Virus
das die Bundeszuschüsse zur öffentlichen Gesundheitsfürsorge begrenzt …« Er mußte innehalten, um Luft zu holen.
»Höchst eindrucksvoll«, sagte Marissa. »Offenbar liegt ihm die amerikanische ärztliche Wissenschaft außerordentlich am Herzen.«
»In der Tat«, bestätigte Michael. »Sein Vater war praktischer Arzt, und ein sehr guter obendrein.«
»Aber soweit Sie wissen«, fuhr Marissa fort, »hat er jedenfalls mit irgendwelchen speziellen Projekten am Seuchenkontrollzentrum nichts zu tun.«
»Nicht das ich wüßte«, räumte Michael ein.
»Und ich kann doch sicher davon ausgehen, daß es hier nicht so leicht etwas gibt, wovon Sie nichts wissen.«
Michael grinste.
»Nun denn, vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte Marissa und erhob sich. Instinktiv spürte sie, daß sie von Michael Abrams nichts mehr Wissenswertes erfahren könne.
Wieder auf der Straße, fühlte sich Marissa aufs neue entmutigt. Ihr Wille, irgend etwas Positives zur Klärung ihrer Situation zu tun, wurde schon wieder schwächer. Sie wußte wirklich nicht, ob sie sich hier in Washington drei Tage um die Ohren schlagen sollte, um auf Markhams Rückkehr zu warten, oder ob sie lieber gleich nach Atlanta zurückkehren sollte.
Sie ging, eigentlich ohne festes Ziel, in Richtung auf das Kapitol. Sie hatte sich schon in einem Hotel in Georgetown angemeldet, also konnte sie auch bleiben. Sie konnte einige Museen und Kunstgalerien besuchen. Doch als sie dann die mächtige weiße Kuppel des Kapitols vor sich sah, mußte sie sich doch wieder fragen, wie denn ein Mann in Markhams Stellung dazu kam, sich um sie zu kümmern, selbst wenn er mit Dubchek befreundet sein sollte. Plötzlich zuckte ein Gedanke in ihr auf. Sie winkte einem Taxi, stieg rasch ein und fragte den Fahrer: »Da gibt es doch so eine Kommission für die Bundeswahlen; wissen Sie, wo das ist?«
Der Fahrer war ein pfiffiger Farbiger, der sich zu ihr umwandte und sagte: »Meine liebe Dame, wenn’s hier in der Stadt irgend etwas gibt, was ich nicht kenne, dann fahre ich Sie kostenlos hin!«
Zufrieden lehnte sich Marissa in den Sitz zurück undüberließ es völlig dem Taxifahrer, sie zum gewünschten Ziel zu bringen. Eine Viertelstunde später hielten sie vor einem nüchternen, nur halbwegs modernen Gebäude in einem schäbigen Außenviertel. Ein uniformierter Wachmann schenkte Marissa keine sonderliche Beachtung und beschränkte sich auf den Hinweis, daß sie sich ins Besucherregister eintragen müsse. Sie wußte eigentlich nicht genau, an welche Stelle sie sich wenden sollte, landete aber schließlich in einem Büro im Erdgeschoß. Dort waren vier Damen hinter grauen Metallschreibtischen fleißig am Tippen.
Als Marissa näher trat, stand eine von ihnen auf und fragte, ob sie behilflich sein könne.
»Vielleicht«, antwortete Marissa lächelnd. »Ich interessiere mich für die Finanzierung des Wahlkampfs eines Kongreßabgeordneten. Wie ich gehört habe, sind die Angaben darüber öffentlich zugänglich.«
»Das ist richtig«, bestätigte die Dame. »Was interessiert sie – die Ausgaben oder die zusammengekommenen Spenden?«
»Die Spenden, denke ich«, sagte Marissa mit einem Achselzucken.
Die Dame warf ihr einen fragenden Blick zu. »Und wie heißt der betreffende Kongreßabgeordnete?«
»Markham«, antwortete Marissa. »Calvin Markham.«
Die Frau ging zu einem runden Tisch, auf dem eine Reihe schwarzer Ringbücher stand. Sie suchte das richtige heraus und fand dann unter M die entsprechenden Hinweise auf bestimmte Mikrofilme, auf denen die jeweiligen Angaben notiert waren. Dann führte sie Marissa an ein großes Regal mit Mikrofilmkassetten, holte die entsprechende Kassette heraus und legte sie in das Lesegerät ein. »An welchen Wahlen sind Sie denn besonders interessiert?« fragte sie, um die betreffenden Kennziffern eingeben zu können.
»Nun ja – vorwiegend die letzte«, meinte Marissa. Sie wußte eigentlich immer noch nicht genau, was sie suchte – jedenfalls irgendeine Möglichkeit, Markham entweder mitDubchek oder dem Seuchenkontrollzentrum in Verbindung zu bringen.
Das Lesegerät wurde eingeschaltet, und zunächst schwirrten die einzelnen Mikrofilme so rasch vorbei, daß sie nur ganz verschwommen wahrnehmbar waren. Dann drückte die Frau auf einen Knopf und zeigte Marissa, wie man die Ablaufgeschwindigkeit regulieren konnte. »Wenn Sie Kopien machen wollen – jede Kopie kostet fünf Cent. Sie müssen das Geld hier einwerfen!« Dabei
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