Viscount und Verfuehrer
lebhaft, während sie versuchte, ihre wirren Löckchen wieder unter die Schute zu stopfen. „Das war wirklich erfrischend. Hoffentlich hat es Ihr Pferd nicht zu sehr ermüdet.“
„Bestimmt hat es den kleinen Trab genossen. Hier in der Stadt bekommt es ohnehin nicht genug Auslauf.“ Der Viscount öffnete den Schlag und sprang leichtfüßig zu Boden. Dann drehte er sich um, schloss die Tür und tippte sich an den Hut. „Mrs. Thistle-Bridgeton. Lady Elizabeth. Danke fürs Mitnehmen.“
„G-g-gern g-g-geschehen“, erwiderte Beth mutlos. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie sich zum Viscount hingezogen fühlte. Aber sie konnte auch nicht so tun, als unterschiede er sich nicht von ihren anderen Verehrern. Irgendetwas stimmte da nicht. Etwas war ... verdächtig. Warum hatte er so viele Fragen über ihren Großvater gestellt?
Vom Stallburschen nahm Westerville die Zügel seines Pferdes entgegen, aber bevor er aufstieg, hob er noch Beths Hand, die auf dem Wagenschlag gelegen hatte, und führte sie an die Lippen. Ein prickelndes Gefühl zuckte an ihrem Arm empor und setzte sich in ihren Brüsten fest. Unwillkürlich krampfte sie die Finger zusammen, und er gab sie frei. Dann trat er zurück und schwang sich auf sein Pferd.
Von dort lächelte er noch einmal auf sie hinunter. „Guten Tag, Mrs. Thistle-Bridgeton. Lady Elizabeth. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“
Beatrice seufzte. „Was für eine wunderbare Ausfahrt. Danke für Ihre Gesellschaft.“
Beth sagte nichts.
Das schien den Viscount nicht weiter zu stören. Er lächelte sie nur an, wendete sein Pferd und ritt davon.
Beatrice sah ihm nach und meinte einen Moment später widerstrebend: „Wirklich, ein schöner Mann.“ Beth hob die Brauen, und Beatrice errötete. „Nun ja“, ergänzte sie, „er ist attraktiv, aber absolut unpassend.“
Beth schüttelte den Kopf. „Was bist du nur für ein Gänschen. Der Mann braucht dich nur anzulächeln, und schon sinkst du vor ihm in die Knie.“
„Ich weiß. Harry sagt, er wagt nicht, je ohne mich zu verreisen, weil zu befürchten stünde, dass ich mich vor seiner Rückkehr in den neuen Lakaien verlieben würde. “
„Du würdest Harry doch nie verlassen.“
„Ich weiß“, stimmte Beatrice zu, sah dem Viscount aber immer noch voll Bewunderung nach.
Beth strich sich die windzerzausten Röcke glatt. Dabei flatterte ihr ein kleines Stück Papier aus der Hand und landete neben ihren Füßen.
Beatrice war immer noch vollauf beschäftigt damit, sich die Locken unter den Hut zu stecken, und sah nicht, wie Beth sich bückte und den Zettel aufhob.
Vorsichtig faltete sie ihn auseinander. In kühnen Buchstaben stand dort geschrieben: Treffen Sie mich morgen um zehn im Britischen Museum. Wenn Sie es wagen.
Beth blickte noch einmal zum Viscount, der langsam davontrabte. Er saß so selbstbewusst auf dem Pferd, ein dunkler Reiter, der alle anderen im Park überstrahlte. Mehr als eine Dame sah ihm voll Verlangen nach.
Beth umklammerte das Retikül auf ihrem Schoß. Er war einfach so ... köstlich. Ja, es klang merkwürdig, aber er war einfach köstlich, wie Himbeereis oder ein Stück Konfekt. Merkwürdig, aber unter diesem Aspekt hatte sie noch keinen Mann betrachtet. Sie sah zu Beatrice hinüber und ertappte ihre Cousine dabei, wie sie Westerville nachsah, als wollte sie ihn auf der Stelle anbeißen. „Beatrice!“
Beatrice errötete schuldbewusst. „Nur weil ich verheiratet bin, heißt das noch lange nicht, dass ich einen schönen Mann nicht zu schätzen weiß. Vor allem, wenn er so hübsche Augen und ein so umwerfendes Lächeln hat. O Beth, er hat fast etwas Engelhaftes an sich.“
„Engelhaft? Ich wollte gerade sagen, dass er den Teufel in sich hat.“
„Das auch, kein Zweifel. Aber wenn er dann lächelt ...“ Beatrice seufzte und fächelte sich Luft zu. „Das macht ihn ja so gefährlich, daher werde ich herausfinden, was ich kann.“
„Über ihn?“
„Natürlich über ihn! Ein bisschen weiß ich schon, aber das reicht nicht. So attraktiv, wie er ist, und so, wie man ihm seit seiner Ankunft in London nachstellt, gibt es sicher Hunderte von Frauen, die irgendwelche Informationen über ihn haben. Ich werde mit den Witwen anfangen und mich zu den gefallenen Frauen Vorarbeiten, und mit allen will ich klatschen, klatschen und noch mal klatschen, bis ich irgendetwas in Erfahrung gebracht habe.“
„Was für ein Opfer!“
Beatrice tätschelte Beths Hand. „Für dich tue ich doch alles.“
„Aber
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