Virus (German Edition)
an Ausdrucken vor ihm.
„Exakt”, erwiderte Driver.
„Somniaks Lebenslauf ist einfach zu perfekt und gleichzeitig sehr einfach. Nur
selten sieht man eine so makellose Vita. Irgendwo gibt es normalerweise immer
Einzelheiten, die sich nicht verifizieren lassen. Besonders bei einem Menschen
dieses Alters, denn in seiner Kindheit gab es noch keine Computer und
Datenerfassung wurde in weitaus geringerem Umfang durchgeführt als heute. Dennoch
konnten wir sogar seine Kinderkrankheiten nicht nur einmal auffinden, sondern
sogar anhand von zweiten Quellen bestätigen. Zudem kommt ihm die Simplizität
des Lebenslaufs natürlich sehr zu pass. Keine Frau und keine Kinder bedeutet,
dass er für diese nicht auch noch das zentrale Personenregister manipulieren
muss.”
„Sie glauben also, der komplette
Lebenslauf ist fingiert?” Holger war alles andere als überzeugt. Da lag der
perfekte Lebenslauf vor ihm und nun wollte Driver eben ob seiner Perfektion die
Echtheit anzweifeln?
„Ich halte es zumindest für
möglich, dass die Identität ‚Jo Somniak’ eine falsche ist, ja”, erwiderte
Driver.
„Und was bedeutet das für Ihr
weiteres Vorgehen?”
„Was wir nun tun, und womit meine
Leute bereits begonnen haben, ist, zu überprüfen, ob es Anhaltspunkte dafür gibt,
dass die gleiche Person irgendwo schon einmal unter einer anderen Identität
aufgetreten ist. Vielleicht können wir so herausfinden, wer sich wirklich
hinter der Maske ‚Jo Somniak‘ verbirgt.”
Das machte Sinn. Es schien Holger
durchaus der logische nächste Schritt zu sein, doch auf der anderen Seite
konnte er sich nicht im Entferntesten vorstellen, wie das möglich sein sollte.
Wenn jemand unter einem anderen Namen auftrat, wie konnte man dann wissen, dass
es sich um die gleiche Person handelte? Driver schien erneut die Fragezeichen
in Holgers Augen erkannt zu haben.
„Wir benutzen ein modernes
Gesichtsabgleichprogramm”, erklärte der CIA-Agent. „Das modernste der Welt, um
genau zu sein. Wir haben es selbst entwickelt.” Er versuchte sachlich zu
klingen, konnte den Stolz in seiner Stimme aber nicht restlos verbergen. „Dieses
Programm gleicht nun Fotos von Somniak mit Pressefotos, Verbrecherfotos,
Aufnahmen von Überwachungskameras oder auch TV-Beiträgen der letzten Jahre ab. Alles,
was wir irgendwo in Datenbanken finden können, wird mit seinem Foto verglichen.
Wenn er irgendwo schon einmal aufgetreten ist, dann finden wir ihn. Wenn er bei
diesem Auftritt einen anderen Namen hatte, dann haben wir ihn.”
„Und wenn er bei diesem Auftritt
völlig anders aussah?”
„Unser Programm überprüft eine
ganze Reihe an Merkmalen. Viele davon verändern sich nicht, wenn nicht mit
plastischer Chirurgie nachgeholfen wird. Zum Beispiel die Entfernung der Augen
zueinander, Höhe der Wangenknochen, Größe und Stand der Ohren, Form und Größe
der Nase et cetera. Natürlich ist unser Programm in der Lage, auch alters- oder
gewichtsbedingte Veränderungen zu erkennen oder bei Bärtigen das Gesicht ohne
Bart recht genau zu konstruieren.”
„Wow.” Holgers Staunen, das
eigentlich schon mit dem Betreten der Kommandozentrale einen Höchststand
erreicht zu haben schien, wuchs weiter. Driver hatte es gesagt. Wenn Somniak
irgendwo schon einmal aufgetreten war, dann würden sie ihn finden.
„Ein einziges Problem gibt es
dabei allerdings”, fügte Driver mit nicht mehr ganz so viel Stolz in der Stimme
an.
„Und das wäre?”
„Diese unglaubliche Datenmenge
stellt selbst für unsere Rechenkapazität eine echte Herausforderung dar.
Bedenken Sie, dass wir sein Konterfei mit ganzen Datenbanken von Bildern
abgleichen – und von diesen alleine schon riesigen Datenbanken gibt es eine
ganze Menge. Zudem muss das Programm jede Person, die theoretisch in Frage
kommt, genauer überprüfen. Kommt ein bärtiger Mann in Frage, so muss das
Programm den Bart wegrechnen, kommt ein dicker Mann in Frage, so muss das
Programm die Pfunde wegrechnen. Ich habe an Überwachungssystemen
heruntergefahren, was ich so eben noch verantworten konnte, um die maximale
Rechenleistung der Suche nach Somniaks Alter Ego zur Verfügung zu stellen, und
wir werden die Suche zunächst auf Norddeutschland und fanatisch-christliche
Gruppierungen beschränken. Trotzdem sollten wir nicht allzu bald mit Treffern
rechnen.”
Driver erhob sich.
„Kann ich Ihnen noch einen Kaffee
bringen, Herr Petersen?”
91.
Debbie hatte genug gesehen und
der Schock saß tief. Die letzten Stunden hatte
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