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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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Überwachungssystem erzählt haben … Hmmm, vielleicht können wir einen unserer Helfer dort einschleusen, aber auf sich allein gestellt wird er sie dort nicht herausholen können. Da müssen Ihre Leute schon parat stehen, um einzugreifen. Oder noch besser, schicken Sie doch einen Ihrer Leute als Strohmann dort hinein. Können Sie das arrangieren? Maresciallo? Gibt es ein Problem?«
    »Ja, ja, da gibt es noch ein Problem.« Aber sollte er am Telefon darüber sprechen? Zwei zu Tode verängstigte Kinder, die eingesperrt waren und bei Bedarf missbraucht wurden? Arme, unwichtige Kinder. Ihm fielen die beiden anderen armen Kinder wieder ein, die erst dann wichtig geworden waren, als ihre kleinen, verkohlten Leichname im Leichenschauhaus lagen und zum Politikum gemacht wurden. Er dachte an seine beiden Jungs, gesund, glücklich, zufrieden … bis jetzt, und er stand im Begriff, alles kaputtzumachen …
    »Hallo? Maresciallo? Sind Sie noch da?«
    »Ja, ich bin noch da …«
    »Die Verbindung war wohl für einen Augenblick unterbrochen, ist bestimmt das Gewitter. Sie haben gesagt, dass es da noch ein Problem gibt?«
    »Ja.«
    »Glauben Sie, dass wir keinen Durchsuchungsbefehl bekommen? Oder glauben Sie, dass der Zeitungsbericht eine Ente ist? Aber Sie haben mich doch angerufen. Was ist los, Maresciallo? In so einer Situation ist keine Zeit zu verlieren, aber das wissen Sie ja wohl selbst am besten.«
    »Ja, ja natürlich haben Sie recht. Es gibt da noch ein anderes Problem, ein größeres … Da sind noch andere … Ich habe keine Beweise, es sei denn, ich bekomme gleich beim ersten Mal einen Durchsuchungsbefehl; wenn wir erst das eine Mädchen rausholen …«
    »… sind die anderen nicht mehr da, wenn wir wiederkommen?«
    »Ja.«
    »Aber Sie werden doch problemlos einen Durchsuchungsbefehl bekommen, oder? Das haben Sie doch schon öfter gemacht. Ist doch wohl klar, dass da noch mehr Mädchen sind, die Aussage des Journalisten sollte für den Durchsuchungsbefehl reichen.«
    »Ja.«
    »Maresciallo?«
    Was sollte er sagen? Am Telefon? Litt er schon unter Verfolgungswahn?
    »Maresciallo? Wir werden ständig unterbrochen. Und bei diesem Donnern kann ich Sie sowieso kaum verstehen. Vielleicht will der liebe Gott ja, dass wir dieses Gespräch nicht weiterführen. Wahrscheinlich ist er ganz Ihrer Meinung. Manchmal ist es besser, nichts zu tun, als die Dinge zu überstürzen. Denken Sie noch mal in Ruhe über alles nach. Wir reden dann ein anderes Mal, ohne diese Geräuschkulisse im Hintergrund. Ah, da fällt mir ein, ich wollte Sie ja sowieso anrufen wegen dieses albanischen Mädchens. Ich weiß nicht, ob ich unseren Termin morgen einhalten kann. Ich komme hier einfach nicht weg, tut mir leid. Wäre übermorgen auch okay? Irgendwann am Nachmittag? Vier oder fünf? Ganz wie es Ihnen passt.«
    »Vier ist okay.«
    »Dann also um vier Uhr. Meine Güte, ich kann mich ja selbst kaum noch verstehen. Ist es bei Ihnen dort drüben auch so schlimm?«
    »Ja, ja, hier ist es ganz genauso.«
    »Nun ja, es ist ja auch viel zu heiß gewesen. Zumindest reinigt das Gewitter die Luft.«
    Don Antonio hatte aufgelegt.
    Also litt er doch nicht unter Verfolgungswahn. Er wusste nichts von einem albanischen Mädchen oder einer Verabredung für morgen. Don Antonio war misstrauisch geworden. Nichts in dieser Welt, aus der er Frauen rettete, war ihm fremd.
    Blitze zuckten, und noch mehr Donnergetöse brachte die Fensterscheiben zum Klirren. Es würde die Luft reinigen, da hatte Don Antonio wohl recht. Vielleicht brachte es ja auch Ordnung im Kopf des Maresciallo.
    »Aber diesen Schlamassel hier bringt es nicht in Ordnung«, murmelte er vor sich hin und starrte dabei wieder auf die Zeitung. Nun, was erledigt war, war erledigt. Er faltete die Zeitung zusammen und räumte sie weg.
    Dann verbrachte er eine ganze Weile damit, den ersten Absatz seines Berichts zu verfassen. Alles war so kompliziert, und er war nicht gerade gut im Erklären. Nach zwanzig Minuten des Schreibens, Korrigierens und Neuschreibens – er fand einfach nicht den richtigen Anfang –, löschte er alles wieder und starrte lange auf den leeren Bildschirm.
    Dann griff er nach dem Telefon. So gegen halb vier hatten sie in der Zentrale gesagt. Aber Nesti war noch immer nicht am Platz. Er schlug die Immobilienseite von La Pulce auf. Sofort erfasste ihn wieder diese Panikwelle, die Nerven lagen blank. Sollte er mit dem Geschäftsführer der Bank sprechen? Keine echte Alternative. Mit dem

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