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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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ab, schlägt gegen die Wände und rüttelt an den Fenstergittern.
    »Gar nicht«, schnaufe ich. Ich beobachte ihn, wie er auf und ab tigert. Er zieht die Schubladen auf und knallt sie wieder zu. Er tritt den Tisch um, ganz sachte, einfach so zum Spaß, dann stellt er ihn wieder hin und klettert drauf, um die Fassung der Deckenlampe zu inspizieren. Er täuscht ein paar Tritte gegen die Tür an, dann nimmt er seinen Schuh und klopft ein paar Mal kräftig gegen die Heizungsrohre, was den ganzen Trakt aufscheucht, und schon bald scheppern und klopfen die Rohre nonstop. Dann dreht er sich zu mir um.
    »Was ist das?« Er hält die Mappe mit meinen Schulaufgaben hoch.
    »Nichts.« Ich klettere vom Bett und will ihm die Mappe abnehmen, aber er hält sie so hoch, dass ich nicht drankomme.
    »Lass das, Dev!«
    |138| Er macht die Mappe auf und holt meinen neuesten Englischaufsatz raus.
    »Was steht da?« Er zeigt auf die Überschrift.
    »War Hal ein guter König?«
, lese ich widerstrebend vor.
    »Was soll der Scheiß, Chas, alter Kumpel?«
    »Shakespeare. Ich will meinen Abschluss machen.«
    Devil macht
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und schüttelt den Kopf. »Die Lernerei ist doch Zeitverschwendung.« Er lässt die Mappe auf den Boden fallen und mir wird ganz heiß.
    »Heb das auf«, sage ich so gelassen wie möglich.
    »Und wenn nicht?« Devil tritt ganz dicht vor mich hin. Sein Atem riecht noch muffig vom langen Schlafen.
    »Dann werd ich ziemlich ungehalten«, erwidere ich in absichtlich geziertem Ton.
    »Oje, das tut mir aber äußerst leid«, erwidert Devil sofort im gleichen Tonfall. »Ich möchte meinen Zellenkameraden auf keinen Fall verärgern!« Er hebt die Mappe auf und legt sie auf den Tisch. »Ich sollte mir irgendwann auch mal ein bisschen Shakespeare reinziehn.«
    Damit ist der Fall erledigt. Kurz darauf lästern wir über die hässliche Debs ab und erinnern uns, wie wir uns in dem geklauten Laster überfressen haben. Danach dürfen wir zum Abendessen raus.
    Die letzten beiden Tage ist mir Devil in der Kantinenreihe hinterhergeschlurft, heute drängelt er brutal, um sich ein Tablett zu schnappen. Er sieht sich nicht mal um, wo ich bleibe.
    »Verzeihung, die Damen«, sagt er zu einer Gruppe Jungs und quetscht sich an ihnen vorbei. Ich kaue auf meiner |139| Unterlippe. So handelt er sich Ärger ein, und zwar schnell. Hoffentlich zieht er mich nicht mit rein. Devil hält’s nicht lange aus, irgendwo eingesperrt zu sein. Er kriegt dann Platzangst und drischt um sich. Bei einer seiner seltenen Stippvisiten in der Grundschule ist er mal aus dem Fenster gesprungen, weil ihm der Lehrer nicht geglaubt hat, dass er aufs Klo muss. Zum Glück war unser Klassenraum im Erdgeschoss.
    Devil quatscht mit lauter Stimme auf den Typen vor sich ein, er lässt sich drüber aus, wie eklig das Essen aussieht und dass er so was nicht mal seinem Hund vorsetzen würde. Mir fällt auf, dass ein paar Wärter in seine Richtung schauen. Ich würde ihm gern zuraunen, dass er leiser reden soll, dass man hier besser nicht auffällt, weil man sonst geliefert ist, aber ich stehe zu weit hinten in der Reihe.
    Alle Blicke sind auf ihn gerichtet. Als wär er plötzlich aus dem Boden gewachsen.
    Devil kriegt sein Essen, setzt sich irgendwohin, und als ich meins auch habe, setze ich mich dazu. Es sind noch drei andere Jungs am Tisch: mein Quasikumpel Marshall, ein schmächtiger Typ namens Dean und David, so ein Großer, Schwerfälliger.
    »Das Zeug ist der allerletzte Fraß!«, verkündet Devil und stochert mit der Gabel in einem Berg Kartoffelbrei.
    Da ich Omas Kochkünste gewöhnt bin, habe ich kein Problem mit dem Essen, und das sage ich auch.
    »Das sieht dir wieder mal ähnlich, Chas!«, erwidert Devil hämisch. »Du hast ja mit nichts und niemand ein Problem.«
    |140| Eine peinliche Stille breitet sich aus und alle sehen mich an.
    »Ich spar mir meine Kraft eben für wichtigere Dinge auf.« Ich gebe mir Mühe, dass meine Stimme nicht schwankt. Aber innerlich koche ich vor Wut. Was soll das heißen? Dass ich ein Arschkriecher bin oder was?
    »Und was ist wichtiger?«, fragt Devil.
    Darauf kann ich ihm leider keine Antwort geben. Lexi Juby ist wichtig und dass mich Lenny Darling endlich in Ruhe lässt.
    »Du sparst deine Kraft wohl für den Schulabschluss!«, stichelt Devil, und David und Dean kichern. »Ey, wie findet ihr das?«, wendet sich Devil an die übrigen Tischnachbarn. »Nachmittags, wenn wir andern eingesperrt sind, darf der Typ raus, damit er für die Schule

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