Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
Blutungen auftreten, und um das festzustellen, sind bessere bildgebende Verfahren nötig.«
»Wie schlimm steht es?«
»Ernst, aber niemand glaubt, dass sie stirbt. Sie ist ziemlich zäh.«
Virgil klopfte an Zoes Tür, doch es war niemand zu Hause. Er rief beim Sheriff an und erbat ihre Büroadresse und eine Wegbeschreibung. Wenig später erreichte er Zoes Büro am Ende einer Einkaufspassage.
In einem Zimmer mit einem halben Dutzend bequemer Stühle und Fachzeitschriften warteten zwei Mandanten. Eine Sekretärin am Empfang teilte Virgil mit, dass Zoe gerade im Kundengespräch sei. Sie besaß eine größere Kanzlei, als Virgil vermutet hatte.
Virgil nannte der Sekretärin seinen Namen und fragte: »Könnten Sie ihr sagen, dass ich kurz mit ihr sprechen muss? Es ist dringend.«
Die Sekretärin klopfte widerwillig an die letzte Tür, trat ein und kehrte kurz darauf zurück. »Sie kommt gleich.«
Als Zoe sich wenig später zu ihm gesellte, nickte Virgil zur Tür, und sie gingen hinaus.
»Was ist los?«, fragte Zoe.
»Warum haben Sie nicht erwähnt, dass Erica McDill wie Sie das Eagle Nest erwerben wollte?«
»Weil das nichts mit dem Mord zu tun hat und die Sache nur komplizierter gemacht hätte. Außerdem war es Erica nicht ernst. Als Margery ihr gesagt hat, dass sie vielleicht verkaufen würde, hat sie ihr Interesse bekundet. Aber sie ist nicht darauf zurückgekommen und hat keine ernsthaften Fragen dazu gestellt.«
»Das hätte ich erfahren müssen, Zoe.«
»Warum? Es lenkt nur vom eigentlichen Fall ab und hat nichts mit diesen Morden zu tun«, wiederholte sie.
»Hier sind ein paar Millionen Dollar im Spiel. Das reicht als Motivation für einen Mord. Margerys Tochter und deren Mann wollen, dass Margery weitermacht, weil sie glauben, dass die Lodge mehr Geld bringt, wenn wir aus der Krise raus sind. Die Angelegenheit liegt ihnen am Herzen; sie erben vermutlich irgendwann. Es geht also nicht bloß um Sie.«
»Sie glauben doch nicht etwa, dass Iris und Earl jemanden umbringen würden, um den Verkauf zu verhindern?«
»Woher soll ich das wissen? Ich kenne Earl nicht. Und Iris auch nicht«, antwortete Virgil. »Ich weiß lediglich, dass Erica McDill erschossen und bei Ihnen eingebrochen wurde. Ich muss die beiden unter die Lupe nehmen – und bevor ich das tun kann, sollte ich mehr über sie erfahren.«
Sie nickte. »Okay, war dumm von mir. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das wichtig ist. Ericas Angebot war nicht ernst gemeint … Es tut mir leid.«
»Gibt es noch andere Dinge, die Sie nicht für wichtig halten, die ich aber trotzdem wissen sollte?«
»Nein, nichts. Mein Gott. Einen Moment hatte ich geglaubt, ich stehe wieder auf der Liste der Verdächtigen.«
»Von der hab ich Sie nie gestrichen«, sagte Virgil und schüttelte den Kopf.
Mapes rief an, um Virgil mitzuteilen, dass das Gewehr mit einem Highway Patrolman unterwegs nach Grand Rapids sei. »Er ist vor zehn Minuten hier weggefahren und wird mehr als eine Stunde brauchen, um zu Ihnen zu kommen. Er hinterlegt die Waffe im Büro des Sheriffs.«
»Danke. Ich brauche sie, um noch mal bei Ashbach aufkreuzen zu können.«
»Schäbiges Ding, ziemlich oft benutzt. Unser Waffenspezialist hat es auf dem Schießplatz abgefeuert und auf eine Zielentfernung von hundert Metern keine Treffgenauigkeit von zehn Zentimetern erreichen können. Taugt wahrscheinlich bloß zur Selbstverteidigung.«
Eine Stunde Zeit.
Virgil würde sich ein Mittagessen gönnen, dann das Gewehr holen und sich auf den Weg zu Slibe machen. Etwas an dem Fall schien ihn immer wieder zu Wendy und ihrer Band, ihrem Vater und ihrem Bruder zu ziehen.
Er fuhr auf dem Highway zu einem McDonald’s, wo er einen Anruf von Johnson Johnson erhielt, der nach Hause zurückgekehrt war: »Ich war noch mal einen Tag zum Angeln auf dem See, hab aber keinen Fisch gesehen. Hast du den Fall gelöst?«
»Noch nicht.«
»Ich hab mir Folgendes gedacht: Wenn sie dir schon diesen Urlaub verhagelt haben, könntest du doch im Herbst auf die Bahamas mitkommen. Da brauchst du bloß ’nen String-Tanga.«
»Johnson, die Chancen, mich im String-Tanga zu erleben, stehen ungefähr so gut wie die, dass du mit einer hübschen Frau im Bett landest.«
»Hey, ich war mit vielen hübschen Frauen im Bett.«
»Nenn mir eine.«
Langes Schweigen. »Muss die Frau unbedingt hübsch sein?«
Virgil lachte. »Johnson, ich ruf dich an, sobald ich zurück bin. Ich komme mit. So eine Scheiße können sie mir
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