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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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gehen durch die Reihen wie Rausschmeißer und schieben die Leute in Richtung Tür.
    »Fang nicht wieder damit an, Chas.« Oma fummelt an ihrem Handtaschenverschluss rum, um sich zu vergewissern, dass die Tasche zu ist.
    »Ich lüge nicht. Er wurde vor zehn Jahren wegen Mord verurteilt. Du kannst dich erkundigen. Er ist britischer Staatsbürger, darum ist er zurückgekommen. Ich hab ihm ins Gefängnis geschrieben und jetzt schreibt er mir hierher.«
    »Ich weiß, dass er gesessen hat«, sagt Oma. »Genau wie du, dein Bruder, dein Vater, deine Onkels und dein verfluchter |134| Opa. Die ganze Stadt weiß, dass unsere Familie nichts taugt, da ist es keine große Überraschung, wenn deine Mutter es nicht hinkriegt, sich einen halbwegs anständigen Kerl anzulachen. Sie hat schon ewig keinen Freund mehr gehabt.«
    Ein Wärter, den ich nicht kenne, kommt auf uns zu. Er sieht nicht sehr freundlich aus.
    »Besuchszeit ist um.« Er glotzt mich an. »Zisch ab.«
    Mit diesen Typen kann man nicht diskutieren. Man tut am besten, was sie sagen. Ich muss mich ranhalten.
    »Sag Mum, sie soll aufpassen, Oma.«
    »Du könntest im Fernsehen auftreten.« Oma beugt sich vor und zwickt mich in die Wange.
    Und das war’s. Ich werde aus dem Besuchszimmer geschoben und im Polizeigriff in meine Zelle geführt.
    Wenn Oma etwas nicht hören will, redet man gegen die Wand.
     
    Devil liegt immer noch auf seiner Pritsche und hebt nicht mal den Kopf, als ich reinkomme. Irgendwas stimmt nicht mit dem Typen. Als hätte ihm jemand eins über die Rübe gezogen.
    Ich gehe zum Fenster und schaue in den Himmel. Draußen scheint die Sonne. Lauter kleine Boote schippern übers Meer. Ich wär lieber dort draußen statt hier drin bei Devil und den anderen Verrückten. Warum probieren die es bei mir nicht mit einer Therapie? Das ewige Rumhocken ist die reinste Vergeudung von Lebenszeit. So werde ich doch auch kein besserer Mensch.
    |135| Ich drücke mir die Nase an der Scheibe platt und verrenke mir den Hals, kann aber die Straße vor dem Gefängnis nur grade so sehen. Ich erkenne Oma. Ein kleiner blauer Fleck, der den Bürgersteig lang zur Hauptstraße und zur Bushaltestelle geht.
     
    Eine Stunde später. Bald ist es fünf und wir dürfen zum Abendessen raus.
    Ich und mein Zellenkumpan liegen auf den Betten und lauschen den Knastgeräuschen. Devil schnarcht schon wieder. Ich halt’s nicht mehr aus. Es hört sich schlimmer an als eine Schaufel, die über Beton kratzt. Irgendwo unter uns ruft wer. Es klingt nach einem von den größeren Jungs. Er scheint gleichzeitig zu heulen und zu rufen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was da wieder los ist. Ab und zu hört man auch die Klospülung und das Gegurgel in den Rohren. Das leise Scheppern kommt von der Heizung. Ich höre, wie draußen ein Laster in den Hof fährt und wartet, dass er durchgelassen wird. Das ist ein Ereignis und ich drehe mich auf meiner Pritsche um und schaue aus dem Fenster. Es ist der Tiefkühllaster. Unser Essen wird wöchentlich angeliefert, die Köche brauchen es nur noch aufzutauen und uns auf die Teller zu klatschen. Das Nervtötendste, das man von hier aus hört, ist der Personalraum, der gleich über unserer Zelle liegt. Manchmal hört man die Wärter laut lachen (eher selten), meistens streiten sie sich. Heute sind nur ein paar da oben. Sie unterhalten sich leise. So reden sie, wenn keiner mithören soll.
    Ich höre Getrampel auf dem Gang und rufe mir schnell |136| in Erinnerung, was ich in letzter Zeit alles angestellt habe. Mir fällt nichts ein, was mir am helllichten Donnerstagnachmittag Besuch von den Wärtern bescheren könnte. Vielleicht dass Oma heute nicht schnell genug gegangen ist. Uff – die da draußen gehen an unserer Zelle vorbei. Merkst du, wie runter ich mit den Nerven bin? Hier drin kann man nie mal abschalten.
    Ich liege auf meinem Bett, da höre ich eine Art Knurren und dann einen lauten Plumps, als Devil aus dem unteren Bett fällt. Er tritt und schlägt um sich. Er hampelt rum und brüllt ein paar unanständige Ausdrücke. Dann setzt er sich auf und sieht mich an.
    Oha, denke ich, da ist der alte Devil ja wieder! Als wäre der Devil, der die letzten beiden Tage mein Zellengenosse war, nur ein Gespenst oder so was gewesen.
    Damit ist jetzt Schluss.

|137| Elf
    »He, Chasser!« Devil steht vom Boden auf. Er boxt mir freundschaftlich in den Magen und ich klappe auf meiner Matratze zusammen. »Wie kommen wir hier bloß wieder raus?«
    Er geht in der Zelle auf und

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