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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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glaubst, dass du gewinnst.«
    »Nein.« Er hielt inne. »Ich meine ja. Ich glaube, dass ich gewinnen werde. Aber selbst, wenn ich nicht gewinnen sollte, glaube ich nicht, dass ich dich hassen könnte.«
    Meine Verwirrung war komplett. Zunächst war ich sauer – wieso war er sich so sicher, dass er gewinnen würde? –, aber dann irgendwie benommen und fast überglücklich. Dass er mich nicht hassen würde, konnte nur einen Grund haben: Er mochte mich! Und wann hatte ich aufgehört, ihn zu hassen und begonnen … ihn nicht mehr zu hassen?
    Das Taxi machte plötzlich einen Schlenker nach links und der Fahrer stieß ein Schimpfwort hervor, das mich aus meinen Gedanken riss. Ich blickte zu Jeremy hinüber. Er starrte aus dem Fenster. Den Guarneri-Wettbewerb seinetwegen zu verlieren wäre schrecklich. Selbst ein ganzer Schwarm liebeskranker Schmetterlinge im Bauch würde nichts daran ändern.
    Die Widmung der Zugabe, der Mitternachtsspaziergang im Park, gesagt zu bekommen, dass ich schön war – wenn man all das zusammenrechnete, kam trotzdem eine dicke fette Null dabei heraus, im Vergleich zu dem, wofür ich mich so anstrengte. Falls er mich besiegen sollte, würde ich ihn hassen. Und mich selbst wahrscheinlich auch.
    Jeremy fing meinen Blick auf und lächelte. Ich lächelte zurück. Entweder war er ein besserer Mensch als ich oder er konnte sich gut verstellen. Oder er mochte mich wirklich, aber das schien eher unwahrscheinlich. Er kannte mich ja überhaupt nicht.
    Wir blieben beide stumm. Das gegenseitige Verständnis hatte den Druck weggenommen: Wir mochten und hassten einander. Es gab nichts, was wir dagegen tun konnten. Einer von uns würde gewinnen, das Leben des Verlierers wäre ruiniert. Und egal, wiesehr wir versuchten, uns vom Gegenteil zu überzeugen: Vergebung wäre unmöglich.
    Irgendwann hob er seinen Arm und legte ihn um meine Schulter und ich schmiegte mich automatisch an seinen Körper. Sein grauer Wollpullover kratzte an meinem Hals und meinem Gesicht. Er roch nach Zimtkaugummi und Aftershave. Ich hoffte bloß, er konnte nicht hören, wie sehr mein Herz klopfte.
    »Also, wir haben weniger als zwei Wochen. Wirst du mir ­Chicago zeigen?«, fragte er.
    Dianas Gesicht erschien vor meinem geistigen Auge. Sie hatte bereits jede Minute der nächsten zwei Wochen für mich verplant. Ich stellte mir vor, wie ich ihr mitteilte, dass ich einen Tag daran verschwenden würde, mit Jeremy King eine Runde auf dem Riesenrad am Navy Pier zu drehen und Fotos auf dem Sears Tower zu schießen. Ausflippen würde sie nicht, dazu war sie zu würdevoll. Nein, sie würde es schlicht und ergreifend verbieten.
    Ich versuchte, Zeit zu gewinnen. »Äh, vielleicht.«
    »Vielleicht wirst du es tun oder vielleicht wird dir eine gute Ausrede einfallen, warum du nicht kannst?«
    »Wenn ich ganz ehrlich bin: Meine Mutter hält meine Leine ziemlich kurz.«
    »Weil der Guarneri-Wettbewerb in zwei Wochen stattfindet.«
    »Nein … nicht direkt. Es ist eigentlich immer so.«
    »Und wie kurz ist die Leine genau?«, wollte er wissen.
    Ich hielt inne. Warum lügen? »Sie glaubt, dass ich seit sieben Uhr im Bett bin.«
    »Das ist verdammt kurz.«
    »Ja, das ist es.«
    »Also würde sie garantiert ausflippen, wenn sie wüsste, dass du dich mit der Konkurrenz herumtreibst«, vermutete er.
    Ich nickte und dachte darüber nach, wie furchtbar gern ich ihm den Pony aus den Augen gestrichen hätte.
    »Gib mir mal dein Handy«, befahl er. Ich nahm es aus meinerManteltasche und reichte es ihm. Ich sah zu, wie er etwas mit beiden Daumen eintippte und fragte mich, was ich eigentlich gerade machte.
    »Jetzt hast du meine Handynummer«, sagte er schließlich. »Ich ruf sie mal eben an, damit ich deine Nummer auch speichern kann.«
    Sein Klingelton kam nur einmal aus seiner Tasche, ehe er mein Handy zuschnappen ließ.
    Er gab mir mein Handy zurück und hielt dabei meine Hand eine Sekunde länger als nötig fest.
    »Ruf mich einfach an, wenn du Lust hast etwas zu unternehmen.«
    »Es ist nicht die Frage, ob ich Lust habe, sondern ob ich es kann .«
    Er starrte mich an. »Du bist fast achtzehn, Carmen. Wo ist denn da der Unterschied?«
    Ich hätte mich gern verteidigt, aber mir fiel nichts ein. Er starrte mich immer noch an und wartete darauf, dass ich ihm versprach ihn anzurufen. Ich spürte, wie das Taxi langsam wurde und an den Bordstein fuhr, aber ich behielt meinen Blick auf ihn gerichtet.
    »Ist das da dein Haus?«, erkundigte er sich und deutete

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