Virus
deutete sie auf einen Schlitz für den Münzeinwurf. »Wenn Sie Probleme haben, brauchen Sie es mir nur zu sagen.«
Marissa war fasziniert sowohl von dem Gerät als auch von den Informationen, die hier geboten wurden. Als sie die Namen und Anschriften der Spender durchging, die zu Markhams stattlichem Etat für seine Wiederwahl beigetragen hatten, fiel ihr bald auf, daß Markham finanzielle Unterstützung aus den gesamten Vereinigten Staaten genoß und keineswegs nur aus seinem Bezirk in Texas. Sie hätte nie gedacht, daß das so sei, ausgenommen vielleicht den Sprecher des Repräsentantenhauses oder den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses. Außerdem stellte sie fest, daß ein Großteil der Spender Ärzte waren, was Markhams starkes Engagement für Gesetze im Bereich des Gesundheitswesens erklärte.
Die Namen waren in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, und obwohl sie sehr sorgfältig den ganzen Buchstaben D durchging, stieß sie nicht auf den Namen Dubchek. Es war ja ohnehin eine verrückte Idee gewesen, sagte sie sich – woher sollte denn Cyrill das Geld haben, um einen mächtigen Abgeordneten zu beeinflussen. Irgendeinen Einfluß auf Markham mochte er ja haben – aber jedenfalls keinen finanziellen. Marissa mußte lachen – wenn sie daran dachte, daß sie Tad für naiv gehalten hatte!
Dennoch machte sie sich eine Kopie aller Spender mit dem Entschluß, sie zu Hause in Ruhe durchzugehen. Sie stellte fest, daß ein Arzt mit sechs Kindern die Höchstsumme gespendet hatte, die ihm für sich und jedes seiner Familienmitglieder zugebilligt war. Das war tatkräftige Unterstützung! Am Ende der Liste der persönlichen Spender folgte die Zusammenstellung juristischer Personen, die gespendet hatten. Eine Gruppe, die sich »Vereinigung von Ärzten zur politischen Interessenvertretung« nannte, hatte mehr gespendet als sämtliche texanischen Ölgesellschaften zusammen. Marissa ging bis zur vorhergehenden Wahl zurück und stieß dabei auf den gleichen Sachverhalt. Das war eindeutig eine langfristig aktive Organisation, und der Abgeordnete Markham war ihr sichtlich teuer.
Marissa bedankte sich bei der Frau, verließ das Gebäude und winkte ein Taxi heran. Während es sich durch den Feierabendverkehr quälte, ging Marissa genauer die Namen der persönlichen Spender durch. Plötzlich ließ sie erstaunt die Blätter sinken – in der Mitte einer Seite war ihr der Name Dr. Ralph Hempston aufgefallen. Sicher war es ein Zufall, der ihr bestätigte, wie klein die Welt doch war. Aber bei nochmaligem Nachdenken kam ihr die Sache gar nicht mehr so überraschend vor. Etwas, was sie an Ralph schon immer gestört hatte, war dessen konservative Grundeinstellung gewesen. Es sah ihm eigentlich ganz ähnlich, einen Kongreßabgeordneten wie Markham zu unterstützen. Es war halb sechs, als Marissa die Eingangshalle ihres Hotels betrat. Als sie an einem kleinen Zeitschriftenstand vorbeikam, sprang ihr die Schlagzeile der Washington Post in die Augen: »Ebola schlägt wieder zu!«
Wie von einem Magnet angezogen, trat Marissa auf den Zeitschriftenstand zu. Sie griff nach einer Nummer und las den Untertitel: »Die neueste Plage versetzt die Stadt der Brüderlichen Liebe in Angst und Schrecken!«
Während sie im Portemonnaie nach Kleingeld suchte, begann sie schon weiterzulesen, und auch auf dem Weg zum Aufzug blieb sie in die Zeitung vertieft. Es war die Rede von drei vermuteten Ebola-Fällen im Berson-Krankenhaus in Abington, Pennsylvania, unmittelbar am Stadtrand von Philadelphia. Der Zeitungsbeitrag schilderte weitverbreitete Panik in der Stadt.
Als sie gerade den Knopf für ihr Stockwerk drückte, las sie, daß Dubchek zitiert wurde mit der Versicherung, daß man den Ausbruch zweifellos bald unter Kontrolle bringen werde und daß keinerlei Grund zur Besorgnis bestehe – das Seuchenkontrollzentrum hätte schließlich bei den drei letzten Ausbrüchen der Krankheit viele Erfahrungen sammeln können.
Peter Carbo, einer der Vorkämpfer für die Rechte der Homosexuellen in Philadelphia, wurde mit der Bemerkung zitiert, er hoffe doch sehr, daß es Jerry Falwell aufgefallen sei, daß bisher nicht ein einziger als solcher bekannter Homosexueller von der Krankheit befallen worden sei, die noch weit gefährlicher als AIDS und im übrigen aus der gleichen Region Afrikas eingeschleppt worden sei.
In ihrem Zimmer angelangt, blätterte Marissa um zu einer Seite mit Fotos. Die Aufnahme von der Polizeiabsperrung vor dem Eingang zur
Weitere Kostenlose Bücher