Virus (German Edition)
erzählte
Debbie Driver alles, was sie in der letzten Nacht herausgefunden hatte – von
der Identifikation des Virus über die Abwesenheit des Spike-Proteins bis hin zu
der Idee, die nächsten Opfer könnten vielleicht bereits im Vorfeld des Gipfels gekidnappt
worden sein.
Anschließend berichtete Holger
von seiner Interpretation des Tattoos auf Trébors Zunge.
„Ich sehe schon, es war kein
Fehler, Sie um Hilfe zu bitten”, sagte Driver schließlich, nachdem sie ihre
Berichte beendet hatten. „Das gilt für Sie beide”, fügte er mit Nachdruck und
an Holger gewandt an. „Es tut mir leid, dass ich zunächst ein wenig
misstrauisch Ihnen gegenüber war.”
Holger nickte Driver zu, doch
Debbie wäre ihm am liebsten dafür an die Gurgel gesprungen. Sie wusste, dass
Drivers Sinneswandel nur eines bedeuten konnte.
„Was Mister Driver damit sagen
möchte”, wandte sie sich mit scharfem Tonfall an Holger, obwohl sie ihre
Aussage nicht an ihn, sondern an Driver adressierte, „ist, dass er dich und
dein Leben inzwischen komplett durchleuchtet hat, und dabei keine Anhaltspunkte
auf terroristisches oder den Präsidenten gefährdendes Gedankengut gefunden hat.”
Holgers Miene verfinsterte sich,
doch Driver ließ sich nicht aus der Reserve locken. „Ihr Misstrauen trifft mich
hart, Miss Ashcroft.”
Warte, bis mein Fuß
deinen Arsch hart trifft! dachte Debbie.
Doch sie beschloss, es darauf
beruhen zu lassen. Immerhin galt es, eine Mordserie aufzuklären, und dazu
brauchte sie die Hilfe der CIA. Sie hatte ihrem Unmut Luft gemacht und damit
war die Sache für sie aus der Welt. Daran, dass die CIA auch weiterhin
Persönlichkeitsrechte verletzen würde, wie es ihr gefiel, würde Debbie sowieso
nichts ändern können. Zudem waren die Geheimdienste anderer Staaten
wahrscheinlich auch nicht viel besser.
„Glauben Sie”, wurde sie wieder
sachlich, „Sie können herausfinden, ob in letzter Zeit ein Viro- oder
Epidemiologe entführt oder als vermisst gemeldet wurde? Einer aus einem Land,
das 2003 SARS-Sekundärinfektionen aufwies.”
„Kein Problem, Miss Ashcroft”, erwiderte
Driver. „Der modernste Investigationsapparat der Welt steht zu Ihrer Verfügung.”
Damit erhob er sich. „Wenn das
alles ist, würde ich Sie bitten, mich zu entschuldigen.”
„Ich schätze, das ist alles, ja.”
Debbie fiel nichts mehr ein, was sie dem CIA-Mann mitzuteilen hatte.
„Selbstverständlich ist es nicht
alles”, mischte sich Holger plötzlich ein. Überrascht blickte Debbie zu ihm
hinüber.
„Was gibt es denn noch, Herr
Petersen?” fragte Driver.
„Ich war schon immer etwas neugierig,
nennen Sie es manisch-obsessiv, wenn Sie wollen”, begann Holger, „aber würden
Sie uns bitte mitteilen, ob letzte Nacht ein weiterer Mord verübt wurde?”
Natürlich. Debbie konnte nicht
fassen, dass sie völlig vergessen hatte, danach zu fragen. Gespannt blickte sie
Driver an.
„Es hat keinen weiteren Mord
gegeben”, erwiderte dieser mit einem Lächeln. „Wir suchen immer noch nach dem
vierten potenziellen Opfer.”
Erleichterung machte sich in
Debbie breit.
„Du weißt, was das bedeutet?”
fragte sie Holger, nachdem Driver schlussendlich gegangen war.
„Wenn wir weiterhin davon
ausgehen, dass der nächste Mord nachts verübt werden soll…”, setzte Holger an.
„Dann haben wir einen ganzen Tag
gewonnen”, vollendete Debbie.
75.
Wenn das hier vorüber war, so
beschloss Herforth, würde sie vierundzwanzig Stunden durchschlafen. Bis dahin
jedoch würde sie jedes bisschen Energie, das ihr Körper herzugeben bereit war,
in die Aufklärung des Falls stecken. Sie saß mit einigen Kollegen in ihrem Büro
und ließ sich auf den neuesten Stand der Überprüfung von Internetforen bringen,
als ein uniformierter Beamter an die Tür klopfte und ihr erklärte, eine anonyme
Anruferin habe behauptet, ein gewisser Pascal Hausmann könne mit den Morden in
Verbindung stehen.
Alarmiert blickte Herforth auf.
Konnte das ihre erste Spur sein?
„Hat der Computer etwas über ihn?”
fragte sie den Uniformierten.
„Einiges”, erwiderte dieser,
wobei er nur schwerlich seinen Stolz, das bereits überprüft zu haben,
überspielen konnte. „Pascal Hausmann wird der radikalen linken Szene
zugeschrieben und ist bereits des Öfteren bei Demonstrationen Autonomer durch
Gewalttaten aufgefallen. Einige Verhaftungen und Anklagen wegen
Sachbeschädigung, allerdings bislang keine Verurteilungen.”
„Ein Globalisierungsgegner”,
murmelte
Weitere Kostenlose Bücher