Visite bei Vollmond
Luz. Sie können unmöglich abschätzen, was das in seinem Körper
auslöst â¦Â«
»Das ist keine Droge.« Als ich
sie misstrauisch anstarrte, fuhr sie fort: »Ich schwöre es. Es ist eine Art
Aufputschmittel. Wie bei ⦠Wodka Red Bull. Das Red Bull kann ja auch nichts
dafür, dass im Wodka Alkohol ist.«
»Selbst wenn das wahr ist, ist
es keine gute Idee. Er kann sich momentan nicht aufsetzen, um zu schlucken.
Wenn Sie ihm das einflöÃen, kann er daran ersticken«, erklärte ich möglichst
streng und legte die Phiole zurück in ihre Hand. Zusammengenommen enthielten
die vier Fläschchen vielleicht zwei Esslöffel Flüssigkeit. In Wahrheit war es
schwer vorstellbar, dass er daran ersticken würde.
»Sie wissen ja nicht, was ich
erlebt habe. Dieses Zeug«, sie lieà die Fläschchen über ihre Handfläche rollen,
»ist manchmal besser als jeder Rausch.« Abrupt schloss sie die Finger, sodass
die Phiolen klirrend aneinanderschlugen. »Vielleicht macht es ihn gesund.«
»Das ist kein Spiel, seine
Verletzungen werden dadurch nicht einfach verschwinden.«
»Ich bin seine Hyna, ich muss
alles versuchen.«
Ich hatte keine Ahnung, was
eine Hyna war, und ich hatte immer noch das Recht, sie einfach rauszuwerfen.
Genau deswegen hasste ich Besucher. Reichte man ihnen den kleinen Finger,
nahmen sie gleich den ganzen Arm.
»Tut mir leid.« Ich streckte
die Hand aus. »Geben Sie das her.«
»Oooh, nein â¦Â«
Ich schüttelte den Kopf. »Geben
Sie es mir, sonst werde ich Sie rauswerfen.« Es machte mir keinen SpaÃ, den
bösen Cop zu spielen, aber auf keinen Fall würde ich zulassen, dass sie ihm
eigenständig Medikamente, Vitamine oder irgendein Wundermittel gab, das nicht
im Lehrbuch stand.
Mit einem giftigen Blick lieÃ
sie die Phiolen in meine ausgestreckte Hand fallen. Ich warf sie in den
Sondermülleimer an der Wand und ging hinaus.
»Ich mache jetzt Pause«,
meldete ich der Stationsschwester. Und wenn ich zurückkam, war Luz hoffentlich
nicht mehr ganz so wütend.
»In fünfzehn Minuten sind Sie
zurück«, befahl die Stationsschwester, während ich durch die Doppeltür in den
Wartebereich verschwand.
»Na endlich.« Sike
sprang auf, sobald sie mich sah. Dann ging sie vor mir zum Aufzug und drückte
den Knopf.
»Ich begreife immer noch nicht,
warum du keinen Zugang zu Y4 bekommst«, meinte ich, als der Fahrstuhl kam.
»Ich auch nicht«, erklärte Sike
und stieg ein.
Wir brachten das Labyrinth aus
Fluren hinter uns, das zu Y4 führte, und erreichten endlich den
entscheidenden Fahrstuhl. »Weià der Teufel, warum der bei mir nicht
funktioniert«, erklärte sie. Ich wedelte mit meinem Ausweis vor der Tür herum,
die Kabine kam und wir stiegen ein.
»Unser Zugang wird von den
Schatten kontrolliert. Du müsstest sie fragen.« Ich spähte in die dunklen Vertiefungen
hinter den Deckenleuchten. »Vielleicht wollten sie einfach nicht, dass du nach
unten kommst.«
»Und jetzt ist es plötzlich
okay?« Sike runzelte zweifelnd die Stirn. »Was hat sich denn geändert?«
»Dass ich bei dir bin?«, riet
ich. Die Schatten machten es einem nie leicht, vor allem nicht, wenn der
kompliziertere Weg mehr Schmerz beinhaltete, an dem sie sich laben konnten ⦠O
Mist. »Sag mal Sike ⦠was willst du eigentlich hier?«
»Es hat einen kleinen Unfall
gegeben.«
Die Fahrstuhltüren öffneten
sich. Wir hatten Y4 erreicht.
Kapitel 17
Â
Auf
meiner Station herrschte Chaos. Die Stationsschwester der Nachmittagsschicht
saà hinter ihrem Schreibtisch, entdeckte mich aber sofort. »Wurden Sie früher
angefordert?«
»Ich bin auf der
Unfallstation, habe aber gerade Pause. Was ist denn los?«
»Ein Neuzugang. Wenn Sie Ihr
Abendessen drinbehalten wollen, sollten Sie besser drauÃen bleiben.« Diese
Option stand mir gerade wohl nicht zur Verfügung. »Wer ist das?«, fragte die
Stationsschwester, als Sike auftauchte. Die schlug ihren gestohlenen Kittel
zurück und zog einige Dokumente aus ihrer Brusttasche.
»Ich bin offiziell berechtigt,
jedes Mitglied des Throns der Rose zu besuchen, das sich auf dieser Station
aufhält.«
Die Stationsschwester lachte
abfällig. »War ja klar. Zimmer vier.«
Sike steckte die Dokumente
wieder weg und ging den Flur hinunter. Da meine Begleiterpflichten
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