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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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du sehr wohl. Glück bedeutet, dass etwas unverdient ist.«
    »Das muss es nicht unbedingt bedeuten.« Er versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. Offensichtlich fand er meine Wut zu komisch.
    »Doch, so wie du es gesagt hast schon«, beharrte ich. Ich wusste, dass ich diesen Streit nicht gewinnen konnte und das machte mich noch wütender. Wütend genug, ihn von der Bank schubsen zu wollen. Stattdessen riss ich ihm das Stück Pizza aus der Hand und nahm einen riesigen Bissen. »Und ich war noch nicht fertig damit.«
    Er starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an.
    Ich kaute weiter und wandte mich wieder dem Gedenkstein zu. Viele Musiker bekamen Instrumente von reichen Gönnern. Meine Gönner waren nur zufällig mit mir verwandt.
    Es war schwer zu sagen, an welchem Punkt genau ich begann, mir wie eine Idiotin vorzukommen, aber es war ganz bestimmt irgendwann nachdem ich das riesige Stück Pizza heruntergeschluckt hatte und bevor er zu lachen begann. Ich weigerte mich ihn anzusehen.
    »Halt die Klappe«, meckerte ich ihn an, aber es verlor etwas an Wirkung, da ich selbst lachen musste.
    »Du hast wirklich eine verrückte Dr.-Jekyll-Seite«, japste er.
    »Nein, Dr. Jekyll ist der Nette. Mr Hyde ist der Wahnsinnige.«
    Er kniff die Augen zu, fuhr sich mit der Handfläche über das Kinn und den kaum wahrnehmbaren Bartschatten. »Bist du sicher?«
    »Absolut.«
    »Ich weiß wirklich nicht, ob du recht hast, aber ich habe regelrecht Angst, es infrage zu stellen.«
    »Gut. Und nur, damit du es weißt: Ich gehöre nicht zu den Kids, die alles vorgesetzt bekommen haben. Meine Großeltern haben die Geige gekauft, aber das war’s auch schon. Bis letztes Jahr war ich nichts als eine peinliche Erinnerung an die Playboy-Jahre ihres Sohnes.« Ich zuckte die Achseln. Wieso erzählte ich ihm das überhaupt?
    Er saß stumm da und starrte auf den Pfad.
    »Was sie anging«, fügte ich hinzu, »existierte ich nicht einmal, bis ich berühmt wurde.«
    Er nickte und sagte dann sanft: »Aber es ist schon eine komische Art von Berühmtheit, findest du nicht?« Er beugte sich vor und zeichnete einen Riss im Zement mit dem Zeigerfinger nach. »Für ungefähr zwei Prozent der Bevölkerung bist du so was wie ein Gott und für den Rest bist du ein Niemand. Zumindest gehören deine Großeltern zu den zwei Prozent. Die Eltern meines Vaters gehören nicht dazu. Sie sind immer noch sauer auf meine Eltern, dass sie mir letztes Jahr erlaubt haben, über Weihnachten auf Konzertreise zu gehen. Und mein Dad hat seinen Traum immer noch nicht aufgegeben, dass ich eines Tages Medizin studiere.«
    Es schien nur schwer vorstellbar, dass jemand, der so Geige spielen konnte wie Jeremy, aus einer unmusikalischen Familie stammen konnte.
    »Und deine Mutter?«, fragte ich deshalb. »Ist sie Musikerin?«
    »Musikliebhaberin. Nicht ganz das Gleiche.«
    »Stimmt.« Ich dachte an Clark. Er war ein Musikliebhaber durch seine Heirat. Sein Bemühen – dass er zu meinen Konzerten kam, sich das ständige Fachsimpeln gefallen ließ und einfach im Energievakuum meiner Karriere existierte – war irgendwie rührend, insbesondere, wenn man bedachte, dass er überhaupt kein musikalisches Gehör hatte. »Aber irgendjemand muss ja die Karten kaufen«, sagte ich und dachte an den ausverkauften Konzertsaal, in dem Jeremy kurz zuvor aufgetreten war.
    »Du glaubst, das sind alles Musikliebhaber?«
    »Im Publikum?«, fragte ich. »Warum sollten sie sonst kommen?«
    Er zuckte die Achseln. »Das ist es, was ich nicht verstehe. Warum in ein Konzert gehen, wenn man die Musik gar nicht liebt?«
    »Aber wieso glaubst du, dass sie die Musik nicht lieben?«
    »Ich weiß auch nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie Nicht-Musiker überhaupt genug von Musik verstehen können, um sie richtig zu genießen.«
    Darauf hatte ich keine Antwort. Die Bühnenshow, die Jeremy King abgezogen hatte, ergab plötzlich einen Sinn. Er glaubte nicht, dass sie gekommen waren, um ihn zu hören. Die Tricks und das gespielte Draufgängertum waren eine Strategie, wie ich schon vermutet hatte, aber sie versteckten eine Trauer. Ich dachte nicht an mein Publikum, wenn ich auf der Bühne stand, aber zumindest ging ich davon aus, dass sie mir zuhörten.
    »Ich liebe es zu spielen, weil ich den Klang erschaffen kann«, sagte er. »Findest du es nicht auch frustrierend, dich hinsetzen und jemand anderem zuhören zu müssen?«
    »Schon, ein wenig.« Heute Abend hatte ich es frustrierend gefunden. Nicht, dass

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