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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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werden sonst kalt.«
    Die Pommes duften köstlich. Ich hab schon seit Wochen nichts Ordentliches mehr zwischen die Zähne gekriegt. Plötzlich komme ich mir bescheuert vor, dass ich hier draußen im Regen hocke.
    »Das Auto hat doch keine Kindersicherung, oder?«, frage ich und die beiden lachen sich schlapp.
    Ich steige hinten ein und behalte Lenny im Auge. Mum reicht mir eine Tüte dicke, fette, goldgelbe Pommes und ich falle drüber her. Halleluja   – Pommes!
    »Ketchup?«, raunze ich und Mum reicht mir ein Tütchen nach hinten. Ich drücke das Zeug auf die Pommestüte und tunke eine dicke Fritte rein. Ich hab in meinem ganzen Leben noch nicht so was Gutes gegessen. Als ich den Kopf hebe, entdecke ich, dass Lenny mich im Rückspiegel beobachtet. Er hat die Lider so tief gesenkt, dass man nur den unteren Teil der Augäpfel rausblinken sieht. Ich kriege einen solchen Schreck, dass ich die Hand mit der Pommes mitten in der Luft hängen lasse.
    Mum dreht sich um und sieht mich an. »Keine Sorge, Lenny hat mir alles über seine Probleme erzählt und warum er einen anderen Namen annehmen musste. Und weißt du was, er war sogar in Bexton auf der Schule! Aber er war schon abgegangen, bevor ich hingekommen bin.«
    Dazu sage ich nichts, sondern glotze aus dem Fenster, bis Mum sich wieder umdreht. Die Sache ist die: Als sie noch krank war, war sie überzeugt, dass alle ihr an den Kragen wollen, sie ausrauben, vergewaltigen oder verprügeln wollen. Jetzt, wo es ihr besser geht, trifft sie sich mit |161| einem womöglich echten Mörder und sagt: »Ist doch alles super.«
    Ich hatte schon immer den Eindruck, dass ich meine Mutter beschützen muss – vor dem Jugendamt, vor Oma, sogar vor Dad damals. Wahrscheinlich bin ich schon mit Windelpopo aus meinem Bettchen gekrabbelt und hab ihn angebrüllt, wenn er sie verdroschen hat. Mit Mum muss man vorsichtig umgehen. Sie hat’s nicht so mit Männern und mir ist es nur recht. Ich hab keinen Bock auf noch so einen Versager wie Dad, der den ganzen Tag bei uns rumhängt. Einen wie Lenny Darling kann sie jedenfalls nicht gebrauchen und ich lege schon gar keinen Wert auf den Typen. Sein Nacken ist blass und faltig wie der von einem alten Opa, er hat überall eklige kleine rote Flecken wie Warzen und auf seinem Hinterkopf sprießen ein paar spärliche Härchen. Er sieht wie ein verdammter Zombie aus.
    »Sei so gut, und schnall dich an«, sagt er. »Nicht dass du mich bei einem Unfall versehentlich umbringst. Obwohl du in deinen Briefen ja geschrieben hast, dass dir öfter danach ist, jemanden u-u-umzubringen.«
    »Hast du das wirklich geschrieben, Chas?«, fragt Mum. »Wen denn? Bestimmt Oma, was?«
    Ich gehe nicht drauf ein und futtere Pommes. Ist Lenny extra hierher nach England gekommen, um mich wegen den Briefen aufzuziehen? Was für Blödsinn hab ich denn noch geschrieben?
    »Lass ein bisschen Platz«, sagt Mum. »Oma ist beim Kochen.«
    |162| Oma. Die wird Mum die Hölle heißmachen!
    »Dein Abkömmling hat o-o-offenbar Angst vor mir«, wirft Lenny ein. Es klingt zufrieden. Was zum Teufel bedeutet »Abkömmling«? Ist das irgendein Scheißbibelzitat?
    »Er ist noch ganz durcheinander«, erwidert Mum, als müsste sie sich für mich entschuldigen. »Schließlich hat man ihn Knall auf Fall entlassen. Eigentlich ist er ein braver Junge.«
    Wieso entschuldigt sie sich für mich?
Er
ist derjenige, der die Leiche im Keller hat. Ich verputze die letzten Pommes, drehe das Fenster runter und schmeiße die Tüte raus. Dann rülpse ich.
    »Chas!«, schimpft Mum, aber man hört, dass sie sich das Lachen verbeißt. »Das macht man nicht.«
    »Schön ist es nicht«, sagt Lenny, »aber das Zeug ist biologisch abbaubar. Wie dein Sohn überhaupt.«
    Soll das eine versteckte Warnung sein? Will er mich aus dem Fenster werfen und am Straßenrand vermodern lassen?
    »Aber seine Turnschuhe nicht«, entgegnet Mum nachdenklich. »Da ist zu viel Plastik dran   …«
    »Bitte, Mum, können wir das Thema wechseln?«
    »Und das Haargel würde auch die Haare konservieren«, fährt sie fort und schielt zu Lenny rüber, um sich zu vergewissern, dass er auch zuhört.
    »Klappe, Mum«, sage ich und die beiden kichern, als hätten sie sich noch nie so gut amüsiert.
    Bis wir zu Hause sind, mache ich den Mund nicht mehr |163| auf. Aber das merkt Mum gar nicht. Sie ist vollauf damit beschäftigt, Lenny von irgendeiner Party in ihrer Oberschulzeit zu erzählen. Ihre Stimme ist höher und piepsiger als sonst und

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