Virulent
gelieferten Flugbahndaten konnte der NFIRE den Orbiter ins Visier nehmen und treffen.
Genau zehn Sekunden, nachdem P. J. Lindeman seine ASM-157 abgefeuert hatte, schoss der NFIRE sein Kill Vehicle ab.
Primäre Bedrohung: die Rakete, die der mit Mach 10 fliegende Jet abgefeuert hatte. Der Orbiter berechnete die Flugbahn der Rakete und schoss einen Strom von Pellets ab, die aus einer Iridium-Legierung bestanden. Die Pellets breiteten sich
wie eine dichte Wolke aus, die sich mit mehreren tausend Meilen pro Stunde fortbewegte. Die Luftreibung ließ die Pellets schmelzen. Als sich ihre Flugbahn mit der der Rakete kreuzte, waren sie zu kompakten, geschmolzenen Metallkugeln geworden, die durch die ASM-157 schossen wie eine Schrotladung Kaliber zwölf durch Reispapier. Die Rakete wurde in dutzende nutzloser Teile zerrissen.
Der Orbiter richtete seine Zielvorrichtung auf das Kill Vehicle des NFIRE. Als er das tat, registrierten seine Sensoren plötzlich an einer bestimmten Stelle seiner bierfassgroßen Oberfläche eine Temperatur, die innerhalb weniger Augenblicke von normalen Werten auf zweihundertsechzig und dann auf über fünfhundert Grad in die Höhe schoss und immer weiter anstieg.
Vier Stunden zuvor war eine aufwendig umgebaute Boeing 747-400F-Frachtmaschine von der Edwards Air Force Base in Kalifornien gestartet. Der Flugplan sah eine normale Route zur Langley Air Force Base in der Nähe von Hampton, Virginia, vor. Im Gegensatz zur HTV-6Xb flog die 747 mit normaler Geschwindigkeit. Der Orbiter schenkte der Maschine keinerlei Aufmerksamkeit. Für ihn war sie nur ein weiteres großes Frachtflugzeug, das quer über Land flog.
Doch diese besondere 747, auch bekannt unter der Bezeichnung YAL-1, war mit dem für Lufteinsätze vorgesehenen YAL-1A-Laser ausgestattet. Der YAL-1A war entwickelt worden, um anfliegende Raketen zu zerstören, wozu auch Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen oder Raketen vergleichbarer Art zählten. Der chemische Sauerstoff-Jod-Laser oder COIL konnte theoretisch auch gegen Bomber, Kampfflugzeuge und Marschflugkörper eingesetzt werden –
oder sogar gegen Satelliten, die sich auf einer erdnahen Umlaufbahn befanden.
Dreißig Sekunden bevor J. P. Lindeman seine Antisatelliten-Rakete abfeuerte, hatte die Besatzung der YAL-1 den COIL durch eine Kombination von Chlorgas, Wasserstoffsuperoxid und Kaliumhydroxid aktiviert, um hochenergetische Sauerstoffmoleküle zu gewinnen. Daraufhin schoss unter Druck stehender Stickstoff die Sauerstoffmoleküle durch einen Jodnebel, wodurch die Energie des Sauerstoffs auf die Jodmoleküle übertragen wurde. Die energetisch angereicherten Jodmoleküle gaben ihre überschüssige Energie in Form intensiven Lichts ab.
Intensives Licht, das einen Infrarot-Laser bildete.
Dieses Licht wurde zwischen zwei Spiegeln hin und her gelenkt, wodurch noch mehr Jodmoleküle gezwungen wurden, ihre Energie in Form von Photonen abzugeben, und sich die Intensität des Laserstrahls weiter steigerte. Danach durchquerte der Strahl eine Kammer, in der ihn zusätzliche Spiegel entsprechend der Bewegung des Flugzeuges und der atmosphärischen Bedingungen ausrichteten. Schließlich erreichte der Strahl ein schwenkbares Gehäuse in der Nase der YAL-1. Das Gehäuse richtete den Laser so aus, dass er den Orbiter als winziger, konzentrierter Punkt gewaltiger Energie traf.
Innerhalb von drei Sekunden erhitzte sich der Punkt auf dem Rumpf des Orbiters auf über eintausendfünfhundert Grad Celsius. Der Orbiter gab alle Berechnungen auf und setzte sich unverzüglich in Bewegung; er stieg immer höher, während er in Richtung Norden schoss. Bei einer Höhe von fünfzig Meilen über der Erdoberfläche fixierte der YAL-1A wiederum
sein Ziel, wobei er diesmal eine andere Stelle am Rumpf des Orbiters traf. Daraufhin folgte ein vier Sekunden lang andauerndes Katz-und-Maus-Spiel, in dem der Orbiter fünfmal seine Richtung änderte und auf eine Höhe von sechzig Meilen stieg. Nach jeder Bewegungsänderung richtete sich die Zielvorrichtung des YAL-1A neu aus und reaktivierte den Laser, doch jeweils nur für eine Sekunde, und er fixierte jedes Mal eine andere Stelle, während der Orbiter durch Rotationen versuchte, die steigende Hitze auszugleichen.
Das Kill Vehicle des NFIRE-Satelliten verfolgte die Fluchtversuche des Orbiters. Da sein Rumpf mit einem über eintausendfünfhundert Grad heißen Punkt markiert war, konnte der Orbiter das Licht so sehr ablenken, wie er wollte,
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