Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
Mann, der eine Art Mentor für ihn war.«
»Pat Sullivan. Nein, den meine ich nicht. Ich glaube, da war jemand anders«, sagte Wenner. »Wissen Sie Bescheid über Kelly Baker, die vor ungefähr einem Jahr ermordet wurde?«
»Ja, auch über die Verbindung zwischen ihr und Bobby.«
»Könnte sein, dass sie ihn einem anderen Schwulen vorgestellt hat.«
»War Kelly Baker eine Prostituierte?«
»Interessante Frage. Ich weiß es nicht. Ich hab sie nicht oft gesehen; auf mich wirkte sie wie ein ganz normales Mädchen … wenn auch irgendwie fertig. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Nicht ganz«, erwiderte Virgil.
»Manchen Mädchen sieht man an, dass sie viel erlebt haben. Sie wirken schon in jungen Jahren müde. So eine war sie.«
»Gute Beschreibung … Jetzt kann ich sie mir vorstellen. Hatte sie Sex mit Bobby?«
»Nein, aber sie haben die ganze Zeit darüber gesprochen«, antwortete Wenner. »Bob hat mir erzählt, dass sie ihm ein paar ziemlich perverse Sachen beschrieben hat. Er dachte, sie lügt, weil er nicht fassen konnte, dass sie so was macht. Aber dann hat uns ein Freund von der Northwest gesagt, die Cops aus Iowa hätten sich erkundigt, ob sie eine Prostituierte oder so was ist.«
»Sie war nicht auf der Northwest.«
»Nein, aber sie kannte Leute da.«
Viel mehr wusste Wenner nicht. Er erklärte Virgil, dass er zu der Beerdigung nach Homestead fahren und mithelfen würde, den Sarg zu tragen. »Ich kannte Bobby seit der ersten Klasse. Mir war’s egal, dass er schwul ist. Er war ein anständiger Kerl.«
»Neigte er zu Aggression?«
»Nur auf dem Spielfeld. Das mit Flood kann ich fast nicht glauben. Vielleicht hat man es ihm in die Schuhe geschoben. Was meinen Sie?«
»Eher nicht. Es ist ziemlich klar, dass er Flood umgebracht hat. Rufen Sie mich doch bitte an, wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte. Sie erreichen mich übers SKA; möglicherweise sehen wir uns bei der Beerdigung.«
»Noch eins«, sagte Wenner. »Pat Sullivan und Bob haben sich ziemlich oft unterhalten, und manchmal haben wir in der Dairy Queen miteinander gesprochen, in Anwesenheit von Kelly. Vielleicht hat Sullivan mitbekommen, mit was für einem Mann Kelly sich rumtrieb … der könnte der Gesuchte sein. Wenn sie tatsächlich in harte Sexspiele verwickelt war, hat sie sich vermutlich vorrangig Schwule als Freunde gesucht, Leute, denen sie vertrauen konnte.«
»Guter Gedanke, Jay. Danke.«
Virgil wählte die Nummer von Pat Sullivan und erfuhr, dass der Reporter sich in Mankato aufhielt und erst spät zurückkommen würde.
Als Virgil den Kopf zu Lee Coakleys Bürotür hineinstreckte, hob sie den Blick und sagte: »Sie haben was rausgefunden.«
»Möglicherweise. Ich brauche noch mal alle Unterlagen von Iowa und ein Zimmer, wo ich sie in Ruhe lesen kann.«
Sie musterte ihn einen Moment lang und nickte dann.
Wenn das, was Wenner erzählt hatte, stimmte, dachte Virgil, und Kelly Baker Bobby mit einem Homosexuellen zusammengebracht hatte, gab es mindestens eine Person, die vermutlich genauso viel wusste wie Kelly. Aber die aufzuspüren würde gar nicht so leicht werden, weil Virgil nicht herumposaunen wollte, dass Bobby Tripp homosexuell gewesen war.
Genau das würde er im Café tun müssen, falls er anders nicht weiterkam. Er konnte nur hoffen, dass das nicht nötig sein würde.
Lee Coakley besorgte ihm die Iowa-Unterlagen, einen Platz in einem Besprechungszimmer und eine Cola light, und er machte sich daran, sie auf einen potenziellen Liebhaber hin durchzugehen.
Zwei Stunden später hatte er noch immer nichts gefunden.
Lee Coakley saß vor dem Computer.
»Sind Sie online?«, erkundigte sich Virgil.
»Ja. Was brauchen Sie?«
»Könnten wir uns über Google Earth den Besitz der Bakers ansehen?«
»Ja, klar.« Sie betätigte einige Tasten, vergrößerte das Bild, fand das Haus und ging auf maximale Bildgröße. »Was genau?«
»Ich möchte wissen, wer daneben wohnt.« Virgil bat sie, die Größe des Bildes so lange zu verändern, bis sie die Farmhäuser in einem Radius von etwa drei Kilometern um den Besitz der Bakers hatten. »Drucken Sie das bitte aus«, sagte er. »Wer trägt da draußen die Post aus?«
»Das lässt sich rausfinden«, antwortete Lee Coakley und sah auf ihre Uhr. »Ein paar Briefträger sollten noch unterwegs sein.«
Sie rief bei der Post an, um sich zu erkundigen, und sagte dann zu Virgil: »Sprechen Sie mit Clare Kreuger. Sie müsste jeden Moment in die Post kommen.«
»Gut. Wo ist
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