Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
Kopf. »Keine Ahnung. Warum sollte jemand ein Problem damit gehabt haben? Das wäre doch toll gewesen.«
»Jetzt wollte eine andere Frau Wendy eine Möglichkeit eröffnen, und auch sie wurde ermordet.«
»Stimmt.«
»War Constance Lifry lesbisch?«
»Ich glaube schon. Ich hab sie nie persönlich kennengelernt. Sie wäre mir zu alt gewesen. Aber ich hab’s gehört.«
»Von wem?«
»Weiß ich nicht mehr. Vielleicht von Wendy. Ich möchte niemanden in Schwierigkeiten bringen.«
»Okay. Sie war also genau wie Erica McDill einflussreich, lesbisch und im Eagle Nest untergebracht.«
»Sie hat mit Wendy über die Band gesprochen und das Wild Goose besucht. Und ist ermordet worden.«
»Ja, allerdings erst eine ganze Weile, nachdem sie hier gewesen war«, erklärte Zoe.
»Warum haben Sie mir das nicht schon früher gesagt?«
Sie sah ihn mit tränennassen Augen an. »Weil ich Angst hatte, dass die Presse das Ganze als perverse Lesbenstory ausschlachtet und das Eagle Nest ruiniert. Margery hat ihr Leben lang gearbeitet, um die Lodge aufzubauen, und wenn sich herumspricht, dass sich dort Mörder rumtreiben … Verstehen Sie?«
»Nein. Früher oder später hätte ich es sowieso rausgefunden. Ihr Schweigen hat die Sache lediglich ein paar Tage rausgezögert. Und die Spur ist nicht mehr ganz so heiß.«
»Tut mir leid«, sagte sie. »Tut mir wirklich leid.«
Virgil rief Davenport an, erzählte ihm, was sich ereignet hatte, und erklärte: »Ich muss nach Iowa City. Es gibt keine Fluggesellschaft, die mich schneller hinbringen würde als ein Wagen, aber die Fahrt dauert neun Stunden, und ich will keine neun Stunden hin und wieder neun Stunden zurück am Steuer sitzen. Kann ich einen Flieger mieten? Der kostet vielleicht einen Tausender.«
»Ist das wirklich nötig?«
»Ja«, antwortete Virgil.
»Weißt du was? Fahr hierher, quartier dich in einem Motel ein, und ich sage Doug Wayne, dass er dich morgen früh hinfliegen soll. Nenn mir eine Uhrzeit.«
Wayne war von der Highway Patrol und hatte Virgil schon öfter geflogen. Virgil warf einen Blick auf seine Uhr, rechnete hoch und antwortete: »Sieben Uhr morgen früh in St. Paul.«
»Ich hänge mich gleich an die Strippe. Bist du in Grand Rapids?«, erkundigte sich Davenport.
»Ja.«
»Okay, dann bist du gegen zwei hier. Fünf Stunden Schlaf. Reicht dir das?«
»Ja. Sag den Leuten von der Highway Patrol, dass ich die I-35 mit Blaulicht fahre. Dann kann ich noch eine halbe Stunde Schlaf mehr rausschinden.«
»Okay. Ich melde mich, um das zu bestätigen.«
Zoe bot Virgil an, er könne das Boot bei ihr in der Auffahrt abstellen. Als das erledigt war, fuhr er zurück zum Motel, bat den Mann an der Rezeption, das Zimmer für ihn freizuhalten, holte seinen Matchsack und brach auf. Davenport rief an, als er gerade den Wagen aus dem Parkplatz lenkte.
»Alles klar. Aber pass auf, dass du kein Reh überfährst, sonst gibt’s Ärger. Du hast dein Boot nicht dabei, oder?«
»Nein. Warum so misstrauisch?«
»Weil du für mich arbeitest. Ich habe mit Doug gesprochen; er steht um sieben mit der Maschine für dich bereit.«
Virgil fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch die sternenklare Nacht, vorbei an Dörfern und kleinen Orten, an Blackberry, Warba, Swan River, Wawina, Floodwood und Gowan zum Highway 33, in südlicher Richtung zur I-35, dann die I-35 entlang, bis er um ein Uhr nachts Minneapolis erreichte. Er schlief im Radisson University, wo er einen Weckruf für halb sieben bestellte.
In jener Nacht dachte er nur kurz über Gott nach.
Wayne trug seinen Fliegeroverall, las in einem Walter-Mosley-Taschenbuch und mampfte einen Erdnussbutterkeks. Als Virgil mit fünf Minuten Verspätung zu ihm stieß, begrüßte Wayne ihn mit einem lakonischen: »Los geht’s.«
Zehn Minuten später waren sie in der Luft, unterwegs zu einem Flughafen südlich von Cedar Rapids. Die Hertz-Agentur hatte zugesagt, dort einen Chevy Impala für Virgil bereitzuhalten.
»Erzähl mir, was passiert ist, seit ich dich das letzte Mal geflogen habe«, forderte Wayne Virgil auf.
Virgil berichtete ihm von der Schießerei in International Falls, wie der Hinterhalt organisiert gewesen war, von den Vietnamesen und dem Schusswechsel in der Morgendämmerung.
»Alle waren ganz schön stolz auf euch«, sagte Wayne. »Wir haben über nichts anderes mehr geredet. Ein echtes Nordvietnamesen-Kommando, und ihr habt sie plattgemacht.«
»Zu dem Zeitpunkt war ich überhaupt nicht stolz«, erklärte
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