Virus (German Edition)
dunkelblondes Haar. Ein
wenig wirkte er wie der prototypische College-Quarterback, und die
Jugendhaftigkeit seines Gesichts, die spielend leicht sein wahres Alter
verdeckte, unterstrich diesen Eindruck.
Seine Ausstrahlung und sein
ganzer Habitus hatten etwas gewinnend Sympathisches, das Bobby nicht wirklich
beschreiben konnte, dessen er sich aber durchaus bewusst war. Nicht selten
hatte er sein Aussehen und seinen Charme eingesetzt, um junge Studentinnen ins
Bett zu kriegen. Dergleichen oberflächliche Affären hatte es zahlreiche
gegeben. Einzig die Frau, für die er wirkliches, die Oberfläche penetrierendes
Interesse entwickelt hatte, hatte er nicht gewinnen können. Doch inzwischen
berührte ihn das nicht mehr. Sie würde dafür bezahlen und er ein reicher Mann
sein.
Den Laptop auf seinem Schoß, überprüfte
er die Bewegungen der unzähligen Nummernkonten, die er vor einigen Wochen
eingerichtet hatte. Zu den Ländern, die künftig sein immenses Vermögen
verwalten würden, zählten in Europa die Schweiz, Österreich, Liechtenstein,
Andorra und die Kanalinseln. Dazu kamen die Karibikstaaten Antigua und Barbuda,
die Bahamas, die Kaiman Inseln sowie Costa Rica. All diese Länder waren bekannt
für ihre Diskretion und das Hüten des Bankgeheimnisses.
Allzu viel Geld war bislang nicht
auf seinen Konten eingegangen, doch damit hatte Bobby gerechnet. Die G8 spielte
auf Zeit und hoffte, ihn durch einen steten, aber geringen Geldfluss bei Laune
halten zu können. Dem war nicht so. Natürlich wäre es töricht, vor Eingang der
kompletten Summe gleich die Apokalypse losbrechen zu lassen, doch die Taktik
der Geheimdienste antizipierend, hatte er die Virenbomben so eingerichtet, dass
er sie individuell vermittels seines Telefons öffnen konnte.
Wenn beim Ertönen der sechsten
Posaune nicht die komplette Summe eingegangen war, so würde zunächst Sydney attackiert
werden. Es würde einerseits eine Warnung darstellen, die die Welt angesichts
Abertausender Todesopfer nicht weiter würde ignorieren können, andererseits
allerdings noch keine Pandemie auslösen, da der australische Kontinent leicht
unter Quarantäne zu stellen war, und die Geschäftsreisenden, die die Viren in
die Welt trugen, bald isoliert sein würden. Dann würde er ein neues Ultimatum
setzen und diesmal, da bestand kein Zweifel, würde der Geldfluss schneller
vonstattengehen.
Beim Ertönen der sechsten Posaune
gleich sämtliche Viren freizusetzen, wäre aus zweierlei Gründen ungeschickt.
Erstens würde er dann in Ermangelung eines Druckmittels keinen weiteren Penny
erpressen können, und zweitens wäre bei einer SARS-Pandemie auch seine eigene
Gesundheit nicht mehr sicher. Eine Pandemie würde nur dann über die Menschheit
hereinbrechen, wenn ihm etwas zustieß. Er hatte die Virenbomben so konstruiert,
dass er sie in regelmäßigen Abständen von vierundzwanzig Stunden mit seinem
Handy anwählen musste. Tat er dies nicht, so öffneten sie sich und setzten
ihren todbringenden Inhalt frei. Kam man ihm auf die Schliche, so würde er
wenigstens einen Großteil der Menschheit mit ins Verderben reißen. So in etwa
sah seine Vorstellung von Rache aus.
Allerdings würde dieses Szenario
nicht eintreten, und er außer Australien sicherlich kein weiteres Exempel
statuieren müssen. Am Kontinent down under hingegen führte
wahrscheinlich kein Weg vorbei. Schließlich konnten die Geheimdienste unmöglich
wissen, wie ernst es ihm mit seiner Drohung war und dass er in der Tat
Virenbomben in einundzwanzig Großstätten deponiert hatte.
Bobby schob den Laptop beiseite, erhob
sich von seinem Bett und streckte sich. Ihm fehlte der Sport. In dem engen
Pensionszimmer zu sitzen, entsprach nicht seiner Natur, doch als ehemaliger Navy
Seal war er darauf getrimmt, alles zu tun, was die Ausführung der Mission
verlangte. Er hatte tagelang in Erdlöchern gehockt, da würde er ein wenig Zeit
in einem Pensionszimmer wohl auch überleben. Er legte sich auf den Boden und
machte fünfhundert Sit-Ups , denen er hundert schnelle Liegestütze folgen
ließ. Dann drehte er sich auf den Rücken und blieb auf dem Boden liegen, die
Arme hinter dem Kopf verschränkt.
Er brauchte Bewegung, vermisste
die Endorphine, die körperliche Ertüchtigung zu geben in der Lage war, doch das
Zimmer zu verlassen stellte eine nicht kalkulierbare Gefahr dar. Er durfte
nicht riskieren, gesehen zu werden. Ansonsten war er vollkommen sicher hier.
Unter keinen Umständen konnten die Ermittler auf ihn kommen,
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