Vivere Militare Est - Leben heißt zu kaempfen
schüttelte den Kopf und mir dämmerte es so langsam. »Meine Tochter ist das, was ich gerne für ihn wäre.« Sie machte eine Pause, in der sie sich ein bisschen zu beruhigen versuchte. Mehrmals atmete sie hörbar ein. »Ich liebe Elias und ich hasse mich dafür, dass ich ihn immer wieder von mir stoße. Ich weiß selbst nicht, wieso ich das tue. Vielleicht bin ich irgendwie wütend auf ihn? Immerhin spüre ich jedes Mal, wenn er in meiner Nähe ist, wie sehr meine Anwesenheit ihn stört.«
»Es hat dich verletzt, dass er Anastasijas Nähe und nicht deine gesucht hat, als er kurz vorm Hungertod stand.«
»Vielleicht - ja. Aber ich kann ihm doch keinen Vorwurf machen, weil er seine Schwester liebt! Ich habe mich ihm gegenüber so kindisch verhalten.«
»Wie meinst du das?«
»Ich dachte mir, wenn er Ana lieber als mich hat, dann soll er auch zu ihr gehen. Wie ein trotzköpfiges Kind und das mit meiner Lebenserfahrung.«
»Du bist eben sehr emotional und da kenne ich noch wen.« Ich pfiff vor mich hin. »Nur tobe ich herum statt es in mich hineinzufressen.«
»Das ist auch gut so.«
»Hast du Elias mal gefragt, warum er von Ana getrunken hat und nicht von dir?«, grübelte ich laut. Vampire erinnern sich doch auch zum Teil an ihr Babydasein. Da war es doch gut möglich, dass Elias es noch wusste.
»Nein.« Emilia schüttelte ihren blonden Lockenkopf.
»Na, dann tun wir das doch mal, oder?«, sagte ich und erhob mich schwerfällig von der Couch. Wäre ich eine Comicfigur, hätte man ein lautes Ächzen vernommen. Ich öffnete die Tür und rief lauthals nach meinem Vampir. Flüstern hätte es sicher auch getan, aber einmal so richtig aus tiefster Seele schreien tut manchmal gut. Es dauerte keine zwei Sekunden bis ich in sein atemberaubendes Gesicht sehen konnte.
»Ja?«, fragte er verwirrt. »Du weckst ja Tote mit deinem Geschrei.«
»Entschuldige, aber du musst uns eine Frage beantworten.« Ich zog ihn herein und schloss die Tür hinter uns.
»Miriam, das ist nicht nötig«, versuchte Emilia einzulenken und hob beschwichtigend ihre Hände. Ihr Blick wanderte ängstlich zu Elias. Diese Frage lag ihr seit fast zwanzig Jahren auf der Seele, aber sie hatte sich nie getraut sie zu stellen. Dass sie heute darauf eine Antwort bekommen sollte, machte ihr Angst.
»Doch, das ist es Emilia. Manchmal muss man Dinge aussprechen.«
»Klärt mich jemand auf?«, fragte Elias unsicher. Auch ihm war nicht wohl bei der Sache. Ich nahm eine Hand von Elias und eine von Emilia und fungierte somit als Bindeglied zwischen den beiden.
»Elias, deine Mutter fragt sich seit fast zwei Jahrzehnten, warum du damals von Anastasija und nicht von ihr getrunken hast?«
»Als ich noch ein Baby war?«, hakte mein Mann nach.
»Ja, und die Wahrheit bitte.«
Emilias Augen wurden riesig. Ihre Stirn war ängstlich gerunzelt und ihre schlanke Gestalt wurde von heftigem Atem durchgerüttelt. Ihr Schlüsselbein zu beobachten war beinahe hypnotisch.
Elias zuckte mit den Schultern und begann zu sprechen. »Ich war noch klein und habe nicht so richtig verstanden, was los war. Alles was ich wusste, war, dass meine Mutter müde und abgespannt war. Zwei Vampirbabys sind eben eine Herausforderung, also habe ich mich zurückgehalten, in der Hoffnung, es würde ihr besser gehen, wenn ich nicht so viel trank. Mir war gar nicht klar, was das für mich bedeuten würde und vor allem, dass ich ihr damit noch mehr Sorgen machte. Ich war doch noch so klein und spürte zwar den Schmerz des Hungers, aber ich verstand nicht richtig, was ich dagegen tun sollte. Ich wollte meine Mama nicht müde machen. Als Anastasija, die gesund und putzmunter war, mir dann ihren Arm anbot, habe ich die Gelegenheit wahrgenommen und sie gebissen.«
Emilia ließ meine Hand los und hob sie zusammen mit ihrer anderen vors Gesicht. »Du hast nicht von mir getrunken, weil du dich um mich gesorgt hast?«, fasste sie das Gesagte schockiert zusammen.
»Ja.« Elias zuckte wieder mit den Schultern. Für ihn war das alles sonnenklar gewesen, aber seine Mutter und ich verstanden erst jetzt richtig, was damals geschehen war.
»Und ich habe all die Jahre gedacht, dass du mich verschmäht hast. Dass du deine Schwester lieber um dich hattest als mich.«
»Wieso hätte ich das tun sollen, Mama? Das erste, was ich in meinem Leben gesehen habe, warst du und ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt. Du warst es, die mich von sich weggestoßen hat.«
Emilia brach weinend zusammen. Elias hob
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