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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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aufrechnen, den du abgelassen hast, als wir uns kennengelernt haben?«
    »Dafür wäre ich dir dankbar.« Er wirkte, als wollte er etwas hinzufügen, sich für den hässlichen aggressiven Charakterzug entschuldigen, den er hatte durchblicken lassen. Aber daran wollten wir wohl beide nicht denken. Wir befanden uns gerade in einer perfekten Seifenblase, zusammen mit Baseball, betrunkenen Sox-Fans und belanglosem scherzhaften Gerede. Es bestand kein Grund, sie zum Platzen zu bringen.
    Er stand auf, reichte mir die Hand und zog mich hoch. Hand in Hand gingen wir aus dem Stadion.
    »Um wie viel Uhr musst du wieder zu Hause sein?«, fragte er, als wir aus dem Stadion in die Dunkelheit traten. Ein Menschenstrom floss auf dem Weg zum Bahnsteig an uns vorüber.
    »Ich gehe heute nicht nach Hause. Ich übernachte bei einer Freundin. Ich muss vor Mitternacht wieder zurück sein.«
    Vielleicht saß Diana bereits auf Heidis Sofa und wartete auf mich. Aber ich würde noch nicht zurückgehen. Sie würde mich so oder so umbringen, ob ich sie nun in zehn Minuten oder in ein paar Stunden sah.
    »Hmmm.« Jeremy sah zu mir hinunter und grinste schief. »Du übernachtest bei einer Freundin? So gehst du also mit der Leine um!«
    »Du hast gut reden. Deine Eltern lassen dich wochenlang allein um die halbe Welt reisen. Ich darf nicht mal ohne Erlaubnis ins Bad. Glaub mir, du würdest auch lügen.«
    »Es ist gar nicht so toll wie du glaubst«, entgegnete er. »Allein zu sein, meine ich. Meine Mom muss zu Hause bei meinem Bruder bleiben. Er ist behindert und es ist unheimlich schwer, für mehr als ein paar Tage eine Betreuung zu finden. Und mein Dad. Er ist … wahnsinnig gestresst. Ich bin allein, weil ich es sein muss, wenn ich weiterhin Geige spielen will.
    »Tut mir leid.«
    »Das braucht es nicht«, erwiderte er. »Du hast es ja offensichtlich auch nicht gerade leicht.«
    Ein Windstoß fuhr durch Heidis Jacke und ich musste zittern.
    »Ich würde dir ja meine Jacke anbieten, aber ich habe leider keine dabei.«
    »Und ich trage bereits eine.«
    »Das stimmt auch wieder. Mal ganz abgesehen davon, dass du immer noch meinen grauen Pulli hast, den ich dir am Sonntag gegeben habe.«
    »Huch, den wollte ich eigentlich mitbringen.« Das war komplett gelogen. Ich hatte nicht vor, den Pullover je wieder herzugeben.
    Er hielt inne und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Sein Gesichtsausdruck hatte sich auf einen Schlag verändert und er mahlte mit dem Kiefer. Dann klopfte er nervös mit den Fingern gegen sein Bein. Er schien über etwas nachzudenken. »Ich möchte dir gern was zeigen.«
    »Klar, nur zu.«
    »Nein, ich habe es nicht bei mir. Es ist im Hotel.«
    »Was denn?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Du musst es selbst sehen.«
    Das konnte alles Mögliche bedeuten. Ich drehte mich zum Stadion um. Die Flutlichter hatten alles in einen Hollywood-Glanz getaucht und die satten Farben hatten Wärme ausgestrahlt. Aber hier draußen stürzte die Realität erneut auf uns ein.
    »Okay.«
    Die Rückfahrt war ganz anders als die Fahrt zum Stadion. Wir bekamen Sitzplätze und Jeremy starrte die ganze Zeit aus dem Fenster auf die düsteren Umrisse, die in der Dunkelheit an uns vorüberflogen. Also hörte ich zwei älteren Männern zwei Reihen vor uns zu, die den Verlust des vierten Innings auf eine falsche Schiedsrichterentscheidung schoben. Sie waren betrunken und verkündeten lautstark, dass das der Wendepunkt des Spiels gewesen sei.
    »Warum bist du am Samstag nicht zu meinem Konzert gekommen?« Ich hatte die Frage schon gestellt, ehe ich mich daran erinnerte, dass wir nicht über das Geigespielen reden wollten.
    Er wirkte verlegen. »Ich …«
    »Nein, du musst nicht antworten.«
    »Doch, das muss ich. Ich konnte nicht.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Es ist zu dicht am Wettbewerb dran. Ich kann jetzt nicht anderen Violinisten zuhören, ohne dabei auszuflippen. Ich muss nicht hören, wie wahnsinnig toll dein Tschaikowsky gerade ist.«
    »Aber du weißt doch gar nicht, wie toll das Konzert ist, wenn ich es spiele.«
    Er grinste. »Ich bin mir ziemlich sicher. Die Wettbewerbe, die Aufnahmen, der Grammy – soll das etwa alles nur Hype sein? Ich muss mich so schon genug anstrengen, nicht die ganze Zeit an dich zu denken, wenn ich auftrete. Auf den zusätzlichen Stress kann ich gut verzichten.«
    »Aber du scheinst so in deine eigene Musik verliebt, wenn du auf der Bühne stehst.« Ich hatte nicht gesagt, selbstverliebt , aber es

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