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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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Und dann
gab es da noch die Ausreißer, die aussahen als kämen sie gerade aus dem
Fitnessstudio oder wären auf dem Weg zu einem Punkertreffen.
    Â»Du musst jetzt ins
Krankenhaus, um dir die Werwolfimpfung geben zu lassen«, sagte Sike. Sie
dirigierte mich Richtung Ausgang und stützte mich, da ich dank meiner
Oberschenkelverletzung stark humpelte. Mit einem Nicken signalisierte sie den
Türstehern, das Portal für uns zu öffnen. »Ich rufe dir einen Wagen«, versprach
sie, nachdem sie mich an einer Mauer abgestellt hatte, an der ich mich anlehnen
konnte. Offenbar hatte sie ihr Headset wieder eingesetzt, denn sie rasselte ein
paar Anweisungen herunter, bevor sie sich mir zuwandte: »Du siehst beschissen
aus. Lass jetzt bloß nicht den Werwolf raus, das würde uns ganz schön dumm
dastehen lassen.«
    Ich zupfte an dem
blutverschmierten Oberteil, in dem ich erbärmlich fror. »Vielen Dank auch.«
    Kopfschüttelnd suchte Sike nach
einer Zigarette. »Tut mir leid.« Als sie eine gefunden hatte, schaute sie hoch.
»Also, was ist mit dir passiert?«
    Â»Nett, dass du fragst.« Während
ich zusah, wie sie die Zigarette anzündete, wünschte ich mir, ich hätte auch
eine schlechte Eigenschaft, auf die ich mich in Stresssituationen stützen
könnte. »Jorgen – das ist ein gebissenes Mitglied von Harscher Schnee – hat
mich angegriffen.«
    Sike kniff die Augen zusammen.
»Dann wird Anna mal ein Wörtchen mit dem Rudel reden müssen. Jetzt, wo ihre
Position gefestigt ist … einen solchen Affront dürfen wir nicht zulassen.«
    Â»Die Frage ist: warum?
Eigentlich geht die Bedrohung von einem anderen Werwolf aus, von Viktor.«
    Sike nahm einen tiefen Zug und
stieß den Rauch aus. »Den habe ich überprüft, er ist zu jung, zu unbesonnen.
Kabinett Grey würde niemals so jemanden beauftragen. Und wenn sie etwas gegen
Anna geplant haben, dann hätten sie es während der Zeremonie durchgezogen.
Jetzt ist sie drin. Nun darf sie ihr eigenes Kabinett gründen.«
    Â»Juhu?«, fragte ich voller
Sarkasmus.
    Â»Du bist so kleingeistig, dass
du einfach nicht begreifst, was das bedeutet.« Nun stieß sie den Rauch wie ein
Drache durch die Nase aus. »Anna ist lebendig, und das heißt, dass sie
jederzeit frisches Blut produzieren kann. Ihre Getreuen werden niemals auf Y4 betteln gehen müssen.
Blut ist Macht, und Anna ist eine sprudelnde Quelle.«
    Â»Willst du damit sagen, dass
ich jetzt in Sicherheit bin?« Ich schob meine Hände unter die Achseln, um sie
zu wärmen.
    Sike war völlig gelassen:
Aufgestylt und strahlend stand sie da, rauchte in dramatischer Pose ihre
Zigarette, ohne das leiseste Frösteln. Irgendwann in naher Zukunft würde sie
sogar Fangzähne haben. »Ich will damit sagen: Fahr zu Y4 , verpass dir die
Spritze und bleib am besten dort, bis wir dich holen kommen. Keine Sorge, die
Schatten werden dich bis Sonnenaufgang beschützen.«
    Â»Was das betrifft …«
    Eine Gruppe plaudernder Vampire
trat durch die Tür, gleichzeitig hielt ein Wagen vor uns. Sike klopfte zweimal
auf die Motorhaube und wandte sich dann lächelnd zu mir um: »Siehst du? Und
schon geht es los. Wolltest du noch etwas sagen?«
    Mit so vielen Vampiren in
Hörweite konnte ich ihr nicht verraten, dass die Schatten weg waren. »Du
solltest nicht rauchen, das ist ungesund.«
    Â»Und, was macht das schon? Ich
werde sowieso bald tot sein.« Mit gespitzten roten Lippen nahm sie einen
weiteren Zug.
    Â»Noch bist du es nicht.«
    Sie musterte die Zigarette
zwischen ihren Fingern und lächelte säuerlich. Dann ließ sie die Kippe fallen
und trat sie mit einem abfälligen Schnauben aus.
    Die Kratzspuren an
meinem Bein brannten, als ich einstieg, aber ich hoffte, dass es nur die
offenen Wunden waren und nicht die Zeichen einer beginnenden Wer-Infektion.
Sike winkte Gideon heran und befahl ihm, sich neben mich in den Wagen zu
setzen.
    Â»Was für ein Zufall«, begrüßte
ich Gideon, als er zu mir auf den Rücksitz kroch. Er trug jetzt Handschuhe und
einen Ledermantel. Seine Webcam hatte er offenbar gegen ein Objektiv
eingetauscht, das wie ein drittes Auge mitten auf seiner Stirn prangte. Er
grunzte zur Begrüßung, während er sich einen Hut aufsetzte.
    Der Chauffeur fuhr los, ohne
sich nach unserem Ziel zu erkundigen, also ging ich davon aus, dass er klare
Anweisungen

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