Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
lässt. Wenn ich das habe, mache ich mich auf den Weg, und ihr verfrachtet die Typen allein nach Norden. Ich habe noch nicht mit dem hiesigen Sheriff gesprochen, aber wahrscheinlich bekommen wir einen Streifenwagen.«
»Das kriegen wir hin«, versicherte ihm Jenkins.
»Es ist alles ziemlich improvisiert; ich bin in Eile, und mehr habe ich nicht«, sagte Virgil.
Zwei Stunden vergingen, in denen sie die Autos auf den Straßen verteilten. Jenkins und Virgil blieben im Haus bei Louise Gordon, während Dennis Brown zu den Nachbarn von Holley auf der einen Seite ging, und Shrake und Schickel sich zu denen auf der anderen gesellten. Holley verzog sich zu seiner Freundin. Alle würden, über Handy und Funkgerät in Kontakt, die Straße beobachten.
Louise Gordon räumte den Müll der kleinen Zusammenkunft weg, und Jenkins installierte ein halbes Dutzend drahtlose Mikrofone. Virgil, Jenkins und Shrake würden das Gespräch über Kopfhörer mitverfolgen, obwohl Shrake erst direkt vor dem Haus würde mithören können.
Sie schlugen die Zeit mit Fernsehen tot.
Und stellten immer wieder die gleiche Frage: »Glaubt ihr, sie haben die Telefonnummer recherchiert?«
Virgil konnte sich nicht vorstellen, dass ihnen das nicht gelungen war.
»Wir haben ein Problem, wenn sie ganz artig hier ankommen, sagen, was sie zu sagen haben, und wieder gehen«, erklärte Virgil. »Unterschwellige Drohungen, zum Beispiel: ›Uns würde es nicht gefallen, wenn du Lügen über uns verbreitest, Lucy‹, nützen uns nichts.«
Drei Stunden vergingen, vier Stunden vergingen, jedoch keine fünf.
ACHTZEHN
Sie kamen zu dritt in einem Pick-up, meldete ein älteres Ehepaar, das am Ende des Blocks wohnte, Virgil per Handy.
»Großer Pick-up, nicht aus unserem Ort, fahren rum, als hätten sie sich verirrt, schauen sich die Hausnummern an«, teilte die Frau Virgil aufgeregt mit.
Virgil betätigte sein Funkgerät: »Sie kommen.«
»Hab sie«, sagte Dennis Brown. »Emmett Einstadt junior auf dem Fahrersitz. Es sind noch zwei andere dabei; ich kann nicht erkennen, wer. Möglicherweise sitzt hinten auch einer, dann wären’s vier.«
Der große Chevy-Pick-up blieb vor Holleys Haus stehen. Wenig später stiegen drei Männer ein wenig steif von der Fahrt aus.
Jenkins hastete in den Keller, während Virgil vom vorderen Zimmer aus alles durch ein Loch in der Jalousie beobachtete. Louise Gordon rang hinter ihm aufgeregt die Hände. Sie trug eine kugelsichere Weste und darüber einen dicken Morgenrock.
Das Funkgerät knisterte. Virgil fragte: »Ja?«
»Der Typ mit der schwarzen Kappe ist Roland Olms, und der dritte …«
»Wally Rooney«, führte Virgil den Satz zu Ende. Rooney hatte kurz die Baseballkappe abgenommen, um sich am Kopf zu kratzen. »Klappt ja wie am Schnürchen.«
Virgil gab die Information an Louise Gordon weiter, die sie nervös wiederholte: »Cowboyhut ist Junior, der andere Wally Rooney, und Roland kenne ich …«
Virgil ermahnte sie schmunzelnd: »Ganz ruhig. Es wird nicht so schwierig, wie es aussieht. Sie haben keine Waffen. Gehen Sie raus und reden Sie mit ihnen.«
»Sie haben diesen Rooney dabei, von dem Sie mir erzählt haben – soll ich erwähnen, dass Sie glauben, er hätte Floods Töchter missbraucht?«
»Behalten Sie’s im Hinterkopf. Falls das Thema aufkommen sollte, bringen Sie es zur Sprache. Aber forcieren Sie nichts«, sagte Virgil. »Okay, sie sind da. Wenn sie klingeln …«
»Zähle ich bis fünf.«
»Jenkins ist am unteren Ende der Kellertreppe, und ich bin gleich da hinten … Lassen Sie die Schlafzimmertür offen.« Er schaute durch die Jalousie hinaus. »Sie sind auf der Veranda. Los geht’s.«
Er hob das Funkgerät an den Mund. »Shrake, sobald sie drinnen sind und miteinander reden, klicke ich zweimal, und du kommst zur Seitentür.«
»Verstanden«, sagte Shrake.
Als es klingelte, versteckte sich Virgil im Schrank, stöpselte den Ohrhörer des Funkgeräts ein und schaltete den Lautsprecher aus. Sobald Louise Gordon zur Tür ging, flüsterte er ins Funkgerät: »Showtime.«
Louise Gordon öffnete die Tür einen Spaltbreit. Als sie Roland Olms sah, sagte sie laut: »Oh, nein. Verschwinde.«
Olms packte den Griff der Tür und drückte sie auf. »Wir müssen mit dir reden, Birdy.«
»Ich hab alles gesagt, was ich sagen wollte. Was, wenn die Polizei uns beobachtet? Verschwinde«, wiederholte sie.
Olms war über eins achtzig groß und hatte breite Schultern. Er trat einen Schritt auf sie zu.
Weitere Kostenlose Bücher