Diskussion mit Zoe und Wendy, von Slibes Anruf und der Verabredung mit Dick Raab, dem Anwalt. Ken Sanders wirkte skeptisch, während sein Sohn und Phillips einem Schlaganfall nahe zu sein schienen.
»Das sagt sie uns jetzt?«, explodierte Phillips. »Nachdem eine weitere Frau angeschossen wurde, ein Mann verschwunden und ihr Bruder schwer verletzt ist?«
»Slibe ist ihr Vater«, erklärte Ken Sanders. »Außer ihm und ihrem Bruder hat sie niemanden. Sie wollte ihn schützen.«
»Wenn sie die Wahrheit sagt, ist ihr Vater das größte Arschloch im nördlichen Minnesota«, stellte Virgil fest. »Der würde sogar seinem eigenen Sohn was anhängen.«
»Was, wenn sie lügt?«, fragte Bob Sanders. »Was, wenn sie von ihrem Bruder ablenken will? Oder von sich selbst? Haben Sie seit der Schießerei mit ihrem Vater gesprochen?«
»Nein, nein, nein. Es ist doch alles glasklar«, sagte Phillips, der
Weitere Kostenlose Bücher