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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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ließen. Die Männer trugen schwarze Wämser mit wertvollen Pelzkragen und die Frauen prächtige blaue Brokatkleider und wunderschöne Spitzentücher über den Schultern. Alle schwiegen andächtig. Hin und wieder stieß einer den anderen an oder stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen besseren Blick auf die Zeremonie zu erhaschen, die vorne am Altar abgehalten wurde.
    Jana zupfte Alex am Ärmel und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Wie Schatten glitten sie zwischen den stummen Zuschauern hindurch. Alex war überrascht, dass offenbar niemand sie sehen oder ihre Berührung spüren konnte. Bald standen sie ganz vorne in der ersten Reihe.
    »Eine Hochzeit«, flüsterte Jana Alex zu. »Zwischen einer Kurilen-Prinzessin und dem jungen Anführer eines weniger angesehenen Medu-Klans. Das banale Ereignis, von dem ich gerade gesprochen habe.«
    Alex blickte sich vorsichtig um, um sich zu vergewissern, dass wirklich niemand auf sie achtete. Der Gedanke, dass sie beide für all diese Menschen Luft waren, behagte ihm gar nicht. »So banal wirkt es gar nicht«, wandte er schließlich ein. »Es sind ganz schön viele Zuschauer gekommen. Und sie haben sich alle ziemlich herausgeputzt.«
    »Tja, die Braut stammt ja auch aus einer der angesehensten Kurilen-Familien, die dem Königshaus sehr nahesteht. Sieh mal nach rechts. Der alte Mann mit dem weißen Cape und dem schwarzen Barett ist der König persönlich. Ich hab mal eine Abbildung von ihm gesehen, ich würde ihn überall wiedererkennen.«
    »Er wirkt so unruhig. Ständig sieht er zur Tür.«
    »Ja, er achtet nicht besonders auf die Zeremonie. Er wartet auf jemanden – auf seinen Sohn Zephyr. Aber der wird nicht kommen.«
    Alex musterte das strenge, angespannte Profil des Königs, dessen Blick jetzt auf die Brautleute gerichtet war.
    »Sein Sohn Zephyr, der Kronprinz der Kurilen, hat alles getan, um diese Hochzeit zu verhindern«, sprach Jana mit gedämpfter Stimme weiter. »Er hat seinen Vater gewarnt, durch dieses Bündnis werde eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die letztlich zur Vernichtung der Kurilen durch die anderen sechs Klane führe. Er behauptet, das hätte er in einem seiner magischen Bücher über die Zukunft gelesen, aber niemand glaubt ihm. Kein anderer Kurile hat so eine Vision gehabt. Und außerdem wissen alle, dass Zephyr heimlich in die Braut verliebt ist, schon seit beide klein waren. Kurz gesagt, der König und seine Berater sind überzeugt, dass Zephyr diese Heirat aus Eifersucht vereiteln wollte. Sie wissen nicht, wie sehr sie sich täuschen!«
    Alex beobachtete das Brautpaar, das am Altar einer rothaarigen Frau mittleren Alters zuhörte, einer Art Priesterin, die mit geschlossenen Augen eine lange Litanei sang. Die Braut trug eine weiße Haube und ein langes weißes Kleid, der Bräutigam war ganz in Braun gekleidet, nur seine Samtmütze war schwarz. Beide waren schön und so jung, dass sie wie Teenager aussahen. Noch etwas fiel ihm jetzt auf: Die Braut mit der hellen Haut und den langen blonden Wimpern hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Jana.
    Ohne ihren Gesang zu unterbrechen, trat die Priesterin hinter das Brautpaar und legte den beiden die Hände zusammen. Etwas bewegte sich zwischen ihren Fingern: eine winzige goldene Schlange, die lautlos über den Handrücken des Mädchens glitt, sich zuerst um ihren Ringfinger und dann um den des Bräutigams wand. Auf diese Weise waren beide Finger durch eine golden funkelnde Acht verbunden, die in ständiger Bewegung war und Alex an das mathematische Zeichen für »unendlich« erinnerte.
    Eine lange Formel in einer unverständlichen Sprache murmelnd, nahm die Priesterin der Braut die Haube ab. Wie ein Wasserfall ergoss sich das blonde Haar auf die Schultern des Mädchens. Zum gleichen Zeitpunkt überzog sich die durchscheinende Seide ihres Kleides mit grünen Stickereien, die in alle Richtungen wucherten, als gehörten sie zu einer Schlingpflanze. Alex kam es sogar so vor, als würden einige der Ranken über den Stoff hinauswachsen und ihren Schatten auf die zarte Haut des Mädchens malen. Aufgeregt warf er Jana einen raschen Blick zu. Jetzt, wo die Braut das lange Haar offen trug, war die Ähnlichkeit zwischen beiden noch größer geworden.
    In diesem Moment bewegten sich zwei Reihen alter Männer in prächtigen karminroten Tuniken vom Haupteingang her auf den Altar zu. Sie trugen grün flackernde Öllampen und hatten einen düsteren Gesang angestimmt. Als sie bei den Brautleuten angelangt waren,

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