Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
Vom Netzwerk:
ich liebe, auch noch, dass er verschwinden soll.
    »Kait«, sagte Rob, als habe er sie gar nicht gehört, »ich habe mich getäuscht. Das ist keine Migräne. Das ist überhaupt kein gewöhnlicher Kopfschmerz. Ich glaube, du leidest darunter, dass du so schnell so viel Energie verbraucht hast – übersinnliche Energie. Du bist total ausgelaugt.«

    Kaitlyn brachte nur ein schwaches »Und das bedeutet? « heraus.
    »Das bedeutet, dass ich dir helfen kann. Wenn du mich lässt.«
    Aus einem ihr unerfindlichen Grund beunruhigte Kaitlyn das. Doch der unerträgliche Schmerz erleichterte ihr die Entscheidung. »In Ordnung …«
    »Gut. Dann entspann dich, Kaitlyn.« Robs Stimme war leise, aber energisch. »Am Anfang fühlt es sich vielleicht seltsam an, aber bitte kämpf nicht dagegen an. Ich muss einen offenen Transferpunkt finden.«
    Kühl und geschickt strichen seine Finger zu beiden Seiten über Kaitlyns Hals, verharrten einen Moment, suchten weiter. Sanft fuhren sie zu der empfindlichen Stelle hinter dem Kiefer. »Nein …«, murmelte Rob.
    Vorsichtig nahm er Kaitlyns Hand. Mit dem Daumen drückte er leicht auf die Handinnenfläche, mit dem Zeigefinger gegen den Handrücken. Auch hier schien er nach etwas zu suchen, tastete sich millimeterweise weiter. Fast wie eine Krankenschwester, die nach einer Ader sucht, um Blut abzunehmen.
    »Nein.«
    Rob rutschte etwas zur Seite. »Wir versuchen es anders. Rutsch mal ein bisschen rüber.« Kaitlyn schob sich weiter an den Rand des Bettes. Automatisch öffnete sie die Augen, schloss sie aber rasch wieder. Rob
beugte sich über sie, das Gesicht nah an ihrem. Das Pochen seines Herzens verstärkte ihren Schmerz.
    »Was …?«, keuchte sie.
    »Das ist eine der direktesten Methoden des Energietransfers«, sagte er schlicht. »Wird oft gemacht.«
    Dass er so gar nicht verlegen oder befangen war, rettete Kaitlyn. Sie ließ die Augen geschlossen und hielt still, während er seine Stirn auf ihre legte. Ihre Lippen berührten sich fast.
    »Hab’s«, murmelte er. Sein Mund streifte ihre Lippen, aber er schien es gar nicht zu bemerken. »Jetzt konzentrier dich auf die Stelle, an der es wehtut.«
    Noch vor einer Minute war sie nicht in der Lage gewesen, über irgendetwas anderes nachzudenken als den Schmerz. Doch nun war Kaitlyns Bewusstsein völlig von Robs Gegenwart erfüllt. Sie wollte sich nicht bewegen, nicht atmen. Sie konnte seinen ganzen Körper spüren, obwohl nur seine Stirn sie berührte. Sein drittes Auge auf meinem dritten Auge, dachte sie benommen.
    Dann, auf einmal, erfasste sie ein neues Gefühl und vertrieb alle Gedanken an seinen Körper. Es war so neu, dass sie es nicht einordnen konnte.
    Es war nichts, was sie hätte sehen, schmecken oder ertasten können, auch wenn Kaitlyns benebeltes Gehirn es in diesen Kategorien zu erfassen versuchte. Hätte sie es sehen können, so wären es wohl viele
Millionen Lichter gewesen, die wie Juwelen leuchteten. Ein in vielen Farben changierendes Funkeln, Flimmern und Glitzern.
    Hätte sie es spüren können, so hätte es sich angefühlt wie ein Druck, kein unangenehmer Druck, sondern einer, der den Kopfschmerz kraftvoll hinwegfegte. Wie ein Strom, der durch ihren Kopf flutete und alles hinausspülte, was sich dort angesammelt und abgelagert hatte.
    Hätte sie es schmecken können, so wäre es wie frisches sauberes Wasser gewesen, Wasser, das sie gierig trank wie ein erschöpfter Langstreckenläufer, dessen Mund nach der Anstrengung trocken und staubig ist.
    Es war elektrisierend – und überwältigend. Es nahm ihr nicht einfach nur den Schmerz, es erfüllte sie mit Leben.
    Kaitlyn wusste nicht, wie lange sie da lag und die lebensspendende Energie trank. Doch einige Zeit später setzte sich Rob langsam auf. Sie öffnete die Augen.
    Sie sahen einander an.
    »Ich danke dir«, hauchte Kaitlyn kaum hörbar.
    Sie dachte, er würde lächeln und nicken. Stattdessen blinzelte er sie nur an. Zum ersten Mal erlebte sie, dass er um Worte verlegen war.
    Und dann, als sie einander so ansahen, geschah etwas
ganz Einfaches. Keiner von Ihnen wandte sich ab. Sie unterbrachen die Spannung zwischen ihnen nicht.
    Die Luft zwischen ihnen schien zu flirren.

KAPITEL NEUN
    Es war, als sähe Rob sie zum ersten Mal, ja, als sähe er überhaupt zum ersten Mal ein Mädchen. Er wirkte überrascht, nachdenklich, wie jemand, der noch nie Musik gehört hat, und als er einige Töne einer wunderschönen Melodie vernimmt, unbedingt wissen will, wie sie weitergeht.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher