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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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lassen?«
    Nachdem ich lange genug links liegen gelassen worden war, wurden Verbote ausgesprochen. Die Ausgangssperre war ziemlich hart. Ich durfte mein Badezimmer benutzen. Ich durfte üben, schlafen und lesen. Ich durfte mir etwas zu essen machen. Mehr nicht. Alles andere bedurfte einer Extraerlaubnis und/oder einer Aufsichts­person. Eiserne Fäuste, so schien es, gab es in den unterschiedlichsten Formen und Größen. Dianas waren exquisit manikürt.
    Rein äußerlich mochte Diana formvollendete Haltung und Kontrolle an den Tag legen, aber ich sah trotzdem, wie es unter der Oberfläche brodelte. Innerlich war sie vollkommen durcheinander und vibrierte förmlich vor Stress. Paradoxerweise hatte ihre betonte Ruhe etwas Frenetisches. Es war merkwürdig befriedigend zu wissen, dass es an mir lag. Ich war der Auslöser jeder Kopfschmerz­attacke, an der sie litt, und es gelang ihr nicht, das zu verbergen. Ihr Verstand drehte sich wie ein Karussell, das immer schneller wurde: Carmen darf nicht durchdrehen – Carmen muss von Jeremy ferngehalten werden – Carmen muss rechtzeitig zum Geigenunterricht – Carmen muss dazu überredet werden, ihre Tabletten zu nehmen – Carmenmuss auf Juri hören – Carmen darf nicht durchdrehen – ich muss so tun, als ob ich nicht durchdrehe, damit Carmen nicht durchdreht, und so weiter und so fort.
    Mir der Macht bewusst zu werden, die ich über sie ausübte, war eine nette Überraschung. So ähnlich wie das Gefühl, ein Bonbon in meiner Jackentasche zu finden, während ich in einem Schneesturm auf die Hochbahn wartete. Es war immer noch eiskalt, aber zumindest hatte ich etwas, das mir die Zeit versüßte.
    Sie könnte mir Stubenarrest geben, bis ich dreißig war, aber ich war trotzdem diejenige, die die Fäden in der Hand hielt.
    Ich war nicht nett genug ihr zu sagen, dass sie sich um die falschen Dinge sorgte. Ich würde nicht ausflippen. Das Halbfinale fand in fünf Tagen statt, die Endausscheidung in acht. Ich hatte wichtigere Dinge zu tun, als mir Gedanken darüber zu machen, wie weit ich Diana treiben konnte. Außerdem musste ich die ganze Zeit an Robbies Gesichtsausdruck auf dem Foto denken, traurig und doch störrisch, und daran, wie Jeremys Schultern in sich zusammengesackt waren und er seinen Blick auf den Boden gerichtet hatte, als ich seine Bitte abgelehnt hatte.
    Ich hatte Nein gesagt. Ich hatte es ernst gemeint. Worum er mich gebeten hatte, war unfair, beleidigend, lächerlich …
    Und trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen und fühlte mich gleichzeitig benutzt. Wie hatte ich daran glauben können, dass er mich mochte? Diana hatte mich gewarnt. Ich hätte auf sie hören sollen. Ich hatte ihr bloß nicht glauben wollen. Und falls ich ein besserer Mensch wäre, hätte ich mir Jeremys Bitte vielleicht für mehr als eine Sekunde durch den Kopf gehen lassen.
    Anscheinend konnte man mir nicht einmal genug Vertrauen ent­gegenbringen mich allein zu meiner Unterrichtsstunde gehen zu lassen. Clark bot sich mit der Eleganz eines Sumo-Ringers in Ballett­schuhen an.
    »Also, ich muss sowieso gleich ins Büro und das ist doch prima,dann musst du nicht raus in die Kälte, nicht wahr?«, murmelte er verlegen und nahm mir einfach den Geigenkasten von der Schulter.
    Beinahe hätte ich entgegnet, dass es warm draußen war und Juris Wohnung in der entgegengesetzten Richtung zu seinem Büro lag, aber wozu? Mit Clark hatte ich ja gar keine Probleme. Schließlich war es nicht seine Idee gewesen, meinen Gefängniswärter zu spielen. »Klar, ich muss nur schnell meine Noten holen.«
    »Beeil dich bitte, ich habe um 10 Uhr einen Termin.«
    Ich sah auf die Uhr. Er würde auf keinen Fall rechtzeitig ankommen, wenn er mich erst zu Juri brächte. Diana hatte ihm wahrscheinlich keine andere Wahl gelassen. Ich lief zurück nach oben und nahm dabei zwei Stufen auf einmal.
    »Langsam!«, rief Diana von ihrem Zimmer aus. »Oder willst du dir unbedingt den Arm brechen?« Ich antwortete nicht, wurde aber noch schneller.
    Meine Noten befanden sich noch auf dem Ständer, wo ich sie liegen gelassen hatte. Ich hielt inne und sah aus dem Fenster nach unten, wo Clark gerade meinen Geigenkasten in den Kofferraum hob. Der Kasten könnte von einem Sattelschlepper überfahren werden, ohne Schaden zu nehmen, aber Clark trug ihn immer, als befände sich eine Bombe darin, die jeden Augenblick explodieren könnte. Er schloss den Kofferraum, öffnete die Beifahrertür und stellte etwas auf den Sitz, das nach

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