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Vittorio

Vittorio

Titel: Vittorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ihr wie aus schimmerndem Elfenbein geschnitzt seid. Aber Engel sehe ich nicht. Ich habe auch noch nie welche gesehen.«
    »Aber ich habe sie gesehen!«, erklärte ich. »Darf ich mich setzen?«
    »Wie Ihr wollt«, antwortete er. Er beobachtete uns, während er sich auf dem harten, einfachen Stuhl aufrichtete.
    Ich setzte mich ihm gegenüber, fast wie damals, als ich ein paar Tage in dieser Stadt gewesen war, nur saßen wir heute nicht in der duftenden Laube im Sonnenschein, sondern im Haus selbst, im warmen Lichtkreis der Kerzen.
    Ursula schaute mich verwirrt an. Sie wusste nicht, was ich im Sinn hatte. Ich hatte sie noch nie zu einem Menschen sprechen hören, abgesehen von mir und den Kindern, mit denen sie gespielt hatte - besser gesagt, mit denen, für die sich ihr Herz erwärmte und die sie nicht töten wollte.
    Was sie über den kleinen Mann und seinen Sohn dachte, konnte ich kaum erraten.
    Der Alte schien das Spiel zu gewinnen. »Da! Siehst du!
    Ich hab's gesagt! So ein Glück!«, sagte er. Dabei sammelte er die fettigen Kartenblätter ein, mischte sie und begann ein neues Spiel.
    Der Priester betrachtete ihn mit glasigen Augen, als könnte er seinen Verstand nicht einmal so weit zusam-mennehmen, seinem alten Vater etwas weiszumachen oder ihn in Sicherheit zu wiegen. Dann sah er mich an.
    »Das war in Florenz, da habe ich diese Engel gesehen«, erzählte ich, »und ich habe sie enttäuscht, habe meinen Schwur ihnen gegenüber gebrochen und meine Seele verloren.«
    Mit einer abrupten Bewegung wandte der Franziskaner sich von seinem Vater ab und mir zu. »Warum zögert Ihr es heraus?«, fragte er.
    »Ich will Euch nichts antun, und meine Gefährtin auch nicht«, versicherte ich. Ich seufzte. Jetzt wäre bei einer Unterhaltung der Moment gekommen, in dem man zum Becher oder Krug gegriffen und einen tiefen Zug genommen hätte. Mein Verlangen nach Blut schmerzte mich regelrecht. Ich fragte mich, ob Ursula keinen Durst verspürte. Ich hielt den Blick auf den Weinbecher des Priesters gerichtet. Wein bedeutete mir nun nichts mehr, absolut nichts. Dann betrachtete ich sein Gesicht, die feuchte Schweißschicht darauf, die im Licht der Kerzen glänzte, und fuhr fort:
    »Ihr sollt unbedingt wissen, dass ich sie gesehen habe, die Engel, dass ich sogar mit ihnen gesprochen habe. Sie versuchten mir bei der Vernichtung der Ungeheuer zu helfen, die diese Stadt in ihrer Gewalt hatten und die Seelen der Menschen hier beherrschten. Ich will, dass Ihr es erfahrt, Vater.«
    »Warum, mein Sohn, wollt Ihr es mir erzählen?«
    »Weil sie schön waren, und sie waren genauso real wie wir beide, Ursula und ich, und uns seht Ihr ja nun vor Euch. Ihr habt teuflische Dinge mit angesehen; Ihr habt Trägheit und Verrat gesehen, Feigheit und Betrug. Und nun seht Ihr hier Teufel, Vampire. Nun, ich will, dass Ihr wisst: Mit meinen eigenen Augen habe ich Engel gesehen, echte Engel, herrliche Engel. Ihr sollt wissen, dass sie viel, viel schöner waren, als ich es je mit Worten beschreiben kann.«
    Er betrachtete mich ausgiebig und intensiv, dann richtete er den Blick auf Ursula, die betrübt dasaß und zu mir auf-schaute, ängstlich besorgt, dass ich möglicherweise un-nötig litt, und schließlich sagte er: »Warum habt Ihr sie enttäuscht? Warum sind sie überhaupt zu Euch gekommen? Und wenn Euch doch Engel als Helfer zur Seite standen, wie konntet Ihr dann überhaupt fehlen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und lächelte. »Aus Liebe!«
    Darauf sagte er nichts.
    Ursula drückte ihren Kopf gegen meinen Arm, so dass ihr lose herabhängendes Haar über meinen Rücken strich.
    »Aus Liebe!«, wiederholte der Priester.
    »Ja, und Ehre spielte auch eine Rolle.«
    »Ehre.«
    »Niemand wird es verstehen. Gott wird es nicht billigen, aber es ist so, und nun, Vater, frage ich, was ist es, das uns unterscheidet, Euch und mich und die Frau, die neben mir sitzt? Was steht zwischen uns, zwischen diesen beiden Parteien, zwischen dem rechtschaffenen Mönch und den beiden Dämonen?«
    Der kleine Alte lachte plötzlich in sich hinein. Er hatte ein großartiges Blatt auf dem Tisch ausgebreitet. »Nun schaut euch das an!«, sagte er. Dabei blickte er mit seinen pfiffigen Äuglein zu mir auf. »Oh, Ihr habt etwas gefragt, verzeiht. Ich weiß die Antwort.«
    »Du?«, fragte der Priester, indem er sich seinem Vater zuwandte. »Du weißt die Antwort?«
    »Aber gewiss«, sagte der. Er legte eine weitere Karte ab.

    »Was sie von einer ordentlichen Beichte abhält, ist

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