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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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hing zwischen uns in der Luft.
    »Mit anderen Worten, du meinst ich bin auf der Bühne narzisstisch. Aber niemand will einen gehemmten Violinisten da draußen sehen. Das gilt ganz besonders für einen Typen.«
    »Ich verstehe nicht, was das Geschlecht damit zu tun haben soll.«
    »Du kannst auf die Bühne gehen und schüchtern oder nervös wirken, denn das Publikum wird es dir verzeihen, weil du schön bist. Wenn ich so auftreten würde, würden mich die Kritiker verkrampft oder inkompetent nennen. Damit verkauft man keine Karten.«
    »So viel dazu, nicht übers Geigespielen zu reden.«
    »Es scheint wohl unmöglich zu sein«, erwiderte er. Seine Stimme klang bestimmt und ein wenig traurig. Er nahm wieder meine Hand und verschränkte diesmal die Finger mit meinen. »Es tut mir leid, dass ich nicht auf deinem Konzert war.«
    »Das muss dir nicht leidtun. Ich wünschte mir fast, ich wäre nicht auf deins gegangen, abgesehen von dem, was hinterher passiert ist.«
    »Warum bist du eigentlich gekommen?«
    »Hmm …« Warum hatte ich keine einfache Antwort auf diese Frage? Es hatten mich ja genügend Leute danach gefragt – Heidi, Diana und jetzt Jeremy. »Weil …« Ich sah mich im Abteil um. Die Leute lachten und unterhielten sich lauthals. Sie schienen bereits vergessen zu haben, dass die Sox verloren hatten.
    »Du wirkst, als würdest du darauf hoffen, dass dir jemand die richtige Antwort zuflüstert.«
    »Schön wär’s. Es gibt nur leider keine richtige Antwort.«
    »Versuch’s mal mit der Wahrheit.«
    »Ich bin gekommen, weil ich mir keinen Reim auf dich machen konnte«, antwortete ich.
    Er wartete auf mehr.
    »Alles, was ich über dich gelesen habe, deutet darauf hin, dass du im Prinzip genau bist wie ich. Eine britische, männliche Ver­sion, wenn du so willst. Und als ich dich dann auf der Terrasse des Rhapsody gesehen habe …«
    »Als du mir nachspioniert hast.«
    »Können wir es bitte Recherche nennen? Als ich dich gesehen habe, bin ich noch neugieriger geworden. Ich dachte immer … Ich weiß auch nicht … Ich wäre die Einzige meiner Art. Aber dann warst du plötzlich da, eine andere Version von mir selbst und ich wollte mir ansehen, wie du es machst, ob du weißt, wie man gut aus dem Wunderkindalter herauskommt. Ich kriege es nämlich im Moment nicht besonders gut hin.«
    Er blieb stumm.
    Ergab das, was ich sagte, irgendeinen Sinn? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem brabbelte ich weiter. »Mein Lehrer ist sauer auf mich, meine Mutter ist sauer auf mich, ich bin auf mich selbst sauer … Ich vermisse es, einfach zu spielen und glücklich damit zu sein. Ich möchte nicht jedes Mal wütend auf mich selbst sein müssen, weil die kleinste Kleinigkeit nicht absolut perfekt war.«
    »Und jetzt, wo du mich kennst, hast du da den Eindruck, dass ich es richtig mache?«
    »Wie meinst du das?«
    »Von deinem Standpunkt aus gesehen, verlasse ich das Land der Wunderkinder perfekt oder kriege ich es auch nicht richtig hin?«
    Ich sah ihm direkt in die Augen. »Das kann ich nicht sagen. Aber ich hatte auch unrecht. Wir sind gar nicht in der gleichen Situation. Du hast niemanden. Ich finde es schrecklich, erstickt und unter Druck gesetzt zu werden, aber ich bin nicht allein. Du schon.«
    Er zuckte sichtbar zusammen.
    »Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen dürfen.«
    »Nein, du hast ja recht.«
    Und dann gab es noch die vielen Unterschiede, über die ich nicht sprechen konnte. Ich hatte wenig Selbstbewusstsein, wohingegen er erst weniger großspurig wirkte, wenn man sich länger mit ihm unterhielt. Und er hatte kein Inderal-Problem. Ich machte mir wegen der Tabletten nichts vor. Ein einzelner Auftritt ohne siebedeutete noch lange nicht, dass ich sie nicht mehr brauchte. Es war bloß ein winziger Etappensieg. Nur der Anfang.
    »Ich weiß auch nicht. Vielleicht sind wir einfach zu verschieden, als dass wir uns miteinander vergleichen sollten.«
    Er nickte.
    »Also, da wir jetzt doch über das Geigespielen reden: Wie ist die Menuhin-Schule so?« Ich wusste bereits, dass es unglaublich schwierig war, dort aufgenommen zu werden und dass sie von vielen für die beste Musikschule der Welt gehalten wurde, insbesondere für Violinisten. Ich hätte sie zu gern besucht, aber Diana hätte mich nie im Leben auf ein Internat gehen lassen, schon gar nicht am anderen Ende der Welt. Ich hatte immer noch keine Ahnung, was sie machen würde, wenn ich im Herbst an die Juilliard-Schule ging. Wahrscheinlich zog sie ebenfalls nach

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