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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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hatten, war er beinahe völlig normal. Es war schon einige Minuten her, dass ich daran gedacht hatte, was für ein Blödmann er war. »Klapp sie einfach zusammen und probier’s mal«, schlug ich vor.
    »Typisch amerikanisch«, murmelte er abfällig, während er sich Tomatensauce von den Fingern leckte.
    »Was soll das heißen?«
    »Anzunehmen, dass es nur eine Art gibt, etwas zu tun, wie zum Beispiel Pizza zu essen, und dann darauf zu bestehen, dass alle Welt es genauso macht.«
    Ja richtig, ich hasste ihn doch.
    »Typisch britisch«, entgegnete ich.
    »Was?«
    »Das Verhalten der Amerikaner zu verallgemeinern, damit ihr euren Minderwertigkeitskomplex von der Größe des Ozeans kaschieren könnt. Ich wollte einfach nur hilfreich sein, aber falls zusammengeklappte Pizzastücke deinen Patriotismus infrage stellen, solltest du es wahrscheinlich lassen.«
    Er blinzelte mich an. »Amerikanisch und reizbar. Schon gut, ich klappe die Pizza zusammen.« Er faltete die Pizza demonstrativ exakt in der Mitte und biss dann ein Stück ab. »Mmm«, nuschelte er. »Das ist nun wirklich eine köstliche Pizza-Tasche.«
    »Ich überhöre den Sarkasmus einfach und werte es als einen Sieg.«
    »Weil alles ein Wettbewerb zu sein hat?«
    Ich antwortete nicht. Natürlich war es das.
    Die Pizza hatte ich vorgeschlagen. Jeremy wollte authentische Chicagoer Kost probieren, also gingen wir zu Marcos italienischem Restaurant auf der Wabash Avenue, gleich um die Ecke vom Symphony Center, bestellten Pizza zum Mitnehmen und suchten uns dann auf der anderen Straßenseite im Millennium Park eine Bank aus. Ich war zufrieden damit. Mir gefiel es, die unterschiedlichsten Sinneseindrücke zu vermischen – auf der Betonbank vor Kälte zu zittern und dabei ein heißes, salziges Stück Pizza zu verschlingen und den Geruch von Flieder einzuatmen.
    Ich sah zu Jeremy hinüber. Sein dicker blonder Pony fiel ihm über die Augen.
    »Du bist also ganz allein hier bis zum Guarneri?«, fragte ich ihn.
    »Ja.«
    »Und was machst du die ganze Zeit?«
    »Üben. Sehenswürdigkeiten ansehen. Was auch immer.«
    Ich nickte. Seine Stimme gab mir keinen Aufschluss darüber, ob ihm seine Situation gefiel oder nicht. Wieder stellte ich mir vor, ein paar Wochen allein in einer fremden Stadt zu sein, abhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln, Restaurants und Hotelwäschereien.
    »Und in welchem Hotel wohnst du?«
    »Im Drake. Kennst du das?«
    »Ja klar.« Zumindest verbrachte er seine Zeit hier nicht in einer Jugendherberge. Die Glenns stiegen ausschließlich im Drake Hotel ab, wenn sie in Chicago waren – nicht dass sie je nur meinetwegen hierhergekommen wären. Traditionsbewusst, teuer, hoch­näsig – drei Worte, mit denen ich sowohl das Hotel als auch die Glenns beschreiben würde. Das Drake war alt, aber elegant und befand sich am nördlichen Ende der Nobelmeile von Chicago, von der aus man einen herrlichen Blick auf den Lake Michigan hatte. Die Boutiquen der Luxus-Modelabels waren gleich um die Ecke. Jeremy lebte wie die Made im Speck.
    »Und was ist das da?«, fragte er jetzt und deutete auf eine Stein­tafel vor uns, auf der eine lange Liste mit Namen eingemeißelt war.
    »Die Gründer des Parks.«
    »Oprah Winfrey? Echt? Bill und Hillary Clinton?«
    »Äh, ja.« Ich legte mein halb gegessenes Stück Pizza zurück in die Schachtel. »Meine Großeltern stehen auch drauf. Thomas und Dorothy Glenn. Zweite Spalte.«
    »Wow«, hauchte er und sah mich an. »Du gehörst also zum ­Chicagoer Adel.«
    »Nein, nicht wirklich. Und sie sind eigentlich New Yorker, aber sie spenden außerdem Geld für ein paar Projekte hier.«
    »Wie für dich.«
    »Was?«
    »Wie für dich.«
    »Ich hab’s schon das erste Mal gehört«, entgegnete ich. »Ich habe bloß nicht verstanden, worauf du damit hinauswillst.«
    »Ich dachte, ich hätte gelesen, dass sie dir eine Strad gekauft haben. Stimmt das etwa nicht?«
    Es stimmte, aber das ging ihn überhaupt nichts an und ich war mir auch nicht sicher, wo er das gelesen haben konnte.
    »Das stimmt«, bestätigte ich.
    »Du Glückskind.«
    »Das ist aber eine interessante Wortwahl.«
    »Ja, richtig, du bist ja kein Kind mehr. Entschuldige.«
    »Nein«, widersprach ich. »Mich glücklich zu nennen. Das impliziert eine Menge.«
    »Sollte ich nicht am besten wissen, was ich damit sagen wollte?« Er nahm das letzte Stück Pizza – mein halb gegessenes Stück, das ich in die Schachtel gelegt hatte – und biss hinein.
    »Ich denke, das weißt

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