Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
geschafft. Denken Sie nach! Was haben Sie hinterher gemacht?«
»Ich bin rüber zu Donaldson’s, was essen. Wie Sig koche ich nicht oft. Und dann … lassen Sie mich überlegen.« Sie lehnte sich zurück. »Ich hab was gegessen … Aber zuvor war ich bei Gables und hab mir eine Zeitschrift gekauft. Ich lese gern beim Essen. Anschließend habe ich getankt.«
»Und mit Kreditkarte gezahlt?«
»Ja.«
»Das war so gegen sechs?«
»Ja, vielleicht auch ein bisschen später, weil ich hier möglicherweise nicht Punkt fünf weggekommen bin. Das ist selten der Fall. Lassen Sie mich weiter nachdenken …«
Sie schloss die Augen. Nach einer Weile sagte sie: »Ich erinnere mich, dass ich mich an dem Abend von Mabel verabschiedet habe. Sie ist reingekommen, um mir was zu erzählen … hm … Was, weiß ich nicht mehr. Irgendwas Privates. Dann habe ich gearbeitet. Mabel geht um fünf- sie ist nicht nur Buchhalterin, sondern auch für den Empfang zuständig und macht um fünf die Schotten dicht. Mit ziemlicher Sicherheit habe ich frühestens um zwanzig nach fünf aufgehört. Es könnte also Viertel nach oder sogar zwanzig nach sechs gewesen sein, als ich beim Tanken war. Ich zahle alles mit Kreditkarte, des Belegs wegen. Das machen die meisten Buchhalter. Kommen Sie. fahren wir wieder zu mir nach Hause.«
Sie trafen um drei Uhr bei ihr ein. Zoe ging Virgil voran ins Haus, vorbei an einem winzigen Büro mit einem Aktenschrank und zu einer Kammer. Darin befanden sich mit den jeweiligen Jahren gekennzeichnete, bis 2005 zurückreichende Aktenboxen.
»Constance Lifry ist vor zwei Jahren ermordet worden«, sagte Zoe. »Haben Sie das genaue Datum?«
»Ja. Ich hole meine Aufzeichnungen aus dem Truck.«
Als er mit seinem Notizbuch zurückkam, waren sie in der Lage, die American-Express- und Visa-Belege aus der relevanten Box herauszusuchen.
»Hier«, sagte sie. »An dem Tag war ich auch bei Nordstrom’s. Die machen erst um elf auf. Man kennt mich dort, was bedeutet, dass sie meine Kreditkarte von keinem anderen als mir selbst akzeptieren würden. Außerdem war ich noch im Target, ein paar Sachen kaufen … Am nächsten Tag war ich wieder da …«
»Sie könnten am folgenden Tag zurückgefahren sein«, sagte Virgil. »Auf den Belegen steht keine genaue Uhrzeit.«
»Die kann man bei Amex und Visa erfragen.«
»Genau das werde ich tun, Zoe«, erklärte Virgil. »Versuchen Sie nicht, mich aufs Kreuz zu legen.«
»Machen Sie ruhig. Dann ist die Sache endlich erledigt. Sie wissen, dass ich es nicht war.«
Virgil, der die Boxen kniend durchgegangen war, setzte sich auf die Fersen. »Haben Sie auch eine Tankkarte?«
»Nein. Ich verwende meine Visa-Karte. Das können Sie bei der Kreditkartenagentur überprüfen.«
Er schaute die Visa-Belege noch einmal durch und fand welche für drei Tage vor dem Mord an Constance Lifry und für vier Tage danach. Nichts dazwischen. Natürlich konnte man das Benzin auch bar bezahlen, doch in Amerika kam kaum jemand auf diese Idee.
Er nahm das Handy aus seiner Tasche und wählte eine Nummer. Es klingelte sechs Mal, bis sich Sandy meldete.
»Virgil. Weißt du, wie spät es ist?«
»Moment, ich sehe kurz nach«, antwortete er.
»Bist du in der Stadt? Ich dachte, du wärst …«
»Ich bin im Norden, wegen einem Fall«, sagte Virgil. »Hol dir einen Stift. Ich brauche bis morgen früh, wenn ich aufstehe – das wird wahrscheinlich so gegen zehn sein –, eine Information.«
»Ich hab um zehn einen Osteologiekurs.«
»Dann ruf ich dich um zehn vor zehn an. Ich muss wissen, bei welchen Kreditkartengesellschaften ein gewisser Slibe Ashbach Karten hat. Hast du einen Stift?« Sie sagte ja, er buchstabierte den Namen. »Mich interessiert, wann und wo er getankt hat …«
Er gab ihr die Daten.
»Virgil, du bist ein richtiger Schatz, weißt du das?«, bemerkte Sandy.
Im Hintergrund murmelte eine Männerstimme etwas.
»Wer ist das?«, fragte Virgil.
»Ich habe Freunde.«
»Sandy …«
»Klappe, Virgil.«
»War das eine enge Freundin?«, erkundigte sich Zoe.
»Sie recherchiert für die Polizei.«
»Hat sie auch bei Virgil Flowers schon mal genauer recherchiert?«
»Möglich.«
»Und, wie fällt das Urteil aus?«, fragte Zoe Virgil.
»Ich habe Sie nie für die Mörderin gehalten. Sie sind viel zu rational. Das einzig Irrationale in Ihrem Leben ist Wendy. Wenn Sie überhaupt jemanden umbringen würden, dann noch am ehesten Berni. Oder Wendy. Oder sich selbst«, antwortete Virgil.
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