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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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Tätowierungen bei den Skythen, Ägyptern und Maya – Tätowierungen bei den Maori und Polynesiern. Die Qualität der Schwarz-Weiß-Abbildungen war leider nicht besonders gut. Kurz vertiefte er sich in ein Kapitel über die seltsamen blauen Tätowierungen der Pikten im alten Schottland. Alles natürlich sehr schön anzusehen, aber es war nichts dabei, was seinem »keltischen Liebesknoten« auch nur entfernt ähnlich sah. Er begann querzulesen, um zu sehen, ob irgendwo magische Tätowierungen erwähnt wurden. Doch der Ansatz des Buchs enttäuschte ihn bald. Man sah Tätowierungen schon immer als künstlerische Veränderung des Körpers an, mit der etwas Spirituelles zum Ausdruck gebracht wurde. In manchen Kulturen hatten sie zusätzlich eine esoterische Bedeutung. Das war mehr oder weniger das, was Jana ihm erzählt hatte.
    Es hatte nichts mit dem zu tun, was er nach dem Tätowieren erlebt hatte, während er mit Jana in der Küche und später im Garten gesessen hatte. Die erweiterten Sinneseindrücke, die Fähigkeit, selbst die leiseste Modulation in Janas Stimme wahrzunehmen und ihre Bedeutung zu erfassen, die unerträglichen Schmerzen, als er sie berührt hatte… Ob es ein Buch gab, in dem es um all diese Dinge ging?
    Er wollte das Arbeitszimmer gerade verlassen, als sein Blick auf das Schachbrett fiel. Es lag auf dem Schreibtisch, an der Stelle, wo früher der Computer seines Vaters gestanden hatte. Nach seinem Tod hatte die Polizei alle Computer im Haus konfisziert und nie zurückgegeben. Früher hatte das Schachbrett seinen festen Platz im Salon gehabt, wo Hugo regelmäßig mit ihm und Laura spielte. Wer hatte es ins Arbeitszimmer verbannt? Seine Mutter? Laura?
    Seltsam, er hatte nie mehr an die Samstagnachmittage mit seinem Vater gedacht, an ihre Schachpartien, daran, wie die Holzfiguren über das alte Schachbrett, dessen weiße Felder aus Perlmutt bestanden, gezogen waren. Jetzt kamen ihm zum ersten Mal seit langer Zeit wieder konkrete Bilder in den Sinn: sein Vater, der mit geistesabwesender Miene den Spielverlauf kommentierte und die verschiedenen Zugmöglichkeiten gegeneinander abwog. Schach ist die Kunst, die Zukunft vorherzusagen , hatte er oft erklärt. Ein guter Spieler zeichnet sich dadurch aus, dass er die Konsequenzen seiner Entscheidungen vorhersieht und jederzeit alle möglichen Spielverläufe im Blick hat. Soweit Alex sich erinnerte, hatte er es nie geschafft, seinen Vater zu besiegen, aber Hugo hatte ihn immer wieder ermuntert, es zu versuchen, und ihm versichert, eines Tages werde er es schaffen. Dieser Tag würde nie mehr kommen. Vielleicht war sein Interesse am Schachspiel deshalb erloschen.
    Er betrachtete die Stellung der Figuren auf dem Brett. Er hatte eine angefangene Partie vor sich, ein paar Figuren waren schon geschlagen worden. Auf den ersten Blick schien Weiß im Vorteil zu sein, aber er war nicht ganz sicher. Täuschte der Eindruck?
    Doch er hatte keine Lust, die Partie im Einzelnen zu analysieren, und so wanderte sein Blick wieder zu dem Foto von Hugo, der ihn aus seinem silbernen Rahmen aufrichtig und strahlend anlächelte. Daneben lag eine Mappe, die Alex nur allzu gut kannte. Ihre Mutter hatte Laura und ihn eines Abends zusammengerufen, um sie ihnen zu zeigen: Sie enthielt zwei separate Berichte von Privatdetektiven, die sich mit den Umständen von Hugo Torres’ Tod befassten. Beide waren von ihr selbst beauftragt worden und beide kamen zum selben Ergebnis, das sich kaum von dem der Polizei unterschied.
    Mit zitternder Hand zog Alex an den Gummibändern, um die Mappe zu öffnen. Da waren die Dokumente, fein säuberlich ausgedruckt und zusammengeheftet, samt Fotos, Lageskizzen und ballistischem Gutachten. Unabhängig voneinander hatten die zwei Detektive einen Schluss gezogen: Hugo Torres hatte Selbstmord begangen, das bewiesen die Indizien, auch wenn seine Frau felsenfest darauf beharrte, dass sie genau das Gegenteil bezeugten. Offenbar hatte er mehr als einen Grund gehabt, sich das Leben zu nehmen. Bei seinen Börsengeschäften war er hohe Risiken eingegangen und hatte seine besten Kunden in den Ruin gestürzt. Auch er selbst hatte alles verloren, was er besaß. Ende der Geschichte. Um sich dem Skandal und der anstehenden gerichtlichen Untersuchung zu entziehen, wählte Hugo den Tod, in seinem Privatbüro der Versicherungsgesellschaft Tecnos, einem der Unternehmen, die Insolvenz hatten anmelden müssen. Durch einen Schuss in die Schläfe, rasch und gezielt. Wie alles, was er

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