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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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brauchten ihren Schlaf. Sie sollte wirklich nicht … NEIN ! Er tat es schon wieder! Er sollte sich besser an die eigene Nase fassen, mit seinem Bericht war er noch keine einzige Zeile weitergekommen und hatte es vor lauter Müdigkeit drangegeben. Sich einfach nur auf einen Film zu konzentrieren gehörte ebenfalls zu den Dingen, zu denen er laut Teresa nicht fähig war. War das der Mann aus dem Antiquitätengeschäft? Ja, natürlich. Der andere hatte Angst vor ihm. Es war ihm anzusehen, wie die Angst ihn innerlich zerfraß, so dass er kaum noch zu atmen wagte. Vor lauter Mitgefühl holte der Maresciallo tief Luft für den Mann, aber alles Mitgefühl der Welt würde ihm nicht helfen, der Geschichte seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu widmen. Das war nicht seine Schuld, er konnte doch nichts dafür, dass er durch das Telefonat mit Nesti den Faden verloren hatte. Die beiden stritten sich jetzt, der verängstigte Mann und seine Frau, sie schrien sich an, das konnte er an ihren Gesichtern und der Körpersprache erkennen. Aber wie sollte er der Geschichte folgen, wenn er nicht hörte, was sie sagten …
    »Verflixt noch mal!« Er schaltete den Ton ein und sogleich wieder aus, während er wieder einmal Teresas Nummer wählte. Es klingelte … und klingelte … und klingelte. Verdammt!
    Kaum hatte er den Hörer wutentbrannt aufs Sofa geschmissen, da klingelte das Telefon. Sie war genau in dem Augenblick ins Haus gekommen, als er aufgegeben hatte, nun bewahrheitete sich die Fantasie, die er die ganze Zeit schon im Kopf gehabt hatte.
    »Guarnaccia?«
    »Herr Staatsanwalt. Guten Abend.«
    Das Telefonat war nur kurz, und abgesehen von einigen wenigen Anmerkungen, die sich auf ein obligatorisch zustimmendes ›Ja, Herr Staatsanwalt‹ beschränkten, trug Guarnaccia nichts zu dem Gespräch bei.
    Als es vorbei war, blieb er noch lange im Halbdunkel sitzen, dachte an nichts, den Verstand im Leerlauf. Willkürliche Erinnerungen, unwichtige, zusammenhanglose Bilder drängten sich ihm auf und verschwanden wieder, als wäre er kurz vor dem Einschlafen. Er hatte nicht nach der Waschmaschine geschaut. Es musste schön sein, eine kleine Tochter zu haben, die fest daran glaubte, man wäre der einzige Mensch auf der Welt, der die Schwimmflügel richtig aufblasen konnte. Diese Frau war gar nicht verheiratet mit dem verängstigten Mann. Vielleicht die Angestellte in dem Antiquitätengeschäft … blond. Der Kredit für das Haus … es musste schon später sein, als er gedacht hatte. Hatte er überhaupt etwas gegessen … ja, ein Sandwich in der Café-Bar … oder war das …
    Er blieb unbeweglich sitzen, denn wenn er sich bewegte, würde er in die Realität zurückkehren, und mit der wurde er im Moment einfach nicht fertig.
    Doch selbst während er ganz still sitzen blieb, fraß sich das Gift, das in sein Ohr gedrungen war, durch seinen Körper. Er fror.
    De Vitas Stimme hatte ganz anders geklungen … letztes Mal hatte er in einer vor Ärger und Sorge ziemlich hohen Tonlage laut in sein Ohr geplärrt, jetzt hatte er ganz ernst, leise und sehr bedrohlich geklungen.
    ›Manche Menschen haben viel Macht und keinerlei Skrupel‹
    ›Sie wissen genau, auf welches Risiko Sie sich da einlassen.‹
    ›Zum guten Schluss werden auch Sie einsehen, dass das alles nur heiße Luft war, dass Sie einem Gespenst nachjagen. Für einen Journalisten mag das ja in Ordnung sein, aber in Ihrem eigenen Interesse sollten Sie …‹
    ›Menschen mit viel Macht und ohne Skrupel werden Sie zerquetschen wie eine lästige Fliegen Selbstverständlich werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie zu schützen.‹
    ›Von einem Tag auf den nächsten wird man Sie in ein trostloses Dorf irgendwo am Ende der Welt versetzen.‹
    ›Das haben Sie nicht verdient, Sie nicht und Ihre Familie auch nicht.‹
    ›Kommen Sie doch morgen in mein Büro, dann sehe ich mal, was ich für Sie tun kann.‹
    Tropfen für Tropfen sickerte das Gift tiefer, doch Guarnaccia konnte an nichts anderes denken als daran, dass er sehr, sehr müde war. Er erhob sich, ging durch alle Zimmer, verschloss die Tür, schloss die Läden, ließ aber die Fenster weit offen stehen, damit die Nachtluft hereinkam. Es hatte noch immer nicht genug geregnet. Die Luft schien nur feuchter und die Zahl der Stechmücken nur größer geworden zu sein. Er ging zu Bett, und kaum dass sein Kopf das Kissen berührt hatte, war er auch schon eingeschlafen. Aber es war der angespannte, leichte Schlaf eines Wachhundes. Das

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