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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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müssen‹, das war eine Feststellung und kein Scherz gewesen. Und hatte er nicht wieder einmal gemeint, das Heft in die Hand nehmen und ihr befehlen zu müssen, die Therapie in Florenz zu machen? Er hatte bereits alle entsprechenden Hebel in Bewegung gesetzt, ohne sie auch nur ein Mal nach ihrer Meinung zu fragen.
    ›Sie und Ihr Dickkopf.‹
    Er hatte das doch nur aus Sorge getan. Er wollte ihr nichts Böses. Teresa zumindest hatte das begriffen, oder?
    ›Und wenn sie nicht will?‹
    Nicht einmal Teresa hatte er um Rat gefragt. Wer hätte sich denn um Nunziata kümmern, wer hätte sie pflegen müssen, wenn sie herkam? Der gleiche Mensch, der schon jahrelang aufopfernd seine Mutter gepflegt hatte. Wie hatte er es überhaupt wagen können, diesen Vorschlag laut auszusprechen? Woher nahm er das Recht, eine solche Entscheidung zu treffen? Weil er der Mann im Hause war? Bürdete gedankenlos die Konsequenzen seiner Entscheidungen den Frauen der Familie auf. Wie hatte er es wagen können …?
    Dabei war es nicht das erste Mal, dass sie ihn darauf hingewiesen hatte.
    ›Den lieben langen Tag kommandierst du diese armen Kerle herum, und dann kommst du nach Hause und machst genauso weiter …‹
    Worum war es damals eigentlich gegangen? Er erinnerte sich nicht einmal mehr, aber die Worte hatten sich in sein Hirn gebrannt, und er hörte sie so deutlich, als befände sie sich im selben Raum.
    Aber es war doch sein Job, den Männern Befehle zu erteilen. Das war doch nur zu ihrem Besten! Nun ja, auch bei Nunziata hatte er geglaubt, es sei zu ihrem Besten …
    Zutiefst aufgewühlt stand er auf, die Stirn in tiefe Falten gelegt, und marschierte rüber ins Dienstzimmer. Zwei Augenpaare blickten auf, erwarteten seinen Befehl.
    Doch er starrte die beiden nur düster an. Sie wechselten rasch einen kurzen Blick und standen dann stramm.
    »Zu Befehl«, meldete der Dienstälteste.
    Sie warteten.
    »Nein, nein … weitermachen, ich wollte nur …«
    Ja, was hatte er denn gewollt? Sie fragen, ob sie ihn für einen Tyrannen hielten?
    »Ist Lorenzini denn noch immer nicht zurück?«
    »Nein, leider nicht.«
    »Weitermachen.«
    Als er die Tür hinter sich schloss, hörte er sie leise murmeln.
    »Was ist denn mit dem los?«
    »Schlechte Laune, seine Frau ist nicht da … Also komm, erzähl schon. Was hat sie dann gesagt?«
    »Warte mal, da kommt eine Meldung rein, eins eins sieben, bitte kommen, eins eins sieben …«
    Guarnaccia kehrte in sein Büro zurück. Er fühlte sich so erbärmlich, dass er Zuflucht am Computer suchte, in der Hoffnung, das ›Ding‹ würde ihn beim Verfassen der Tagesbefehle so aufbringen, dass der Zorn auf den Computer dieses überwältigende Gefühl der Scham verdrängen würde.
    Irgendwie musste er den Rest des Tages überstehen, später konnte er Teresa dann von zu Hause anrufen. Er würde sie um Entschuldigung bitten, er würde ihr die Entscheidung überlassen, was sie wegen Nunziata unternehmen sollten.
    Doch sie gab ihm keine Gelegenheit dazu. Um halb acht, als er die Uniform ausgezogen und geduscht hatte, war sie noch immer nicht zurück. Bei abgeschaltetem Ton hatte er sich mit dem schnurlosen Telefon vor den Fernseher gehockt und ließ es klingeln und klingeln, und jedes Mal, wenn er aufgelegt hatte, stellte er sich vor, wie sie gerade zur Tür hereinspazierte und den Anruf um Haaresbreite verpasst hatte. Dann versuchte er es gleich noch einmal.
    Er ließ es klingeln und klingeln, doch auf der anderen Seite hob niemand ab, einsam läutete das Telefon auf dem niedrigen Schränkchen in dem dunklen Flur vor sich hin. Wo steckten die bloß alle?
    Erst ein Picknick am Strand und dann auch noch auswärts zu Abend essen? Die machten sich ein schönes Leben, während er sich in Florenz abstrampelte. Vielleicht besuchten sie ja auch nur Nunziatas Freunde gegenüber. Teresa hatte mal so was erwähnt …. Di Luciano … die Kinder spielten gern zusammen, und darum … Nun ja, er hoffte inständig, dass sie dort waren und nicht in irgendeiner Pizzeria das Geld zum Fenster rauswarfen, er hatte im Moment mehr als genug Sorgen. Unversehens meldete sich dieser nagende Schmerz in seinem Bauch zurück.
    Das Telefon!
    Das war sie, bestimmt war sie das! Höchste Zeit aber auch!
    »Hallo«, bellte er aufgebracht ins Telefon; dass er sie eigentlich um Verzeihung bitten wollte, hatte er ganz vergessen.
    »Guarnaccia? Nesti hier.«
    »Oh …«
    »Was ist denn mit Ihnen los?«
    »Nichts.«
    »Übernächtigt, nehme ich an … Hab

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