Vita Nuova
Vielleicht sollte ich es selbst mal ausprobieren.«
Bis jetzt hatte Piazza Guarnaccias Bericht offenbar höchst amüsant gefunden. Er würde ihm nach und nach auch den Rest erzählen und dabei genau auf sein Gesicht achten. Bei solchen Geschichten gab es mehr als nur finanzielle Möglichkeiten, sich die Leute dienstbar zu machen. Jemand, der seine Hände nicht mit Geld schmutzig machen wollte, akzeptierte möglicherweise stattdessen das eine oder andere Geschenk.
»Dann ist da noch dieses Hotel … das eigentlich gar kein Hotel ist, wenn Sie mir folgen können. Da machen die wohl das eigentliche Geld.«
»Dort sind Sie auch gewesen? Na, da haben Sie die Puppen aber mal so richtig tanzen lassen. Kein Wunder, dass Sie so müde aussehen.«
Piazza schien noch immer ziemlich belustigt, keineswegs beunruhigt. Trotzdem …
»Ja, ich weiß. Mag ja sein, dass die Geschichten im Emperor in rechtlicher Hinsicht nicht anzufechten sind, aber was dort im Hotel läuft, ist ganz gewiss nicht im Rahmen der Legalität.«
»Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu … aber haben Sie begriffen, wie die das Ganze aufgezogen haben? Wenn wir dort eine Razzia machen, würden wir nichts finden. Wir befänden uns in einem Privathaus, das Paolettis Frau gehört, und würden dort höchstens den einen oder anderen illustren Gast antreffen.«
»Und die Mädchen auf dem Dachboden?«
»Personal. Bedienstete. Die haben alle erforderlichen Papiere.«
»Ja, hmm … Sie wissen also, dass das Haus seiner Frau gehört.«
»Natürlich. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich den Club überprüft habe, nicht so genau wie Sie, tut mir leid, da kann ich nicht mithalten. Ich bin zutiefst beeindruckt. Meine Nachforschungen waren übrigens ergebnislos, offenbar hat Paoletti mit niemandem in der Szene einen solchen Ärger, der zu dem Mord an seiner Tochter geführt haben könnte. Er beschränkt sich auf sein Geschäft, sonst wäre mir was zu Ohren gekommen. Für andere Clubs schafft er keine Mädchen ran, da bin ich mir sicher.«
»Und sind Sie sich auch sicher, dass er seine Mädchen nicht als Sexsklaven gefangen hält? Dass er ihre Papiere nicht weggeschlossen hat?«
Da! Schlagartig war das Lächeln in seinem Gesicht wie weggewischt.
»Sind Sie sich sicher, dass nicht das die Erklärung dafür ist, wie der Mann an das viele Geld kommt?«
»Ich hab keine Beweise … Die Papiere hab ich überprüft. Alle haben die Erlaubnis, hier als Hausangestellte zu arbeiten … Ich behaupte ja nicht, dass Sie falsch liegen mit Ihren Vermutungen …«
»Aber Sie behaupten, dass seine Geschäfte legal sind, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.«
»Passen Sie auf, Guarnaccia …«
»Nein. Nein, nein. Ich habe gehört, was sie mit den Mädchen machen, wenn sie hier ankommen.«
»Guarnaccia, hören Sie auf mich, bitte! Lassen Sie die Sache fallen, sofort. Sie haben einen Mord aufzuklären. Was hier passiert, hat nichts mit dem Mord zu tun, gar nichts …«
»Woher wollen Sie das wissen? Vielleicht hat Paoletti ja keinen Ärger mit seinen italienischen oder russischen Konkurrenten, aber es könnte was Privates sein. Dieser Mord scheint eine sehr persönliche Angelegenheit zu sein. Der zuständige Staatsanwalt ist zwar nicht unbedingt mein bester Freund, aber das hat selbst er inzwischen eingesehen.«
»Dann überprüfen Sie das Privatleben des Mädchens.«
»Und Paoletti und seine Geschäfte soll ich in Ruhe lassen?«
Piazza erhob sich, doch Guarnaccia blieb stoisch sitzen, wo er war, bewegte seine große, schwere Gestalt nicht vom Fleck. Piazza sah zu ihm hinunter.
»Ich bitte Sie noch einmal, dringend! Lassen Sie die Finger davon! Wir bekommen Ärger, Riesenärger, wir beide. Wenn Sie zur Jagd blasen, ruinieren Sie uns beide, aber Paolettis Geschäfte laufen weiter wie bisher. Wir werden nichts erreichen, das wissen Sie doch auch. Die sexuellen Vorlieben der Leute, wie seltsam sie auch sein mögen, sind schließlich ihre Privatsache.«
»Mag sein …« Und die Kinder? Wusste er von den Kindern? Guarnaccia hoffte sehr, dass er nicht über die Kinder Bescheid wusste, und beschloss, ihm nichts davon zu erzählen. Wenn der Mann so eine Information nicht ordnungsgemäß berichtete, könnte das tatsächlich das Ende seiner Karriere bedeuten. Schließlich gab es noch ein Kind in dieser Geschichte, ein kleines Mädchen, das fröhlich mit Schwimmflügeln herumhüpfte …
»Ich habe meine Gründe, warum ich die Angelegenheit weiterverfolgen muss … Wo wollen Sie
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